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»Dienst am Wort«
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Leseprobe 3
Gründonnerstag
Brot brechen und Füße waschen
Lesejahr A – B – C
Beitrag zum Evangelium

Einführung

Seit der Nacht, in der Jesus ausgeliefert wurde, feiern die Christen über alle Spaltungen hinweg sein Gedächtnismahl, wie er es aufgetragen hat: Danksagung und Stärkung zugleich.

Jesus gibt sich selbst, gibt sich selbst in unsere Hände, dient uns mit allem, was er hat und ist, kommt uns mit seiner ganzen Gottheit zu Hilfe, ganz Mensch für uns. Das erinnern wir danksagend heute: Gründonnerstag.

Kyrie-Ruf

Ich muss dich nicht erjagen,
du gibst dich ungeschützt
dem Hunger meines Lebens,
österliches Brot:
Herr, erbarme dich.

Ich muss dich nicht verdienen,
du legst dich unverdient
ins Bitten meiner Hände,
österliches Brot:
Christus, erbarme dich.

Ich muss dich nicht erlieben,
du reichst dich liebevoll
der Armut meines Herzens,
österliches Brot:
Herr, erbarme dich1.

oder:
GL 161 »Du rufst uns, Herr, trotz unsrer Schuld«

Tagesgebet

In dieser Nacht,
Gott,
in der dein Sohn auf den Tod zuging,
Judas ihn verriet,
die Apostel um den Primat stritten,
einschliefen, als er alles durchkämpfte, flohen,
leugneten, ihn zu kennen -
in dieser Nacht hat er ein Mahl
der Liebe und der Hingabe mit ihnen gefeiert
und gesagt,
das sollten sie auch in Zukunft tun.
Gott, behüte deine Kirche2.
Darum bitten wir durch ihn,
Christus, unseren Herrn.

Liedvorschläge

Gesang zur Eröffnung
GL 282 »Beim letzten Abendmahle«

Antwortgesang mit Ruf vor dem Evangelium

GL 629/5 »Christus Sieger, Christus König« mit 629/6 »Christus Jesus war Gott gleich« und GL 176/ »Lob dir Christus«

Gesang zur Fußwaschung
GL 305/4 »Dies ist mein Gebot« mit Versen*

Gesang zur Gabenbereitung
GL 442 »Wo die Güte und die Liebe wohnt«

Gesang zur Danksagung
GL 495 »Sakrament der Liebe Gottes«

*Dies ist mein Gebot …

»Wenn wir hungrig und bedürftig sind
nach Leben und Liebe:
Gesegnet sollen wir sein.«

Dies ist …

»Wenn wir ratlos und trostlos
nach einem Zeichen der Hoffnung suchen:
Gesegnet sollen wir sein.«

Dies ist …

»Wenn wir uns von der Not anrühren lassen
und unsere Hilfe anbieten:
Gesegnet sollen wir sein.«

Dies ist …

»Wenn wir das Brot teilen,
einen Schluck Wasser, ein Glas Wein dazu:
Gesegnet sollen wir sein.«3

Dies ist …

Vorüberlegungen

Zum Text: Joh 13,1–15 (Evangelium)
Das heutige Evangelium wurde vom vierten Evangelisten komponiert als »Portal zur Leidensgeschichte«4. Im Mittelpunkt steht die Zeichenhandlung der Fußwaschung. Mit ihr setzt Jesus ein Zeichen höchster Freiheit gegen alle gängigen Macht-, Erniedrigungs- und Demütigungshandlungen, gegen alle Überhöhungs-, Selbstherrlichkeits- und Triumphvorstellungen und -gesten und er deutet gerade mit seinem Sich-ganz-Hinunterbücken zum Waschen der Füße, in seiner Selbsterniedrigung und Selbstbeschränkung den Sinn seines Todes und den Inhalt der Nachfolge, der Gemeinschaft mit ihm: »Wenn man an ihm Anteil haben, wenn man mit ihm Gemeinschaft haben will und zu ihm gehören will, dann geht das nur unter der Bedingung, daß man sich den Sklavendienst Jesu gefallen läßt, ohne Bild gesprochen: daß man den Tod Jesu als Heilstod für sich selbst annimmt«5, sich von ihm helfen, retten lässt.

