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»Dienst am Wort«
Herausgeber
Leseprobe 2
Vierter Sonntag der Osterzeit
Handelt als Freie
Lesejahr A

Beitrag zur Lesung

Einführung

Wer Angst hat, ist unterlegen. Wer Angst macht, fühlt sich stark. Wer Ängste schürt, führt etwas im Schilde. Wer Ängste ernst nimmt, macht einen Schritt ins österliche Leben. Die Botschaft von Ostern ist das Gegengewicht. Was uns ängstigt – Leiden, Gewalt, Tod – können wir nicht abschaffen. Aber wir haben dem etwas entgegenzusetzen: Das Leben ist stärker. Christus ist mit uns. Er hat Leiden und Tod überwunden. Wir wissen um das Leben, wir kämpfen manchmal um das Leben, aber vor allem: Wir glauben an das Leben. Christus, der Lebendige, sei mit euch!

Predigt

Zum Text: 1 Petr 2,20b–25 (2. Lesung)

Aufforderung zum Duckmäusertum


Nicht aufmucken! Sich unterordnen! Unrecht ertragen! Bereitwillig leiden! Wer von uns will sich solche Aufforderungen sagen lassen und sogar beherzigen? Was der unbekannte Schreiber unter dem Namen Petrus den Christen in den noch ganz jungen Gemeinden Kleinasiens schreibt, ist für uns unerträglich. Und nach der zweitausendjährigen Geschichte des Christentums wehren wir uns zu Recht gegen Durchhalteparolen, gegen die Idealisierung des Leidens und gegen das Vertrösten auf die kommende Herrlichkeit. Wir wollen uns die Aufforderung zum Duckmäusertum, christlich verbrämt und mit dem Versprechen künftiger Privilegien ausgestattet, nicht sagen lassen. Auch dann nicht, wenn sie in der Heiligen Schrift steht und uns im Gottesdienst vorgelesen wird! Können wir dem Wort der Lesung aus dem ersten Petrusbrief trotzdem eine Botschaft abgewinnen? Das Wort ist uns aufgegeben, wir können es nicht einfach hinter uns lassen, selbst wenn es uns sperrig und unmöglich erscheint.

Die Situation der Christen in Kleinasien am Ende des 1. Jahrhunderts

Der Schreiber mit dem Pseudonym Petrus verfasst eine theologische Abhandlung in Briefform und schickt sie an die bedrängten Gemeinden in Kleinasien. Die große Welle der Christenverfolgung kündigt sich an, aber es ist noch nicht zum Schlimmsten gekommen. Aber die Christen, die Jesusanhänger, sind gesellschaftlich geächtet und ausgegrenzt. Weil sie sich von staatlichen Ämtern und öffentlichen Belustigungen fernhalten, wird ihnen viel Böses unterstellt. Gehässigkeiten, Schikanen, Verleumdungen gehören zum Alltag. Das war die Situation, in der die Jesus-Anhänger zu tadellosem Verhalten und demütigem Erdulden aufgefordert wurden. Äußerlich betrachtet hat es ihnen nichts genützt, die Ausgrenzungen schlugen in Verfolgung um! Man darf, man muss sogar fragen, warum haben sich die Jesus-Jünger das angetan? Sie waren Menschen der zweiten oder dritten Generationen nach den Jerusalemer Ereignissen von Tod und Auferstehung Jesu. Sie ließen sich taufen, weil sie Zugang zum lebendigen und wahren Gott darin erfahren, weil sie sich erwählt fühlen und weil sie überzeugt sind, das bereitliegende Heil demnächst bei der Wiederkunft Christi zu erhalten. Ein großes Versprechen mit vielen Benachteiligungen!

Hirte und Hüter eurer Seelen


Im ganzen Brief kommt eine starke Christus-Verbundenheit und tiefe Christus-Liebe zum Ausdruck. Im heutigen Abschnitt wird diese Verbundenheit als eine Verbindung im Leiden ausgeführt. Ihr leidet mit Christus und habt Anteil an der Kraft seines Leidens. Christus wird mit dem schönen Wort Hirte und Hüter eurer Seelen bezeichnet. Trägt diese Verbindung mit dem leidenden Christus, wenn es einem selbst dreckig geht und wenn man sich ungerecht behandelt fühlt? Viele Menschen, die ein schweres Schicksal tragen müssen, hadern. Ist die Deutung des Leidens als Mitleiden mit Christus hilfreich, tragfähig in einem Christenleben? Ich bin Menschen begegnet, die ihr Leid – Krankheit, Verlust, Benachteiligung, Demütigung – mit dieser Deutung getragen haben. Aber ihnen diese Deutung vorzugeben, hielte ich für einen Skandal. Damals waren Briefschreiber und Briefempfänger unbefangen genug und mit Christus verbunden genug, um einander das sagen zu dürfen. Es liegt sicher an der Geschichte unserer Verkündigung, dass wir das einander nicht mehr zumuten. Vielleicht liegt es auch an unserer mangelnden Verbundenheit mit Christus, dass wir uns die Leidesthematik lieber vom Hals halten?

Die Menschlichkeit retten

Wie dem auch sei: Der Briefschreiber fordert seine Leser und Hörer in den kleinasiatischen Gemeinden dazu auf: Handelt als Freie! (1 Petr 2,16) Die Sklaven, die von ihren Herren Schläge erdulden, die Ehefrauen, die von ihren Männern rücksichtslos behandelt werden, die Mitbürger, die von anderen Böses erleiden – sie haben manchmal keinen anderen Ausweg, um ihre eigenen Würde zu bewahren, als hinzunehmen – in Freiheit hinzunehmen. Je freier sie es können, umso mehr beschämt sind die Peiniger und umso größer sind sie in ihrer persönlichen Kraft und Würde. In den Gewaltsystemen unserer Welt sind sie manchmal die Einzigen, von denen wir wissen, dass sie allein die Menschlichkeit retten.

Fürbitten


Wir beten zu Christus, denn wir sind Teilhaber an seinem Leben. Wir sind mutig und zuversichtlich durch den Glauben an ihn. Darum bitten wir:

– Für die meisten Menschen in der Ukraine und in Russland, die über den Krieg nicht entschieden haben, die ihn nicht wollen und dennoch Leidtragende und Opfer sind. (Christus, höre uns. – Christus, erhöre uns.)
– Für Menschen, die aufbegehren, weil sie an demütigenden Gesetzen und menschlicher Willkür leiden
– für benachteiligte Frauen und Mädchen; für kulturelle und religiöse Minderheiten; für Arme, deren Armut ökonomisch gemacht oder in Kauf genommen wird.
– Für politische Entscheidungsträger und gesellschaftliche Meinungsträger, denen die Aufgabe gegeben ist, die ökologische Zukunft unserer Welt und Lebensqualität für alle Menschen zu sichern.
– Für Menschen, die keine Kraft mehr haben, um ihre Lebenssituation zu ändern. Für Menschen, die Leid tragen, das niemand wahrnimmt. Für Menschen, die aus ihrem depressiven Loch nicht heraus können.
– Für Menschen, die professionell oder privat helfen. Für Beraterinnen und Berater, die Mut machen. Für Seelsorgerinnen und Seelsorger, die trösten. Für die Christen, denen die trotzige Botschaft des Lebens anvertraut ist.

Christus, du Hirt und Hüter unserer Seelen. Du führst aus Leiden und Tod heraus. Mach dein österliches Leben an allen wahr – jetzt und in Ewigkeit. Amen.

 


Anton Seeberger

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