Dienst am Wort – Startseite
Startseite » Archiv » Ausgabe 8/2021 » Leseprobe 2
Titelcover der archivierte Ausgabe 8/2021 – klicken Sie für eine größere Ansicht
Die Inhalte
der Zeitschrift
»Dienst am Wort«
Herausgeber
Leseprobe 2
Dritter Adventssonntag
Leben im Advent
Lesejahr C
Beitrag zum Evangelium

Einführung


»Freut euch im Herrn zu jeder Zeit! Noch einmal sage ich: Freut euch! Eure Güte werde allen Menschen bekannt. Denn der Herr ist nahe.« (Phil 4,4–5) Mit diesen eindringlichen Worten fordert der Apostel Paulus die Christinnen und Christen in Philippi auf, sich als Gemeinde im Advent zu begreifen, die nicht nur aus der Vergangenheit lebt, sondern sich nach der Zukunft ausstreckt. Dem ganzen Unrecht dieser Welt droht am Ende das Gericht. Wer aber von seiner Armut oder Sünde bedrückt ist, dem blüht am Ende ein neuer Anfang zu einem Leben in Gottes Freiheit. Darauf dürfen wir uns freuen an jedem Tag, den Gott uns schenkt.

Kyrie-Ruf
Herr Jesus Christus, in deinem Namen versammelt, bist du in unserer
Mitte.
Herr, erbarme dich.
In dir begegnet uns die Freude, die Gott an uns Menschen hat.
Christus, erbarme dich.
Du hast uns in der Taufe das Feuer deines Geistes geschenkt.
Herr, erbarme dich.

Tagesgebet
Gott,
in einer Welt mit vielen schlechten Nachrichten sagst du uns von Neuem deine frohe Botschaft. Du sprichst uns frei, wo unser Gewissen uns anklagt.
Du stehst uns bei, wo Angst und Not uns bedrängen.
Lass unsere Freude wachsen, je näher das Weihnachtsfest heranrückt, und mach uns froh in deiner Gegenwart.
Darum bitten wir durch Jesus Christus.

Liedvorschläge
Gesang zur Eröffnung
GL 218,1–3 »Macht hoch die Tür«
Antwortgesang mit Ruf vor dem Evangelium
GL 228,1–3 »Tochter Zion, freue dich« und GL 174/4 »Halleluja«
Gesang zur Gabenbereitung
GL 218,4–5 »Macht hoch die Tür«
Gesang zur Kommunion
GL 230,1–6 »Gott, heilger Schöpfer aller Stern«
Dankhymnus/Schlusslied
GL 360,1.4–5 »Macht weit die Pforten in der Welt«

Vorüberlegungen

Zum Text: Lk 3,10–18 (Evangelium)


Die lukanische Erzählung vom Wirken Johannes’ des Täufers (Lk 3,1–20) bringt verschiedene Überlieferungen zusammen, die ganz unterschiedlichen Charakter haben. Den Auftakt bildet ein ausführlicher Synchronismus, der das Auftreten des Johannes in die zweite Hälfte der Zwanzigerjahre des ersten Jahrhunderts datiert und ihm weltgeschichtliche Bedeutung zumisst (Lk 3,1–2). Anschließend wird Johannes mit einem Wort aus dem Jesajabuch (Jes 40,3–5) als Wegbereiter des Herrn (Gott/ Jesus) charakterisiert (Lk 3,3–6), der entscheidend dazu beiträgt, dass »alles Fleisch das Rettende Gottes sehen wird« (Lk 3,6 = Jes 40,5). Soweit der Evangelienabschnitt vom vergangenen Sonntag. Die Verse Lk 3,7–9 werden von der Leseordnung leider ausgelassen, wodurch der Gesamtzusammenhang von Lk 3,1–20 deutlich an Spannung verliert. Denn nach der Ankündigung einer glücklichen Rettung (Lk 3,6) schreckt die brüske Zurückweisung der Taufwilligen und die damit verbundene Gerichtsdrohung (Lk 3,7–9) umso heftiger auf. Umgekehrt verwundert die brave Standesmoral umso mehr, zu der Johannes anschließend rät (Lk 3,10– 14). Um sie richtig einzuordnen, muss man sie im Rahmen der vorhergehenden und nachfolgenden Gerichtspredigt (Lk 3,7–9.15–17) auslegen und verstehen. Dazu passt die nur auf den ersten Blick paradoxe Formulierung am Schluss, wonach Johannes, »indem er das Volk ermahnte, (ihm zugleich) die frohe Botschaft verkündete« (Lk 3,18). Diese Spannung zwischen Ermahnung und Ermutigung, die sich wechselseitig begründen und verstärken, kennzeichnet im Lukasevangelium das Wirken Johannes’ des Täufers und sollte auch in der Predigt über das Sonntagsevangelium zum Ausdruck kommen. Zwei Aspekte sind dabei grundlegend wichtig: Die Androhung von Strafe soll erstens Umkehr bewirken; sie erreicht also ihr Ziel gerade dort, wo die angedrohte Strafe aufgrund der eingetretenen Besserung des Lebenswandels gar nicht verhängt und somit auch nicht verbüßt werden muss. Die Strafdrohung richtet sich zweitens im Evangelium niemals gegen die Kleinen und Wehrlosen, um sie noch mehr einzuschüchtern, sondern immer nur gegen die Großen und Mächtigen, um ihren Übermut und ihre Willkür im Umgang mit den ihnen Anvertrauten oder Ausgelieferten zu zügeln und einzuhegen. So verstanden ist die Gerichtspredigt ein notwendiger Bestandteil der frohen Botschaft, weil die ohne Gott Hilflosen nur froh werden können, wenn ihre Bedränger von Gott in die Schranken gewiesen werden. Wer dieses Evangelium aufrichtig verkündet, wird gezwungenermaßen zum Anwalt der Entrechteten und hat nicht selten mächtige Feinde, wie Johannes der Täufer den Tetrachen Herodes Antipas (Lk 3,19– 20). Hier schließt sich der Kreis: Die Großen der Welt können zwar den Boten des Evangeliums einsperren, aber das Evangelium selbst halten sie nicht auf. Schade, dass auch diese letzte Konsequenz von der Leseordnung verschwiegen wird.

