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»Dienst am Wort«
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Leseprobe 3
Jahresschluss
Die Lehre des Krieges: Friedens-Täter sein
Thematischer Beitrag
Einführung

Krieg und Frieden – dieses Thema prägte das vergangene Jahr 2022 wie schon lang keines mehr zuvor. So soll auch in dieser Feier davon die Rede sein: vom Frieden, der so kostbar ist, so leicht zu zerstören, so schwer wieder zu gewinnen. Wenn wir dieses Jahr heute zurücklegen in Gottes Hände, dann dürfen wir uns gewiss sein: Gott weist uns Wege des Friedens, Gott segnet die Friedensstifter.

Vertrauen wir diese vergangene Zeit unserem Herrn Jesus Christus an, der nach seiner Auferstehung den Jüngern als erstes den Frieden zugesprochen hat.

Kyrie-Ruf

GL 437,1–4 »Meine engen Grenzen«

Oder:

Herr Jesus Christus, in deine Hand geben wir das vergangene Jahr. Alles Gelungene, alles Heilsame, alles Schöne vertrauen wir dir an, denn bei dir ist Wachstum und Segen.
Herr, erbarme dich.

Alles Gescheiterte, allen Schmerz, alle Wunden vertrauen wir dir an, denn bei dir ist Heilung.
Christus, erbarme dich.

Alle Schuld, alle gegenseitigen Verletzungen, Unfrieden, den Krieg und das damit verbundene Leid vertrauen wir dir an, denn bei dir ist Versöhnung.
Herr, erbarme dich.

Tagesgebet

Großer Gott,
du bist in Zeit und Ewigkeit, unser Leben steht in deinen Händen. Aus Liebe hast du die Welt erschaffen, aus Liebe hast du uns das Leben geschenkt und hältst uns im Dasein Tag für Tag. Dankbar dafür bringen wir dir das vergangene Jahr. Schönes und Schweres vertrauen wir dir an. Das Schöne wissen wir bei dir gut aufgehoben. Und wir vertrauen darauf, dass du auch das Schwere zum Segen wenden kannst.
Wir bitten dich: Stärke unseren Glauben, damit wir auch im neuen Jahr unseren Weg gehen mit dem Mut und der Hoffnung derer, die sich von Jesus Christus, dem guten Hirten, geführt wissen in hellen und in dunklen Stunden.
Darum bitten wir durch ihn, Jesus Christus, deinen Sohn, der uns zum Bruder geworden ist, und in der Kraft des Heiligen Geistes, die unter uns wirkt, gestern, heute, morgen und in Ewigkeit.

Vorüberlegungen

Für diesen Gottesdienst wurde das für viele wohl bedrängendste Ereignis des vergangenen Jahres aufgegriffen: Der Krieg in der Ukraine mit all seinen Folgen. Wie konnte das geschehen? Und mehr noch: Wie kann wieder Friede werden? Diese Fragen haben nicht nur Christinnen und Christen intensiv beschäftigt. Sie bleiben aktuell auch für die kommende Zeit. Die beiden Schrifttexte wurden passend zu diesem Thema ausgewählt: Psalm 34 mit dem Wort »Suche den Frieden und jage ihm nach« und die Worte Jesu von der Feindesliebe in der Feldrede, Lukas 6.

Aus dem vergangenen Jahr wird in der Predigt die Lehre gezogen, dass Friede Aktivität braucht und dass dies eine Aufgabe für alle in Politik und Alltag, aber auch in der Kirche ist. Dass Christinnen und Christen noch mehr als andere »Friedens-Täter« sein sollen, da dies eines der wichtigsten Gebote Jesu ist. Dass sie dann aber auch auf Jesu Beistand vertrauen dürfen, den österlichen Frieden Gottes, der auch den Jüngerinnen und Jüngern heute zugesprochen ist.

