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Die Inhalte
der Zeitschrift
»Dienst am Wort«
Herausgeber
Leseprobe 2
Vierter Fastensonntag
Mensch, wach auf!!!
Lesejahr A
Beitrag zur Lesung

Einführung

Haben Sie diesen Satz schon einmal gehört? »Christen sind Realisten!« Manche wird das vielleicht wundern: Glauben Christen denn nicht an etwas Übernatürliches? Das widerspricht sich nicht. Christen sind Realisten, weil sie wache Menschen sind. Sie sehen die Welt so, wie sie ist. Warum? Weil unser christlicher Glaube das Leben wach und realistisch zeigt. Freude und Feier ebenso wie Not, Leid und Tod. Hier wird nichts verdrängt oder beschönigt. Und die Auferstehung, ist sie ebenso realistisch? Der wache Glauben sagt: Ja. Was meinen Sie?

Predigt

Zum Text: Eph 5,8–14 (2. Lesung)
Stellen Sie sich vor: Es ist frühmorgens. Der Wecker klingelt. Das heißt: »Aufwachen, der Tag ist hell!« Oder es will uns jemand wecken und ruft: »Aufstehen, die Sonne scheint!« Mehr oder weniger begeistert reagieren wir auf diesen Weckruf. Manchmal wird sogar der Wecker wieder ausgeschaltet oder »Lass mich noch schlafen« gebrummt. Manchmal wird auch gar nicht reagiert. Jemand schläft wie tot. Wecker und Weckruf haben keine Chance. Für diesen Fall gibt es eine ziemlich heftige und unangenehme Methode, jemanden doch noch aufzuwecken. Wie das geht? Einfach Wasser ins Gesicht schütten! Am besten kaltes Wasser! Heftig ist das auf jeden Fall. Man handelt sich auch großes Geschrei und ziemlichen Ärger ein. Doch es wirkt!

Die Taufe …

Diese heftige Art geweckt zu werden, haben wir alle erlebt. Sogar in der Kirche. Nur erinnern wir uns nicht mehr daran, denn die meisten von uns waren damals noch ziemlich klein. Sie erraten vermutlich schon, um was es geht. Ich meine die Taufe. Bei der Taufe bekommt ein kleines Kind, ohne dass es damit rechnet, Wasser über den Kopf geschüttet. Dreimal hintereinander sogar. Heute wird das Taufwasser meist leicht angewärmt, um das Kind nicht zu sehr zu erschrecken. Das Wasser wird auch nicht direkt ins Gesicht geschüttet, sondern über den Hinterkopf gegossen. Doch kleine Spritzer sollten es nicht sein. Kräftig Wasser darf ruhig genommen werden. Und tatsächlich gibt es dann manchmal großes Geschrei. Ganz besonders dann, wenn der Täufling bisher geschlafen hat. Dann macht die Taufe hellwach. Und genau das soll sie ja: aufwecken und wachmachen.

… ein Weckruf …

Das zeigt uns auch die heutige Lesung aus dem Epheserbrief. Sie endet mit einem kräftigen Weckruf: »Wach auf, du Schläfer, du Schläferin, und steh auf von den Toten und Christus wird dein Licht sein!« Dieser Weckruf stammt vermutlich aus einem frühen urchristlichen Taufritus. Er wurde bei der Taufe gesagt und richtete sich an die gerade getauften Erwachsenen. Damals war noch die Taufe von Erwachsenen üblich. In der Lesung hörten wir allerdings eine ziemlich zahme Übersetzung dieses Weckrufs aus dem Griechischen. Er kann auch etwas freier übersetzt werden. Dann heißt es: »Hoch mit dir, du Toter! Herauf mit dir, du Tote! Heraus mit euch aus dem Totenreich! Christus scheint dir heller als die Sonne!« Das ist eine klare Ansage zum Wachwerden und Aufstehen.

