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»Dienst am Wort«
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Leseprobe 3
Erntedank
Lobt und segnet meinen Herrn
Thematischer Beitrag
Einführung

Heute ist Erntedanksonntag. Nach alter Tradition sind Früchte und Erträge aus Gärten, Feldern, Weinbergen und menschlicher Mühe und Arbeit vor dem Altar eindrucksvoll aufgebaut. Sie stehen stellvertretend für alles, wofür wir gerade in unseren bedrängten Tagen und Wochen dankbar sein dürfen, was uns geschenkt und anvertraut ist. Sie erinnern uns auch an all das, was nicht selbstverständlich ist, was wir nicht selber verdient haben. Sie mahnen uns, die nicht zu vergessen, die Mangel und Not leiden, die Hunger an Leib und Seele haben, die von Katastrophen und schweren Schicksalsschlägen heimgesucht wurden, in Krankheit leben müssen oder ums Leben gebracht wurden. Erntedank ist Lebens-Dank und er kann in dieser Stunde einmünden in das Lob dessen, den wir als den Schöpfer des Himmels und der Erde bekennen. Franz von Assisi und sein Sonnengesang begleiten uns durch diese Feier. Mit ihm stimmen wir ein:
Lobt und segnet meinen Herrn. Dankt und dient ihm in großer Demut.

Kyrie-Ruf


Herr und Bruder Jesus Christus, du bist Licht und Leben.
Herr, erbarme dich.

Herr und Bruder Jesus Christus, du schenkst Hoffnung und Zuversicht.
Christus, erbarme dich.

Herr und Bruder Jesus Christus, du bist Friede und Versöhnung.
Herr, erbarme dich.

Tagesgebet/Gebet für unsere Erde

Allmächtiger Gott, der du in der Weite des Alls gegenwärtig bist und im kleinsten deiner Geschöpfe, der du alles, was existiert, mit deiner Zärtlichkeit umschließt,
gieße uns die Kraft deiner Liebe ein, damit wir das Leben und die Schönheit hüten.
Überflute uns mit Frieden, damit wir als Brüder und Schwestern leben und niemandem schaden.
Gott der Armen, hilf uns, die Verlassenen und Vergessenen dieser Erde, die so wertvoll sind in deinen Augen, zu retten.
Heile unser Leben, damit wir Beschützer der Welt sind und nicht Räuber, damit wir Schönheit säen und nicht Verseuchung und Zerstörung.
Rühre die Herzen derer an, die nur Gewinn suchen auf Kosten der Armen und der Erde.
Lehre uns, den Wert von allen Dingen zu entdecken und voll Bewunderung zu betrachten;
zu erkennen, dass wir zutiefst verbunden sind mit allen Geschöpfen auf unserem Weg zu deinem unendlichen Licht.
Danke, dass du alle Tage bei uns bist.
Ermutige uns in unserem Kampf für Gerechtigkeit, Liebe und Frieden.

(Papst Franziskus – am Ende der Enzyklika LAUDATO SI‘)

Liedvorschläge


Gesang zur Eröffnung
GL 382 »Ein Danklied sei dem Herrn«

Antwortgesang mit Ruf vor dem Evangelium
GL 402 »Danket Gott, denn er ist gut« und GL 175/1 »Halleluja« mit GL 558/1 »Danket dem Herrn«

Gesang zur Gabenbereitung
GL 385 »Nun saget Dank und lobt den Herren«

Gesang zur Kommunion
GL 19/2

Sonnengesang mit Ruf
GL 559 »Gelobt seist du, mein Herr«

Dankhymnus/Schlusslied
GL 405 »Nun danket alle Gott«

Vorüberlegungen


Franz von Assisi, geboren 1181/82, gestorben 1226. Der Sonnengesang entstand in altitalienischer Sprache im Winter 1224/25 und zählt zur Weltliteratur. Es ist das Lied eines halbblinden, todkranken Mannes, der in einer Hütte bei San Damiano in einem inneren Kampf mit Leben und Tod ringt. Das Lied ist eine Erfahrung Gottes in dunkler Nacht, nicht nur eine Hymne auf Gottes gute Schöpfung. Es fordert auch uns heraus in unserem Verhalten zur Welt und in der Annahme von Krankheit und Sterben. Nach späteren Quellen fügte Franziskus die Friedensstrophe hinzu, um einen Streit zwischen Bischof und Bürgermeister von Assisi zu schlichten, die Strophe über »Schwester Tod« als er selbst am Sterben war. Die 33 Zeilen im Original gliedern sich klar in zehn Strophen. Die Natur kommt zu ihrem Recht, die Schöpfung zu ihrer Würdigung, die Welt vor die Aufmerksamkeit des Menschen. Der Aufbau des Sonnengesangs erstaunt. Nebeneinander treten sie auf: das ganze Universum: Sonne, Mond, Sterne; die vier Elemente: Luft, Wasser, Feuer, Erde; schließlich der Mensch in seinen besten Möglichkeiten und erschreckenden Aussichten.