Predigt

Die bittere Lehre 2022: Friede ist nicht selbstverständlich Ein Datum erscheint in diesem Jahr in jedem Jahresrückblick: der 24. Februar, der Tag, an dem mit dem russischen Überfall auf die Ukraine der Krieg in Osteuropa begann. Der Tag, mit dem etwas geschah, was viele Menschen in unserem Land für unmöglich gehalten hatten: dass nach den schrecklichen Kriegen des 20. Jahrhunderts in Europa wieder ein Krieg möglich wäre. Seit dem 24. Februar wissen wir: Nein, es ist nicht unmöglich, dass in Europa Krieg geführt wird. Der Friede ist nicht unumkehrbar. Seit diesem Tag gibt es wieder militärische und zivile Opfer, grausame Kriegsverbrechen, sinnlose Zerstörung, Ströme von Geflüchteten – auch in Europa. Und schlimme Folgen, die die ganze Welt, auch unser Land und unsere Gesellschaft deutlich zu spüren bekamen. Ja, eine bittere Lehre dieses Jahres 2022 heißt: Der Friede ist niemals selbstverständlich.

Suche den Frieden und jage ihm nach

Eine neue Erkenntnis ist das eigentlich nicht: Die Psalmworte, die wir heute gehört haben, sind um die 2500 Jahre alt. Und wenn der Psalmbeter über den Frieden spricht, dann verbindet er dieses Thema mit Worten, die Dringlichkeit und höchste Aktivität ausdrücken: Suche den Frieden und jage ihm nach!
Mit anderen Worten: Der Friede ist etwas Seltenes, Kostbares und Flüchtiges. Er ist nicht einfach da, er will gesucht werden. Und er ist nicht einfach zu finden und zu halten: Es gilt ihm »nachzujagen«, das klingt nach Tempo, Anstrengung, Achtsamkeit und Entschlossenheit. Anscheinend haben die Menschen schon damals wahrgenommen, dass der Friede kein Selbstläufer ist. Dass er vor allem nicht durch Passivität entsteht, durch Abwarten, vorsichtiges Zurückhalten, Niemandem-Weh-Tun-Wollen. Friede wird nicht allein dadurch, dass Menschen keinen Krieg wollen. Der Friede braucht Aktion. Der Friede braucht Friedens-Stifter, Friedens-Täter.

Friede ohne Täter ist kein Friede


Ein Friede ohne Täter ist ein trügerischer Friede. Da entsteht etwa vermeintlicher Friede durch Abstand und Vereinzelung. So war es beim Lockdown während der Pandemie: So friedlich waren die Straßen und Plätze, einfach, weil alle zuhause bleiben mussten. Oder es gibt den Wohlstandsfrieden, der dadurch entsteht, dass jeder Mensch sein eigenes Haus und Grundstück hat, genügend hohe Mauern und klare Gesetze, um es zu schützen, genügend Geld und volle Supermarktregale, um zu leben. Keiner kommt dem Anderen nahe, keiner tut dem Anderen weh – weil keiner den Anderen braucht.
Friede ist das nur vordergründig: Beim Lockdown sind die Konflikte und Nöte hinter den Fenstern und Türen der Wohnungen weggeschlossen, aber dort oft umso bedrängender für die Familien und die Einzelnen. Beim Wohlstandsfrieden werden die Menschen, die sich diesen Frieden nicht leisten können oder ihn gar mit ihrer Armut mitfinanzieren, so auf Abstand gehalten, dass man sie nicht hört und sieht. Aber sie sind da.
Echter Friede braucht mehr. Echter Friede braucht Täterinnen und Täter mit Jagdinstinkt. Er braucht Menschen, die sich auf die Mitmenschen einlassen, die Beziehungen und Kommunikation mitgestalten, dass sie sich friedlich entwickeln. Sie ruhen nicht, bis echter Friede unter den Menschen in ihrem Umfeld herrscht. Diese Friedenstäterinnen und -täter setzen sich aus, riskieren ihre Sicherheit, müssen manches einstecken.