Jesus selbst, so will Johannes vermitteln, verstand sein Leben, vor allem seinen Tod, als Dienst der Liebe an den Menschen. In der Fußwaschung, dem Zeichen des dienenden Daseins für die anderen, fokussiert er sein ganzes Leben und Sterben: Unten bei den Füßen zeigt sich die vollendete Liebe, mit der Jesus sich selbst zum Diener für alle macht, ganz da für alle. »In seiner ganzen Existenz hat Jesus Gott als die den Menschen befreiende und rettende Liebe ausgelegt«6: So ist Gott in Wahrheit!

Predigt

Finden wir noch Halt?

Seit über zwei Jahren führt uns ein kleines Virus an unsere Grenzen, bringt in immer neuen Infektionswellen alles durcheinander: Unser Leben ist in vorsichtige, auch vereinsamende Distanzen gezwungen. Viele von uns wissen gar nicht mehr, wie sich ungezwungene Zusammenkünfte und Feste anfühlen, zögern, ängstigen sich vor dem Weg zurück in infektionsschutzlose Nähe.

Arbeiten musste vielfach ins Homeoffice verlagert werden. Besprechungen, Sitzungen, Konferenzen finden weitestgehend digital statt. Gut auch für Menschen, die Familie und Beruf unter einen Hut bringen müssen oder den Zeitaufwand zum Arbeitsplatz sparen können, durchaus umweltschonend. Für immer mehr Menschen aber auch Belastung und Verlust unmittelbarer Kommunikation und nicht selten anstrengendes Verwischen von Arbeit und Familie und Freizeit. Ein aufreibendes Dilemma: Der Abstand, der hier das Leben schützt, hat woanders gravierende Auswirkungen auf unser Leben.

Empathie zu zeigen wurde schwieriger. Kann sie verlernt werden? Freundschaften pflegen auch? Gehen sie verloren? Die Pandemie nervt, scheint älter zu machen, vereinsamt, hat Langzeitwirkungen, auch körperlich und seelisch, bringt Menschen um ihr Leben, 170.000 einzelne Menschen.

Und seit dem 24. Februar 2022 ist furchtbarer Krieg in Europa


Unvorstellbar: Heimatstädte werden dem Erdboden gleichgemacht. Wehrlose Menschen, alte Menschen, Frauen, Kinder, Schwangere und Neugeborene, werden ohne Rücksicht getötet, unmenschliche Gräueltaten verübt in der Absicht, ein überfallenes Volk zu demoralisieren und zu unterjochen, nur, weil es Freiheit atmen will.

Und jetzt durch hemmungslose Gewalt in die Flucht getrieben ist: Frauen, Jugendliche und Kinder, auch kranke und hilfebedürftige, und unbegleitete Minderjährige. Unvorstellbare Zerstörung, unvorstellbares Blutvergießen, unvorstellbares Leid, unvorstellbare Traumata.

Nicht nur noch mehr Lieferketten reißen, nicht nur Gas- und Öllieferungen sind gefährdet, nicht nur unser Wohlstand. Ganze Regionen, die von der Getreideernte in der Ukraine leben, treiben in eine furchtbare Hungerkatastrophe. Dagegen erscheint die steigende Inflation bei uns erträglich und doch führt auch sie Menschen ohne finanzielle Reserven schnell in Notlagen und die Tafelläden an ihre Grenzen. Die Belastungen der Unterbringung von Menschen auf der Flucht scheinen bewältigbar zu sein. Und doch beginnen auch hier Verteilungskämpfe.

Und für uns hier belastend …


… ist wohl auch die anhaltende Krise unserer Kirche: das Taumeln der Gemeinschaft des ermutigenden Glaubens, der tragenden Hoffnung und geschenkten Liebe, die den Horizont öffnete mit der Frohbotschaft des Evangeliums. Das nicht mehr Trittfassen unserer Kirche in ihrer Verantwortung und Schuld für Missbrauch und Missachtung, der tiefe Vertrauensverlust. Sie hatte uns mit ihrer Verkündigung, ihrer Liturgie, ihrem tätigen Dienst Halt und Glaubenshoffnung gegeben. Das nun sichtbar Gewordene und manche Reaktion darauf erschüttern, machen zornig, enttäuschen, beschämen, schmerzen und bewegen viele – auch aus der Mitte unserer Gemeinden – zum Austritt.

Finden wir noch Halt? Und Hoffnung Grund?

In ungeheurer Geschwindigkeit werden bisher überzeugende Grundsätze fragwürdig und Selbstverständlichkeiten auf den Kopf gestellt. Wir stolpern von Krise zu Krise ohne erkennbar zeitnahe, einfache Lösungen: Krise als Dauerzustand? Was trägt noch? Was lässt uns hoffen? Was ermutigt uns für heute und morgen? Was hilft uns leben in dieser Welt fundamentaler Erschütterungen? Was öffnet Zukunft, wenn uns in der Klimakrise immer schneller die Zeit davonläuft?