Predigt

Tätige Reue

»Was sollen wir tun?« Diese Frage der Leute an Johannes den Täufer kommt am Beginn des heutigen Evangeliums überraschend. Um sie zu verstehen und einordnen zu können, muss man wissen, was vorher geschehen ist. Johannes hat in der Gegend am Jordan »die Taufe der Umkehr zur Vergebung der Sünden« verkündet (Lk 3,3). Er hat damit eine Menge Leute aus dem nahe gelegenen Jerusalem angezogen, die anscheinend zur Umkehr bereit waren und die Vergebung ihrer Sünden erhofften. Dann aber hat er sie hart beleidigt und brüskiert: »Ihr Schlangenbrut, wer hat euch denn gelehrt, dass ihr dem kommenden Zorngericht entkommen könnt? Bringt Früchte hervor, die eure Umkehr zeigen!« (Lk 3,7–8) Da haben sie wohl verstanden, dass es nicht ausreicht, in Sack und Asche zu gehen und zum Zeichen der Reue den Kopf hängen zu lassen. Wahre Umkehr beginnt dort, wo Menschen anders handeln, als sie es früher getan haben. Was geschehen ist, kann man nicht rückgängig machen. Deshalb kommt alles darauf an, dass man es jetzt und künftig anders macht. Bevor alles zu spät ist, gilt es, tätige Reue zu zeigen. Aber welches Verhalten ist angebracht? Worauf kommt es jetzt an? Oder mit den Leuten aus dem Evangelium gefragt: »Was sollen wir tun?«

Alltägliche Rechtschaffenheit


Die Antworten, die Johannes der Täufer gibt, und die Verhaltensweisen, die er verlangt, überfordern die Fragenden durchaus nicht. Es sind ganz normale Dinge, die man von jedem anständigen Menschen erwarten kann. Das Erste ist ein Grundsatz der ausgleichenden Gerechtigkeit, der für alle gleichermaßen gilt: Wer mehr besitzt, als er für seinen eigenen Lebensunterhalt braucht, soll mit seinem Überfluss denen aushelfen, denen das Nötigste zum Leben fehlt, indem er ihnen Kleidung und Nahrung abgibt. An zweiter und dritter Stelle folgen Anweisungen für bestimmte Berufsgruppen. Die Zöllner gelten in den Evangelien als Sünder schlechthin, weil sie das ausbeuterische Steuersystem der Römer in den Provinzen nutzten, um selbst möglichst reich zu werden. Sie waren selbstständige Zollpächter, die ihre Gewinnmargen selbst bestimmten und dadurch zu einer überhöhten Steuerlast beitrugen. Ihnen wird gesagt, dass sie nicht mehr als den festgelegten Steuersatz nehmen sollen. Ähnlich kritisch werden in den Evangelien die Soldaten gesehen. Denn diese waren die Repräsentanten entweder der römischen Kolonialherren oder ihrer Handlanger, der einheimischen Fürsten. Auf jeden Fall waren Misshandlung und Ausbeutung der Bevölkerung durch die Soldaten an der Tagesordnung. Deshalb wird ihnen gesagt, dass sie ihre Waffenmacht nicht zum Schaden der wehrlosen Leute ausüben sollen. Aber ist das nicht eine kleinbürgerliche Moral mit lauter Selbstverständlichkeiten, die so gar nicht zur radikalen Rhetorik des Täufers Johannes passen will? Im Lukasevangelium gehört beides zusammen, und zwar mit voller Absicht. Hier kommt es gerade darauf an, dass die große Währung von Umkehr und Sündenvergebung im Alltag mit kleinen Münzen ausgezahlt wird. Denn wir wissen ja: Das angeblich so Selbstverständliche – dass wir unseren Wohlstand teilen, dass wir nicht nur auf den eigenen Vorteil aus sind, dass wir die Würde des anderen achten – ist plötzlich nicht mehr selbstverständlich, sobald es konkret wird. Dann suchen wir ganz schnell Ausflüchte, dann ist doch der Egoismus stärker, dann werden auch die Ellbogen ausgefahren. Deshalb muss sich im Kleinen bewähren, was im Großen glaubhaft und wirksam werden soll.