Feindesliebe: Gebot für Friedenstäter


Davon ist beim zweiten Bibeltext die Rede, den wir an diesem Jahresabschluss gehört haben: Jesu Gebot der Feindesliebe. Viel wurde in diesem Jahr darüber diskutiert, was dieses Gebot Aggressoren wie Vladimir Putin gegenüber zu bedeuten habe, ob Pazifismus wohl doch eher eine Schönwettererscheinung sei und Waffenlieferungen der einzig mögliche und richtige Weg. Doch Jesu Gebot der Feindesliebe beantwortet nicht die Frage, ob es in dieser Welt Waffen braucht oder nicht. Jesus legt seinen Jüngerinnen und Jüngern Grundhaltungen ans Herz, die ihr Handeln prägen sollen: Die Feinde lieben, keine Rache üben, nicht mit gleicher Münze zurückzahlen – was heißt das anderes als: Täterin, Täter des Friedens zu sein. Die Haltung einzunehmen, die der Psalmbeter in so plastische Worte gefasst hat: Suche den Frieden und jage ihm nach.

Friedenstäter konkret

Ja, es mag sein, dass es Waffen braucht, um dem grausamen Morden und der sinnlosen Zerstörung erst einmal Einhalt zu gebieten. Aber für Menschen, die Jesu Gebot hören, darf es nicht dabei bleiben. Sie müssen darüber hinaus Täterinnen, Täter des Friedens sein.
Wo Friedenstäterinnen politisch Verantwortung tragen, werden sie neben der Entscheidung über Waffenlieferungen immer auch auf Gespräche dringen, Verhandlungen suchen, immer noch einmal die Hand ausstrecken, im Zweifelsfall dafür auch einen Gesichtsverlust riskieren.
Wo Friedenstäter in unserer täglichen Umgebung leben und arbeiten, werden sie den Hassparolen wehren, dem Egoismus und der Abwertung der Fremden und Minderheiten widersprechen, auch wenn sie etliche Rückschläge oder gar wirkliche Schläge dafür einstecken müssen.
Wo sie in Familie und Nachbarschaft handeln, werden sie immer bereit sein, einmal mehr als die anderen die Hand auszustrecken, die Tür offenzuhalten, Versöhnung anzubieten, ohne deshalb Unrecht gutzuheißen oder schönzureden.
Den Feind lieben, das heißt: niemals vergessen, dass auch er Mensch ist, wie du und ich, und dass Friede nur werden kann, wenn es gelingt, diese gemeinsame Ebene wieder in den Vordergrund zu stellen. Auch wenn uns unterschiedliche Meinungen oder Interessen trennen. Das ist ein hohes Ziel, im zwischenmenschlichen Bereich wie in der großen Politik. Das geht nur mit echten Friedenstätern!

Friedenstäter dürfen mit Gott rechnen

Und solche sollen wir Christinnen und Christen also sein, wenn wir Jesu Wort ernst nehmen. Wer, wenn nicht wir? Dürfen wir doch darauf vertrauen, dass wir es nicht allein schaffen müssen. Friede sei mit euch! Das
war das erste Wort des Auferstandenen an seine Jünger, es ist auch uns in die Ohren und Herzen gesprochen. Wo Menschen bereit sind, den Frieden zu tun, dürfen sie mit dem Beistand des göttlichen Geistes rechnen. Und mutiger dem Frieden nachjagen als andere, die nicht glauben können, dass Gott die Friedensstifter segnet.