In 78 Jahren, für vier Generationen, sind Friede und Sicherheit und wachsender Wohlstand vielfach selbstverständlich geworden: Freiheit, relative Sorglosigkeit und Leichtigkeit. Alles wirklich Schlimme über die persönlichen Sorgen hinaus schien weit weg. Jetzt erschüttern uns die Bilder und Nachrichten Tag für Tag, besorgen uns, ängstigen uns, wecken alte Traumata bei der Kriegsgeneration, verstören die Kinder mit Fragen, die zu beantworten uns schwerfällt.

Heute werden uns zwei einfache Antworten vor Augen gestellt, um Halt zu finden und Grund zu hoffen: Brot brechen und Füße waschen.

»Jesus […] nahm in der Nacht, in der er ausgeliefert wurde, …

… Brot, sprach das Dankgebet, brach das Brot und sagte: Das ist mein Leib für euch. Tut dies zu meinem Gedächtnis!« (1 Kor 11,24).

Und seither tun Christen es zu seinem Gedächtnis, nehmen das Brot, sprechen das Dankgebet, brechen das Brot und teilen es: Jesu Leib für uns. Jesu Menschenfreundlichkeit für uns. Jesu Gottesgemeinschaft für uns. Jesu Tod und Auferstehung für uns. Gottes ungeschuldete Zuwendung, Gottes rückhaltlose Nähe, Gottes treue Gegenwart, Gottes Rettung für uns.

»Ebenso nahm er nach dem Mahl den Kelch und sagte: Dieser Kelch ist der Neue Bund in meinem Blut. Tut dies, so oft ihr daraus trinkt, zu meinem Gedächtnis!« (1 Kor 11,25).

Und seither tun Christen auch dies zu seinem Gedächtnis. Tun es mit ihm verbunden und seinem Blut, das er für uns und alle vergossen hat, unschuldig ans Kreuz geschlagen. Und das er uns in seinem Abschiedsmahl und in jeder Feier der Eucharistie zu seinem Gedächtnis schenkt zur Gemeinschaft mit ihm, der gerettet wird aus der abgründigen Finsternis und furchtbaren Einsamkeit des Todes. Christen tun es seit dem letzten Abendmahl Jesu in Erinnerung auch an die Erzählung der jüdischen Pessah-Feier, die Jesus sein Leben lang mitgefeiert hat: »Wenn ich das Blut sehe, werde ich an euch vorübergehen und das vernichtende Unheil wird euch nicht treffen« (Ex 12,13).

Die geteilten Gaben der Eucharistie, des Leibes und Blutes Christi, trugen die Christen in den Erschütterungen ihrer Welten und Zeiten und tragen auch heute. Ließen sie hoffen in ihren Hoffnungslosigkeiten und begründen, stärken auch heute unsere Hoffnung. Ermutigten Christen aller Zeiten zu leben mitten in der Welt immer auch des unendlichen Hungers nach dem täglichen Brot und dem Brot des Lebens, der Welt des täglichen Leidens und unschuldigen Blutvergießens. Und helfen auch heute uns, zu leben in unserer Welt.

Die zweite einfache Antwort …

… auf die Situation unserer erschütternd erschütterten Welt ist das Füßewaschen: »Begreift ihr, was ich an euch getan habe?«, sagt Jesus vor dem Abschiedsmahl des Brotbrechens. »Wenn nun ich, der Herr und Meister, euch die Füße gewaschen habe, dann müsst auch ihr einander die Füße waschen« (Joh 13,14).

Mit seinem Jesus bückt sich Gott selbst hinunter auf den Boden der Tatsachen unserer Welt und unserer unsicheren Lebenswege. Gott behandelt uns Menschen nicht von oben herab: Gott kniet nieder. Wäscht die Füße nackter menschlicher Verletzlichkeit und Bedürftigkeit. Stellt auf die Füße, würdigt zum aufrechten Gang, für den Weg zu den Menschen: »Ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit auch ihr so handelt, wie ich an euch gehandelt habe« (Joh 13,15).

Solche Zuwendung, solche unbedingte Solidarität ist das Gegengewicht gegen Angst und Trauer, die sich wie ein großes Netz über unser Leben gelegt haben: Erschrecken und Unsicherheit, Not und Tod der Pandemie und auch des Krieges.

Wenn ich, dann auch ihr!

