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Die Inhalte
der Zeitschrift
»Dienst am Wort«
Herausgeber
Leseprobe 1
Heiliger Petrus und heiliger Paulus – Am Tag
Brückenbauer in schweren Zeiten
Lesejahr A – B – C
Beitrag zum Evangelium

Einführung


Gerne setzt man sich zu Gleichgesinnten oder sucht sich für das eigene Team Menschen aus, die ähnlich ticken. Herausfordernd und unangenehm sind meist diejenigen, von denen man infrage gestellt wird oder Widerspruch erntet. In der Entstehung der Kirche hingegen waren zwei Personen entscheidend und tragend, die sich nicht immer grün waren. Petrus und Paulus sind gegensätzlich und müssen Konflikte gemeinsam lösen. Darin zeigt sich, wie fruchtbar und notwendig es ist, dass sich in der Kirche nicht nur gleiche Typen finden. Gerade in der Diversität wird Kirche lebendig und fruchtbar. Diese Pluralität fordert uns heraus und führt uns oft auch an Grenzen. Öffnen wir uns zu Beginn des Gottesdienstes für den Geist der Versöhnung.

Kyrie-Ruf
Herr, Jesus Christus, dein Geist irritiert.
Herr, erbarme dich.
Herr, Jesus Christus, dein Geist führt zusammen.
Christus, erbarme dich.
Herr, Jesus Christus, dein Geist übersteigt alle Anstrengungen.
Herr, erbarme dich.

Gebet
Mein Gott.
Den sechsten Sinn
gib mir
dass ich erspüre, was gut ist
dass ich erkenne, was wahr ist
dass ich tue, was recht ist.

Tagesgebet
Messbuch – Heiliger Petrus und heiliger Petrus – Am Tag

Liedvorschläge
Gesang zur Eröffnung
GL 142 »Zu dir, o Gott, erheben wir« oder
GL 901 (Diözesanteil Freiburg und Rottenburg-Stuttgart) »Simon Petrus
dort am Ufer«
Antwortgesang mit Ruf vor dem Evangelium
GL 425 »Solang es Menschen gibt auf Erden« und GL 454 »Geht in alle
Welt, Halleluja«
Gesang zur Gabenbereitung
GL 543,1.4–5 »Wohl denen, die da wandeln«
Gesang zur Kommunion
GL 414 »Herr, unser Herr, wie bist du zugegen«
Dankhymnus/Schlusslied
GL 400 »Ich lobe meinen Gott« oder
GL 831 (Diözesanteil Freiburg und Rottenburg-Stuttgart) »Wäre Gesanges
voll unser Mund«

Vorüberlegungen

Zum Text: Mt 16,13–19 (Evangelium)

Eine zentrale Gestalt des Matthäusevangeliums stellt Petrus dar. In der katholischen Exegese wurde dieser Text immer wieder herangezogen, um den Primat des Papstes als Nachfolger Petri zu legitimieren, auch wenn sie davon heute in ihrer Deutung abrückt. In der evangelischen Exegese wurde Petrus häufig als gläubiger Jünger dargestellt. Allgemeine Zustimmung der Exegese findet heute hingegen die Feststellung, dass Petrus bei der Entstehung der Kirche eine einmalige und herausragende Rolle spielte. Interessant ist, dass Paulus eine ähnlich wichtige Rolle verkörperte, auch wenn er zu Lebzeiten Jesu noch nicht zum Jüngerkreis gehörte. Beide werden zu Führungspersönlichkeiten. Petrus moderiert die Kirche nach innen und Paulus nach außen. Auch wenn sich die Trennlinie nicht so eindeutig ziehen lässt, dann steht dafür doch symptomatisch bis heute der Petersdom in Rom im Zentrum, drinnen, und die Paulskirche vor den Mauern, draußen. Beide Charakteren sind wesentliche Faktoren für eine lebendige Kirche, wenn es darum geht, wie die Spaltung von Kirche überwunden werden kann. Das Christusbekenntnis steht gleichsam in der Mitte zwischen den beiden Personen Petrus und Paulus, das sie trotz verschiedener Konflikte nicht aus dem Blick verlieren. Dadurch werden sie selbst zu Brückenbauern nach innen und nach außen, was in der Predigt näher ausgeführt wird.