Friedenstäter für die Kirche und für die Gesellschaft

Friedenstäterin sein – das könnte dann auch eine Aufgabe sein, mit der unsere Kirche der Gesellschaft wirklich wieder dient. Ja, leider waren wir in den letzten Monaten ganz stark mit uns selbst beschäftigt. Und ja: Die
Friedenstäterinnen und -täter brauchen wir noch mehr als bisher in unseren eigenen Reihen, dass gemachte Fehler und Missbräuche endlich entschlossen anerkannt und durch neues Handeln überwunden werden können. Dass die Meinungsunterschiede über den rechten Weg der Kir che in die Zukunft uns wieder anspornen – und nicht zerreißen. Und doch dürfen Christinnen und Christen nie bei sich selbst stehenbleiben. Sie sind gesandt zu den Mitmenschen, in die Welt, in die Gesellschaft. Das vergangene Jahr hat uns gelehrt, wie kostbar der Friede ist und wie leicht er zerstört werden kann. Vielleicht kann es uns auch lehren, im kommenden Jahr noch mehr Täterinnen und Täter des Friedens zu sein. Damit durch uns unsere Kirche, so unvollkommen sie ist, wieder dienende Kirche ist, in der Menschen verkünden in Wort und Tat: Friede geschieht nicht von selbst. Er braucht Menschen, die ihn suchen, ihm nachjagen und sich einsetzen. Dann aber ist echter Friede möglich.

Liedvorschläge

Gesang zur Eröffnung
GL 258,1–3 »Lobpreiset all zu dieser Zeit«

Gloria
GL 250,1.3 »Engel auf den Feldern singen«

Antwortgesang mit Ruf vor dem Evangelium
GL 445 »Ubi caritas et amor« und GL 174/8 »Halleluja«

Gesang zur Gabenbereitung
GL 256,1–4 »Ich steh an deiner Krippe hier«

Gesang zur Kommunion
GL 257,1–3 »Der du die Zeit in Händen hast«

Dankhymnus
GL 430,1–4 »Von guten Mächten wunderbar geborgen«

Schlusslied
GL 380,1.9–10 »Großer Gott, wir loben dich«

Fürbitten

Herr Jesus Christus, als Mensch unter Menschen bist du geboren, du kennst Freude und Leid der Menschen. Du gibst unserem Leben durch dein Wort die Richtung, du stärkst alle, die sich entschlossen und liebevoll einsetzen für Frieden und Gerechtigkeit. Darauf vertrauen wir auch im neuen Jahr 2023.

- So beten wir für alle, die in unserer Welt Verantwortung tragen für Krieg und Frieden, für Gerechtigkeit und die Achtung der Menschenwürde. Um den Frieden, den du schon deinen Jüngern zugesprochen hast.
(GL 154 »Kyrie, kyrie eleison«)
- Wir beten für die vielen Mitmenschen, denen in diesem Jahr Leid widerfahren ist, für die Opfer von Krieg, Terror und Vertreibung, für alle, die unter Armut leiden, für jene, die häusliche Gewalt oder Missbrauch erlitten haben. Um Mut und Hoffnung und um Mitmenschen, die die rechten Worte und Taten finden.
- Wir beten für alle, die in Partnerschaft oder Familie, in der Nachbarschaft oder am Arbeitsplatz Streit haben. Für alle, die vor den Scherben zerbrochener Beziehungen stehen. Um den Mut zu einem Neuanfang, um Versöhnung und Frieden.
- Wir beten für uns Christinnen und Christen und für alle, die in unserer Kirche Verantwortung tragen, die auch im neuen Jahr vor der Aufgabe stehen, dein Evangelium in einer veränderten Welt, Gesellschaft und Kirche zu verkünden und zu leben. Um deinen guten Geist.
- Wir halten eine Zeit der Stille. Darin ist Platz für unseren persönlichenDank und unsere Bitte – im Blick auf das vergangene Jahr, im Ausblick aufs Kommende.
(Eine längere Zeit Stille halten, etwa 2–3 Minuten. Die Stille abschließen mit den Worten:)

Du, Herr, weißt um unsere Gedanken. So rufen wir voll Vertrauen:
(GL 154 »Kyrie, kyrie eleison«)
Herr Jesus Christus, gestern, heute und morgen bist du an unserer Seite. Du stärkst die Täterinnen und Täter des Friedens. Deshalb gehen wir mit Hoffnung ins neue Jahr. Dir sei Lobpreis und Ehre in Ewigkeit. Amen.

Stefan Möhler

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