Brot brechen und Füße waschen: Gottes Dienst, die Feier der Eucharistie, und der Dienst für die Menschen, ihm nach zu seinem Gedächtnis, tragen, stiften Hoffnung, lassen zuversichtlich leben: Das ist das Geheimnis unseres Glaubens, der Grund unserer Hoffnung auch mitten in dieser Zeit, das Geschenk der Liebe, die uns nicht verloren gehen darf, damit wir leben können, miteinander und füreinander in dieser Welt des furchtbar gewalttätigen Gegeneinander und Auseinander bis in unsere Christenfamilie hinein.

Vergessen wir nicht, …

… das Brot zu nehmen und zu danken, zu brechen und zu teilen, das Brot des Lebens: »Tut dies zu meinem Gedächtnis!«

Und vergessen wir nicht zu dienen, »damit auch ihr so handelt, wie ich [Jesus] an euch getan habe« (Joh 13,15). »Tut dies zu meinem Gedächtnis!«, um leben zu können in der Gegenwart des Herrn, nicht allein, nicht gottverlassen, nicht hoffnungslos, nicht ohne die lebensnotwendige heilsame Liebe: leben miteinander und füreinander, leben – das ist die bittere Erfahrung der Corona-Pandemie und des Krieges in der Ukraine – angesichts des Todes und tiefgreifender Verunsicherungen und immer noch im Angesicht Gottes: Wenn Gott sich so zu den Menschen bückt und die Füße wäscht, Gott, der unser ganzes Leben teilt, auch unser unerklärbares Leid und unseren Tod, dann haben wir Zukunft. Dann können wir vielleicht doch dem Zynismus standhalten und der Verzweiflung entgehen. Dann können wir uns vielleicht doch an Gottes Solidarität festhalten: Gegen das Unheil und die Bosheit in dieser Welt kann es mit den Menschen gut werden. Weit über das Gute hinaus, das uns zur kleinen Münze wurde.

Vergessen wir nicht, das Brot zu brechen und Füße zu waschen, damit wir Gott nicht vergessen: Wir leben doch immer noch mit dem Gott Jesu Christi. Unentwegt ist ihm an uns gelegen. Aber er hat nur das Brot des Lebens, uns zu halten, und seine wehrlose Liebe.

Fürbitten

Gott zeigt uns mit seinem Sohn: Er ist an unserer Seite. Er ist für uns. Zu ihm kommen wir und bitten:

- Wir beten für alle Christen, die wie wir das Brot des Lebens teilen. Für alle, die von dieser Tischgemeinschaft getrennt sind oder sich entfernt haben.
(Christus, höre uns. – Christus, erhöre uns.)

- Wir beten für die unzähligen Menschen, die Tag für Tag und oft im Stillen Menschen dienen und für sie da sind. Und für uns alle um die Bereitschaft, lieber zu dienen als zu herrschen.

- Wir beten für die Menschen, die in Not und Unglück geraten sind. Für alle, die keinen Ausweg wissen oder am Abgrund der Verzweiflung stehen. Und für uns alle um Wege der Hilfe und des Beistands.

- Wir bitten für alle, die vom Unheil des Unfriedens, der Bürgerkriege und Kriege, des Terrors und der Vertreibungen in unserer Welt getroffen sind, und für alle Menschen um Frieden und Versöhnung.

- Wir beten für unsere Verstorbenen, für alle, die mit dem Tod ringen, und für uns alle, die wir um die Begrenztheit unseres Lebens wissen, um das Geschenk der Hoffnung deines Lebens.

Herr, unser Gott, dein Sohn hat uns ein Beispiel der Liebe, des Dienens und des Friedens gegeben. Hilf uns, ihm nachzufolgen und mit ihm das Leben zu finden in deiner Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

Anmerkungen:
1 Nach Christa Peikert-Flaspöhler, Österliches Brot. In: Dies., Du träumst in mir, mein Gott, Limburg 21990, 88.
2 Alex Stock, Orationen. Die Tagesgebete der Festzeiten neu übersetzt und erklärt, Regensburg 2014, 78.
3 Breitenbach, R., Phillips, St., Gesegnet. In: Benediktinerabtei Maria Laach u. a. (Hrsg.), Laacher Messbuch 2015. Lesejahr B. Maria Laach 2014, 321.
4 Josef Blank, Das Evangelium nach Johannes. 2. Teil (= Geistliche Schriftlesung 4/2), Düsseldorf 1977, 36.
5 Ebd., 38.
6 Ebd., 39.

Clemens Stroppel

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