… für alle Getauften

Doch der Weckruf galt damals nicht nur den neugetauften Erwachsenen. Er galt allen, die bei der Taufe dabei waren; besonders den früher Getauften. Sie sollten sich an ihre eigene Taufe erinnern. Diese Aufforderung gilt deshalb auch uns. Wir sind gemeint. Wir sollen wach sein und wach bleiben. Dieser Weckruf ist dabei nicht belehrend, sondern belebend gemeint. Es geht nicht ums richtig Machen. Es geht ums richtig Leben. Sind wir also aufgeweckte Menschen oder gehören wir zu den Schläferinnen und Schläfern? Leben wir lebendig oder liegen wir bei den Toten?

Wach sein …

Die Aufforderung an uns, wach zu sein und wach zu bleiben, kommt in den Evangelien öfter vor. Wach zu sein, ist eine Grundeigenschaft des christlichen Lebens. Wach sein heißt: die Wirklichkeit, sich selbst, die Mitmenschen und unsere Welt aufmerksam und ungeschminkt wahrnehmen. Es ist ein Weckruf gegen Trägheit und Schönfärberei. Nicht wegschauen und schönreden, sondern mit allen Sinnen genau hinschauen und zuhören. Christen sind deshalb Realisten. Eine Besonderheit gibt es allerdings dabei: Christen sehen die Wirklichkeit im Scheinwerferlicht Christi. Der christliche Blick auf die Realität ist deshalb ermutigend und solidarisch, hoffnungsfroh und liebevoll. Er zieht nicht runter, sondern baut auf.

… und …

Konkret kann das bedeuten, dass ich wach in mein Leben schaue: Wo brauche ich, wo brauchen andere Versöhnung, Güte und Barmherzigkeit? Dass ich aufmerksam in die Welt schaue: Wo braucht es Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung. Dass ich mutig in unsere Kirche schaue: Wo braucht es Wahrheit, Offenheit und Geschwisterlichkeit? Und was kann ich, was können wir dazu tun?

… wach bleiben

»Wach auf, du Schläfer, du Schläferin, und steh auf von den Toten und Christus wird dein Licht sein!« Unsere Taufe ist und bleibt ein Weckruf zu einem aufgeweckten Leben im Licht Christi. Manchmal laufen wir Gefahr, das zu vergessen. Dann kann uns etwas kaltes Wasser im Gesicht daran erinnern und uns wachhalten. Nicht nur am Taufbecken, sondern auch jeden Morgen am Waschbecken. Oder verbunden mit einem Kreuzzeichen am Weihwasserbecken. Sagen wir es uns doch ab und zu gegenseitig: »Wach auf, du Schläfer, du Schläferin, und steh auf von den Toten und Christus wird dein Licht sein!«

Fürbitten

Guter Gott, durch die Taufe hast du uns aus dem Schlaf geweckt, damit wir die Wirklichkeit im Licht deines Sohnes erkennen. Als wache Menschen sehen wir, was alles in unserer Welt geschieht. Mit dem, was wir erleben und was uns beschäftigt, kommen wir zu dir und bitten dich:

- Für alle, die in Kriegen und Katastrophen leben: dass sie Frieden und Hilfe erfahren. (Wir bitten dich, erhöre uns.)

- Für alle, die von Einsamkeit, Krankheit und Verzweiflung betroffen sind: dass sie Gemeinschaft, Heilung und Stärkung erfahren.

- Für alle, die durch Kunst, Musik und Kultur die Welt bereichern und gestalten: dass sie geschätzt und unterstützt werden.

- Für alle Tiere und Pflanzen, die belebte und unbelebte Natur: dass sie als deine Schöpfung geachtet, gehütet und gepflegt werden.

- Für alle Sterbenden und alle Verstorbenen: dass sie in deinem Licht das neue Leben erfahren.

Guter Gott, auf deine Liebe vertrauen wir, auf deine Stärke hoffen wir mit Jesus Christus, deinem Sohn, der uns führt durch Zeit und Ewigkeit. Amen.

Michael Wollek

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