Predigt

Es sind schwierige Zeiten, in denen wir gerade leben. Sehnsüchtig erinnern wir uns an die Leichtigkeit vergangener Jahre, in denen unser Denken und Fühlen frei von kriegerischen Auseinandersetzungen in Europa oder pandemischer Bedrohung waren. Die Welt scheint komplexer und wirrer geworden zu sein, aber auch die Kirche. Sexueller Missbrauch und Reformstau lassen das Vertrauen in Kirche immer mehr schwinden. Als Folge zeigt sich ein tiefer Spalt, der sich durch Gesellschaft und Kirche zieht. Gruppen radikalisieren sich, spalten sich ab und entziehen sich dem gemeinsamen Diskurs. Wie kann das Nebeneinander unterschiedlicher Kulturen und Meinungen wieder durchbrochen werden? Wie können sie miteinander ins Gespräch kommen? Was kann dabei Orientierung geben?

Konflikte gehören bereits zur Urkirche

Die Beschäftigung mit Petrus und Paulus zeigt, dass Konflikte bereits zum Anfang von Kirche gehörten. Beide vertraten unterschiedliche Positionen und mussten Brücken zu einem gemeinsamen Verständnis bauen. So gegensätzlich beide waren, so unverzichtbar erwies sich der unterschiedliche Typus der Apostel. Dass sich gerade ihre verschiedenen Ansätze und Begabungen herausragend ergänzen, kann ein sogenanntes Triptychon zeigen, das sich häufig in alten gotischen Kirchen finden lässt. Oft ist es ein Altarbild, das aus drei Flügeln besteht. In der Mitte eine Hauptfigur und links und rechts Bilder, die zur Mitte führen. Diese Konstellation zeigt einen Weg, wie Diversität zu einem produktiven Miteinander werden kann.

Im Freiburger Münster sind im Altartriptychon Petrus und Paulus auf den Flügeln und im Zentrum die Krönung Mariens abgebildet. Auf der linken Seite findet sich Paulus. Er ist ein gebildeter Jude, der erst später durch eine außergewöhnliche Bekehrung zum Glauben an Christus kommt. Seine Mission gilt den Heiden. So ist sein Wirken stärker auf die Kommunikation mit der Welt jenseits der jüdischen Kultur gerichtet. Symbolisch für diesen Typ wird Paulus im Flügelbild mit einem offenen Schritt nach vorne dargestellt. Auf der anderen Seite zeigt sich Petrus. Biografisch kommt er vom See Gennesaret und verdient dort sein Geld als Fischer. Oft wirkt er kantig, aber anpackend. Seine Mission gilt vorrangig den Judenchristen, auch wenn er ebenfalls mit den Heidenchristen im Kontakt steht. Insofern liegt sein Schwerpunkt in der Kommunikation nach innen von Kirche, was sich auch in der Moderation des sogenannten Apostelkonzils zeigt. Symbolisch wird Petrus im Freiburger Flügelbild mit einem Fuß dargestellt, der sich in den Boden krallt, was für Stabilität und Bodenständigkeit steht.

Beide Pole der zwei Typen fallen im Hauptbild zusammen. Maria wird als erste Christin in den Mittelpunkt gestellt und zum Zeichen ihrer großen Würde sogar mit einer Kaiserkrone gekrönt. Im Ringen der beiden unterschiedlichen Positionen richtet sich der Blick auf den Menschen Maria, die lebendig und von unmessbarem Wert durch die Beziehung zum dreieinigen Gott erscheint.