Umrahmt von dem, dem Ehre gebührt: Gott, der alles trägt, bewegt, erhält und zieht.

Der Mensch wird hineingenommen in die Schöpfung. Er sieht, spürt, nimmt wahr und ist selbst im Staunen, Anbeten. Franziskus lobt Gott, den Schöpfer, den Anfang und die Vollendung von allem, was wir in unserer Zeit sehen, erleben. Unsere Zeit wird hineinmünden in seine zeitlose Ewigkeit. So steht für Franziskus und für uns am Ende des Sonnengesangs Dank und Demut, eine herrliche Würde, die uns zuteilgeworden ist. Daran am Erntedanksonntag zu erinnern, ist Anliegen dieser Meditations-Predigt.

Schön ist es, wenn die einleitenden Verse aus dem Sonnengesang jeweils von einem Lektor/einer Lektorin vorgetragen wird und dann die Auslegung durch den Prediger/die Predigerin folgt.

Eine ausführlichere Fassung dieser Besinnung findet sich in: Paulin Link/Wolfgang Tripp, Gelobt seist du, mein Herr. Betrachtungen zum Sonnengesang des Franz von Assisi. Mit Bildern von Sieger Köder, Schwabenverlag, Ostfildern 2020.

Im Lukas-Jahr kann als Evangelium gewählt werden: Lk 17,11–19.

Predigt


Loblied auf Gottes Größe

Höchster allmächtiger guter Herr
Dir sei das Lied die Herrlichkeit die Ehre und aller Segen
Dir allein Höchster kommen sie zu
Kein Mensch ist würdig dich zu nennen

Lobt und segnet meinen Herrn
Dankt und dient ihm in großer Demut


Die große Klammer zu den einzelnen Strophen des Sonnengesangs bildet die Anbetung Gottes, des Höchsten, des Allmächtigen und in der Schlussstrophe der Dank und das Dienen des Menschen als gelebte Antwort. Jahre zuvor hatte Franziskus in seinen Gebeten immer wieder gefragt: »Wer bist du, Gott? Und wer bin ich Mensch?« Am Schluss seines Lebens gehören beide zusammen: Gott und Mensch. Die Fragen werden zur dankbaren Antwort: »Deus meus et omnia« – Gott in allem finden, in der gesamten geschaffenen Welt, in allen Geschöpfen, in der eigenen Geschichte mit allen Höhen und Tiefen.

Franziskus »durch-schaut« alle geschaffenen Dinge auf Gott hin. Menschen, Tiere, Pflanzen, Gesteine und Gestirne werden ihm zu einem transparenten Zeichen für Gott und seine Gegenwart. Er begegnet allem Geschaffenen mit Ehrfurcht und Achtsamkeit und Demut. Die Gestirne und Elemente, die Pflanzen und Tiere nennt er Brüder und Schwestern und die Erde Mutter. Mit den Geschöpfen und durch alle Geschöpfe preist er Gott im Sonnengesang für alles, was ihm geschenkt ist.

Loblied des Kosmos


Lob sei dir mein Herr mit deiner ganzen Schöpfung
vor allem mit dem Herrn Bruder Sonne
Er bringt uns den Tag und spendet uns Licht
Schön ist er und strahlend mit großem Glanz
Von dir Höchster ein Zeichen

Lob sei dir mein Herr durch Schwester Mond und die Sterne
Am Himmel formtest du sie glänzend kostbar und schön


