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»Dienst am Wort«
Herausgeber
Leseprobe 2
25. Sonntag im Jahreskreis
Woher kommt der Streit unter euch?
Lesejahr B
Beitrag zur Lesung

Einführung

Wir ernten, was wir säen. Das gilt für die Landwirtschaft. Das gilt auch für unser Leben. Liebe, Herzensgüte, Frieden und ebenso Dankbarkeit oder die Bereitschaft zu vergeben gehören zu den guten Samen und führen zu guter Ernte. Neid, Hass, Gier und Eifersucht führen zum Gegenteil.

Wir ernten aber auch das, was andere lange vor uns gesät haben. Und wir selbst säen aus und erst nachfolgende Generationen werden ernten. Das gilt für das Gute wie für das Schlechte. Seien wir uns dessen bewusst und bitten wir Gott um seine Hilfe.

Predigt

Zum Text: Jak 3,16–4,3 (2. Lesung)

Das Polnische Friedenslied


»Unfriede herrscht auf der Erde. Kriege und Streit bei den Völkern, und Unterdrückung und Fesseln zwingen so viele zum Schweigen.« Mit diesen Worten beginnt ein Lied, das als Polnisches Friedenslied bekannt ist. In den 80er-Jahren wurde es in Gottesdiensten und in der Friedensbewegung oft gesungen.

Warum aber Krieg und Streit? Warum die andauernde Unterdrückung? Warum die Konflikte zwischen Menschen, in Familien, zwischen Gruppen und Nationen? Auch in der Lesung aus dem Jakobusbrief hörten wir diese Frage: »Woher kommen Kriege bei euch, woher Streitigkeiten?« Das Polnische Friedenslied antwortet: »In jedem Menschen selbst herrschen Unrast und Unruh ohn Ende.« Und ebenso heißt es in der eben gehörten Lesung aus dem Jakobusbrief: Es sind die Leidenschaften, die in uns selbst miteinander streiten. Zwei dieser Leidenschaften und ihre Folgen werden gleich genannt: »Wo nämlich Eifersucht und Streit herrschen, da gibt es Unordnung und böse Taten jeder Art.«

Die Erfahrungen und das Wissen der Wüstenmütter und Wüstenväter


Eifersucht und Streitsucht gehören zu den Leidenschaften, die den Frieden verhindern. Die in der Wüste lebenden Einsiedlerinnen und Einsiedler des 4. Jahrhunderts haben diese Leidenschaften genauer erkundet. Sie fanden noch weitere: ungezügelte Begierden wie Geldgier, Fressgier und Machtgier. Zorn, Stolz und Rechthaberei nennen sie. Dazu noch Selbstgerechtigkeit, Hochmut, Geiz, Überheblichkeit und Rachegelüste. Die Kriege, der Streit – sie entstehen nicht irgendwie. Sie entstehen durch uns. Was also tun?

Selbsterkenntnis


Nun, ein Sprichwort sagt: Selbsterkenntnis ist der erste Schritt zur Besserung. Die Selbsterkenntnis, dass nicht nur die anderen für den Streit verantwortlich sind, sondern auch ich selbst. Ihren Anteil mögen die anderen durchaus haben. Doch was ist mein Anteil am Streit? Und was ist darum meine Möglichkeit zum Frieden? Der erste Schritt zum Frieden ist deshalb der Blick in den Spiegel. Der unbeschönigte Blick auf mich und meine eigenen Leidenschaften.

Es hat daher seinen guten Grund, wenn zu Beginn jedes Gottesdienstes das gemeinsame Schuldbekenntnis steht. Der Frieden setzt das Eingeständnis der eigenen Fehler voraus.

Frau Weisheit

Für den Frieden braucht es vor allem »die Weisheit von oben«. So steht es im Jakobusbrief. Denn die Weisheit ist »heilig, friedfertig, freundlich, gehorsam, reich an Erbarmen und guten Früchten. Sie ist unparteiisch und heuchelt nicht.« Diese Weisheit wird sehr deutlich wie eine lebendige Person beschrieben. Wer ist sie?

Die Weisheit, griechisch Sophia, wird im Buch der Sprichwörter (vor allem Spr 1 und 8) als eine Frau voller Lebenskraft und Freude beschrieben. Sie ist Gottes Tochter und bei der Schöpfung anwesend. Frau Weisheit liebt es, bei den Menschen zu sein. Sie ist eine gute Ratgeberin. So wie die Weisheitsbücher des Ersten Bundes legt uns auch der Jakobusbrief nahe, für den Frieden auf die Weisheit zu bauen. Denn die Weisheit kommt von Gott. Ist es ein Zufall, dass hier eine Frau ins Spiel gebracht wird?

Für den Frieden braucht es die Beteiligung der Frauen

Die jüngste Friedens- und Konfliktforschung hat die wichtige Rolle der Frauen für den Frieden entdeckt. Sie fordert, dass in Friedensprozessen Frauen gleichberechtigt beteiligt werden sollten. Es zeigt sich, dass dann eher ein Friedensabkommen zustande kommt. Der Frieden ist oft tiefgreifender und hält länger. Sind Frauen auch an der Unterzeichnung des Abkommens beteiligt, dann sind sogar Reformen wahrscheinlich, die die Lebensumstände zum Positiven hin verändern. Engagierte Frauen in Bibel und Kirchengeschichte bestätigen das: Lydia, Phoebe und die heilige Katharina von Siena sind nur einige Beispiele. Für den Frieden braucht es Frau Weisheit. Die Gleichberechtigung von Frauen ist deshalb auch in unserer von Konflikten zerrissenen Kirche dringend geboten. Übrigens wurde auch das Polnische Friedenslied von einer Frau, von Zofia (!) Konaszkiewicz, komponiert.

Friede soll mit euch sein

»Herr, gib du uns selber den Frieden«, bittet ihr Friedenslied. Es weiß, dass der wahre Frieden nur von Gott kommen kann. Und doch nennt Jesus in den Seligpreisungen diejenigen glückselig, die den Frieden stiften. Sie sind Gottes Kinder. Damit sind wir gemeint. Dort, wo wir sind, können wir zum Frieden beitragen. Die Kraft Gottes, seine Weisheit und sein Sohn mögen uns dazu stärken.

Fürbitten
Du bist der Gott des Friedens, der Weisheit und der Gerechtigkeit. Sei deiner Welt nahe, die dich in ihrer Zerrissenheit braucht.
Wir rufen zu dir:

– Sei bei deiner Welt, die durch so viele Kriege, Konflikte und Auseinandersetzungen belastet ist. Schenke ihr deinen Frieden.
(Herr, gib du uns den Frieden.)
- Stärke diejenigen, die sich für Frieden, Gerechtigkeit und für die Bewahrung deiner Schöpfung einsetzen.
- Hilf zum Frieden unter den Religionen und Konfessionen, dass sie gemeinsam dich loben und Frieden schaffen.
- Führe deine Kirche auf den Weg der Nachfolge Jesu, dass sie sein Evangelium der Liebe und des Friedens glaubwürdig verkünde.
- Sei den Leidenden und Belasteten nahe und stelle ihnen Menschen zur Seite.
- Schenke den Sterbenden und den Verstorbenen deinen Frieden.

Du, unser Gott, hast uns durch deinen Sohn den Weg zum wahren Frieden gezeigt und durch den Heiligen Geist für diesen Weg gestärkt. Dafür danken wir dir, heute und alle Tage unseres Lebens durch Jesus Christus, unseren Bruder und Herrn. Amen.

Michael Wollek

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