Das Christusbekenntnis

An dieser Stelle kommt das Evangelium des Festtags ins Spiel. Auf die Frage, für wen die Menschen den Menschensohn halten, antwortet Petrus mit dem Christusbekenntnis. Davor allerdings antworten die Jünger mit unterschiedlichen Vorstellungen, die Jesus beschreiben wollen und die sich bis heute halten. Manche halten ihn für Johannes den Täufer. Johannes war ein großer Asket. Askese ist ein wichtiger Aspekt im christlichen Glauben. Wenn Verzicht allerdings immer besser als Genießen ist und zu einer latenten Aggressivität führt, dann verdunkelt Askese den Blick auf Jesus. Elija ist eine weitere Figur, die genannt wird. Elija ist ein großer Prophet, der sich für den reinen Glauben einsetzt und dabei alle Baalspriester tötet. Jesus unterscheidet sich von Elija dadurch, dass er die Andersdenkenden nicht vernichtet, sondern gewinnt. Schließlich halten Jesus manche für Jeremia, der als leidender Gerechter beschrieben wird. Doch Jesus ist nicht gekommen, damit wir leiden müssen, sondern damit wir selig und glücklich werden, auch wenn uns auf dem Lebens- und Glaubensweg immer auch Leiden begegnen wird.

Das Christusbekenntnis an den lebendigen Gott verbindet

Petrus macht auch einen Versuch und antwortet auf die Frage nach dem Menschensohn mit einer Aussage, die unterschiedliche Positionen vereinigen kann. Petrus bekennt Christus als den Messias, den Sohn des lebendigen Gottes. Der Messias ist der, der sein Volk in die Freiheit führt. Außerdem bekennt er ihn als den Sohn des lebendigen Gottes. Er spricht von einem Gott, der Leben schafft, und davon, dass wir ihm nur dort begegnen können, wo wir selbst lebendig sind. Es geht also Jesus darum, dass wir das Leben finden. Nur korrekte Bekenntnisse, die nicht von einer eigenen Erfahrung getragen sind, bekennen keinen wirklich lebendigen Gott.

Daraufhin preist Jesus den Petrus selig, weil er seinen Glauben an den Gott Jesu Christi bindet, der geprägt ist von der Freiheit und von der Erfahrung der göttlichen Würde, die lebendig macht. Dieser Glaube zeigt sich in der Krönung Mariens im Altarbild des Freiburger Münsters. Der Gott Jesu Christi setzt am Menschen an und schenkt ihm eine neue Freiheit und eine neue Würde. Bei aller Unterschiedlichkeit des Katholischen zwischen Konservativen und Progressiven und vielem mehr geht es um diesen Gott, der am Menschen und sich an der Menschlichkeit ausrichtet. An diesem Ansatz müssen sich bei den unterschiedlichen Spannungen alle messen lassen. Dieser Glaubensansatz wird zum Fels.

Wir brauchen Brückenbauerinnen und Brückenbauer

Daher brauchen wir in Gesellschaft und Kirche Personen wie Petrus und Paulus. Denn Petrus ist ein Brückenbauer nach innen, in die Kirche hinein, indem er innere Konflikte moderiert. Paulus hingegen ist der Brückenbauer nach außen, der die Welt im Blick hat und zu ihr in Kontakt tritt. In dieser Spannung zwischen innen und außen steht jede und jeder Gläubige und die Kirche als Gesamte. Durch schwere Zeiten kommen wir dann, wenn wir beginnen, Brücken zu bauen für mehr Menschlichkeit.

Fürbitten
Herr, unser Gott, wir kommen inmitten einer gespaltenen Welt und Kirche vor dich und bitten um deinen Geist:

– Für Politikerinnen und Politiker, die in ihren Entscheidungen einer pluralen Gesellschaft nicht ausweichen können. (Herr, sende deinen Geist.)
– Für den synodalen Weg und eine neue Verständigung innerhalb der Kirche.
– Für die Verantwortlichen von Religionen, die auch nach Wahrheit in anderen Religionen suchen.
– Für Kinder und Jugendliche, die lernen, mit Andersartigkeit und Fremdem kommunikativ umzugehen.
– Für Menschen, die im Sterben liegen und nach einem versöhnlichen Ende suchen.

Lebendiger Gott, auf deine Lebenskraft vertrauen wir und bitten um deinen Geist, durch Christus, unseren Bruder und Herrn. Amen.

Bernd Hillebrand

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