»Erdung Gottes« – nennt Franziskus das Wunder und Geheimnis, das sich vollzieht, wenn der Himmel mit seinen Sonnen und Sternen sich über der Erde öffnet und sich mit ihr verbindet und verbündet. Wo Licht ist, da wird und ist Leben. Die Dynamik der Schöpfung beginnt deshalb damit, dass Gott das, was wüst, wirr und in Finsternis lag (Gen 1), einhüllt in sein Licht und so zum Leben erweckt. Diese Weltsicht und Weltanschauung bezeugt Franziskus. »Licht vom unerschaffenen Licht«, wie wir singen, kündet von dem Gott, der seine Sonne und seine Sterne aufgehen lässt über allem, was lebt. Sie erzählen davon, dass der offene Himmel erdverbunden ist und bleibt. Sie zeigen leuchtend an, dass der Mensch, der staunend zu ihnen aufschaut, nicht gott-los und gott-verlassen ist. Er ist angebunden und erleuchtet von dem Gott, der ihn sucht von Anbeginn der Schöpfung an, der nach ihm fragt: Wo bist du? Und der sich finden lässt »in unserm Fleisch und Blut«. Mit Bruder Sonne und den Schwestern Mond und Sterne darf der Mensch einstimmen in das Loblied des Franziskus: Gelobt seist du, mein Herr.

Loblied der Elemente


Lob sei dir mein Herr durch Bruder Wind durch Luft und Wolken
durch heiteres und jedes Wetter
Durch sie gibst du deiner Schöpfung Leben

Lob sei dir mein Herr durch Schwester Wasser
Sehr nützlich ist sie demütig kostbar und rein

Lob sei dir mein Herr durch Bruder Feuer
Durch ihn ist die Nacht erhellt
Schön ist er freundlich kraftvoll und stark


Wind, Luft und Wolken, Wetter, Wasser, Feuer – elementar für unser Leben. Es sind die Elemente, die Leben ermöglichen und vom Leben künden. Von je her Zeichen und Verweise auf das Lebendige. Franziskus ist überzeugt, dass wenn alle Hoffnungen sterben, die Hoffnung, die von Gott, dem Ursprung des Lebens und des Lebendigen ausgeht, bleibt. Alles, was von Grund auf unser Leben bestimmt und immer schon auf Spuren menschlichen Lebens hinweist, sind Zeichen des neuen Himmels und der neuen Erde, Zeichen der neuen Schöpfung, die uns Menschen verheißen ist. Wie in der Osternacht die am neu gesegneten Osterfeuer entzündete Osterkerze in die dunkle Kirche getragen und das große österliche Loblied auf die Osterkerze angestimmt wird: Der Auferstandene ist der Anführer des neuen Lebens. Er ist nicht im Tod, das Grab ist leer, er ist uns vorausgegangen in unser alltägliches Leben. Der Tod des Todes ist vollzogen. Und der Mensch darf miteinstimmen: Gelobt seist du, mein Herr.

Loblied der Erde


Lob sei dir mein Herr durch unsere Schwester Mutter Erde
Sie belebt und lenkt uns, sie erzeugt viele Früchte
Farbige Blumen und Gräser


Schon im Schöpfungsbericht gilt der Erdboden als heilig. »Dann sprach Gott: Die Erde lasse junges Grün sprießen, Gewächs, das Samen bildet, Fruchtbäume, die nach ihrer Art Früchte tragen …« (Gen 1,11).

Franziskus zeigt die Erde als eine, die uns ernährt, belebt, lenkt, die fruchtbar ist und Neues hervorbringt, die uns umgibt wie eine liebende fürsorgende Mutter. In vielen Religionen wird die Erde als Mutter bezeichnet. Mütterlichkeit ist in der franziskanischen Lebensform eine Haltung, die für die Gestaltung der Gemeinschaft gelten soll. Einander Lebensraum gewähren, Früchte bringen: Freude und Heil einander schenken.

Die Anrede »Schwester Erde« deutet an, dass wir den gleichen Ursprung haben wie sie, dass wir Geschwister sind. Wir Menschen, auf der Erde stehend, ausgestreckt zum Himmel, so nimmt Franziskus sein Menschsein an und dankt Gott für die Gaben der Erde. Er staunt über die Erdnähe, die erdhafte Niedrigkeit Gottes. Franziskus konnte vor diesem Geheimnis nicht genug staunen und Gott immer wieder seinen Dank bringen im Singen, Beten, Loben.