Gericht und Erlösung

Um das Große und Ganze geht es dann wieder bei der letzten Antwort des Täufers Johannes: Der Stärkere, der nach ihm kommt, ist kein anderer als Jesus, der bei seiner Ankunft »Feuer auf die Erde werfen« wird (Lk 12,49). Gemeint ist hier nicht seine Geburt als Kind in Betlehem, von der das Lukasevangelium zuvor schon erzählt hat. Vielmehr schweift der Blick in die ferne Zukunft und nimmt zwei Ereignisse ins Visier, die für die Ausbreitung der frohen Botschaft und für das Schicksal der Menschen von zentraler Bedeutung sind: Das erste ist an Pfingsten die Herabkunft des Heiligen Geistes, den Jesus seinen Jüngerinnen und Jüngern in »Zungen wie von Feuer« verleiht, damit sie Kraft und Mut finden, seine Botschaft vom Reich Gottes weiterzutragen (Apg 2,3). Das zweite ist die Wiederkunft Christi am Ende der Tage, die »wie der Blitz« über die ganze Erde leuchten und allen, die auf ihn hoffen, die ersehnte Erlösung bringen wird (Lk 17,24; 21,28). Der Richter, der die Spreu vom Weizen trennen und jeden Menschen an seinen Taten messen wird, ist zugleich der Erlöser, der die Armen aus ihrem Elend und die Sünder aus ihrer Verstrickung in das Böse befreit (Lk 4,18–19). Deshalb ist die Ankündigung des Gerichts für alle, die auf Gott vertrauen und in ihrem Alltag rechtschaffen leben, keine Drohung, sondern eine frohe Botschaft. Einen heilsamen Schreck sollen nur diejenigen bekommen, die rücksichtslos auf Kosten der anderen leben und im Extremfall über Leichen gehen. Sie dürfen nicht ungeschoren davonkommen, weil es im Interesse der Opfer eine ausgleichende Gerechtigkeit geben muss. Die frohe Botschaft, die Johannes der Täufer verkündet, schließt das Gericht über den brutalen Zynismus der Mächtigen mit ein, damit die Elenden und Unterdrückten wirklich aufatmen und neue Hoffnung schöpfen können.

Fürbitten
Gott, du bist in unserer Mitte, ein Held, der Rettung bringt. Darum bitten wir dich voll Vertrauen:

– Für die Menschen, denen das Nötigste zum Leben fehlt: Lass sie durch ihre Mitmenschen tatkräftige Hilfe finden.
(Wir bitten dich, erhöre uns.)
– Für die Menschen, die von anderen ausgebeutet werden: Lass sie einen starken Beistand finden, der für ihre Rechte eintritt.
– Für die Menschen, die Opfer von Folter und Misshandlung werden: Lass ihre Wunden heilen und stärke sie zum Leben.
– Für die Menschen, die ohne Hoffnung gestorben sind oder an die niemand mehr denkt: Lass sie bei dir geborgen sein.

Gott, deine Freude ist der lebendige Mensch, der in seinem Leben das Glück findet, für das du ihn bestimmt hast. Erfülle uns mit deiner Freude und lass uns täglich daraus leben. Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn. Amen.

Wilfried Eisele

Zurück zur Startseite

pastoral.de


Das bewährte
BasisProgramm
auf CD-ROM


pastoral.de - BasisProgramm

oder

Die
Web-Plattform
im Browser


pastoral.de - Web-Plattform

Vergleichen Sie hier


Dienst am Wort
Telefon: +49 (0) 711 44 06-134 · Fax: +49 (0) 711 44 06-138
Senefelderstraße 12 · D-73760 Ostfildern
Kontakt | AGB | Datenschutz | Impressum