Loblied des Menschen


Lob sei dir mein Herr durch jene die um seiner Liebe willen vergeben
Und Schwachheit und Not ertragen
Selig die ausharren in Frieden, du Höchster wirst sie krönen


»Gott erschuf den Menschen als sein Bild, als Bild Gottes erschuf er ihn. Männlich und weiblich erschuf er sie. Gott segnete sie und Gott sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und mehrt euch …« (Gen 1,27f). Der Mensch: Geschöpf und Mit-Geschöpf mit allem, was geschaffen ist von der Hand, die alles umfängt, trägt und hält und aus der alles, was lebt, entspringt: der schöpferischen Hand Gottes. Franziskus lädt ein, diesen Schöpfungsspuren zu folgen und im Menschenkind, in der Schwester und dem Bruder den zu sehen, dessen Abbild sie sind: den Gott, der erschuf und immerwährend erschafft und der sein wirkmächtiges Wort ausrichtet und siehe: Es geschieht und es ist sehr gut. Der Menschenbruder Jesus von Nazaret wird es dann so leben und sagen: »Ich bin gekommen, um den Armen eine frohe Botschaft zu bringen.« Und: »Selig, die Frieden stiften und Versöhnung schaffen. Ihnen gehört das Himmelreich.« Jesus ist der, in dem sich Gott ausspricht als der, der unter uns wohnen will. Darin ist aller Dank und alles Lob gegenüber Gott begründet.

Loblied der Liebe


Lob sei dir mein Herr, durch unsere Schwester, den leiblichen Tod
Kein lebendiger Mensch kann ihr entrinnen
Weh denen die in tödlicher Schuld sterben
Selig die sie findet in deinem heiligsten Willen
Der zweite Tod tut ihnen nichts Böses


Am Tag des Todes noch Zeit und Kraft für andere aufbringen – so müsste man sterben können. Franz von Assisi war derartiges gegeben: Franziskus lobt auf seinem Sterbebett Gott, den Schöpfer und Spender des Lebens, über alles. Er begrüßt sogar den Bruder Tod und widmet ihm eine eigene lobpreisende Strophe in seinem Sonnengesang. Zeugnis eines ungeheuren Vertrauens und einer tiefen Liebe zu Jesus Christus, dem Sohn Gottes.

Für Franziskus geschah dieses letzte Teilen an der Nahtstelle zwischen Himmel und Erde. Er wusste in der Gewissheit seines Glaubens, wohin er gehen würde, wenn er den letzten Schritt tat: in die Fülle Gottes, von dem er auf dieser Erde schon so viel erlebt hatte.

Eins mit der ganzen Schöpfung geht Franziskus bewusst den Schritt mit Bruder Tod. Da ist kein Schrecken und keine Abwehr, sondern das geschwisterliche Weitergehen in ein neues Leben. Sterben und Vergehen sind nicht endgültig, sondern Anfang des Endgültigen! Eins mit allen Geschöpfen besingt Franziskus das Hineingehen in das neue Leben, in das Leben in und bei Gott.

Fürbitten


Mit Franziskus von Assisi beten wir: Lob sei dir mein Herr mit deiner ganzen Schöpfung. Wir tragen vor dich unsere Bitten und Nöte:

- Die Not derer, die hungern und dürsten nach dem täglichen Brot und sauberem Wasser, denen es mangelt an ausreichenden Lebensmitteln und die deshalb auf der Flucht sind. (GL 632 »Erhöre uns, Herr, erhöre uns«)
- Die Ängste derer, die um gute Zukunftschancen für ihre Kinder bangen, weil es an Lern- und Bildungschancen für sie fehlt.
- Die Sorgen der Mütter und Väter, die Kindern das Leben schenken und die unter menschenunwürdigen Verhältnissen leben müssen ohne gesunde Pflege und Betreuung.
- Die Wunden und Tränen all derer, die unter den schrecklichen Kriegen in aller Welt leiden müssen und die auf Versöhnung und Ende der Gewalt hoffen.
- Die Erschöpfung all derer, die sich einsetzen für den Erhalt und die Entwicklung der Lebensgrundlagen in unserer Natur weltweit.
- Die Verantwortung derer, die Entscheidungen treffen müssen für gerechtes und friedliches politisches und wirtschaftliches Handeln.

Höchster allmächtiger guter Herr, dir sei das Lied, die Herrlichkeit, die Ehre und aller Segen. Dir allein Höchster kommen sie zu. Lob und Dank sei dir, mein Herr. Heute und in Ewigkeit.
Amen.

Wolfgang Tripp

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