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Die Inhalte
der Zeitschrift
»Dienst am Wort«
Herausgeber
Leseprobe 1
22. Sonntag im Jahreskreis
Mit lauterer Seele
Lesejahr B
Beitrag zum Evangelium

Einführung


Was die Lippen sagen, soll aus dem Herzen kommen. Und das Gute im Herzen soll die Lippen zum Sprechen und Singen bringen. Wir feiern Eucharistie mit Herz und Mund. Was wir fühlen und was wir sagen, soll übereinstimmen. Darum bereiten wir uns für die Begegnung mit Christus und rufen ihn um sein Erbarmen an:

Kyrie-Ruf
Herr, Jesus Christus, das verhärtete Herz machst du lebendig und einfühlsam.
Herr, erbarme dich.
Dem belasteten Herzen nimmst du die Schuld.
Christus, erbarme dich.
Das sorglose Herz füllst du mit Liebe.
Herr, erbarme dich.

Tagesgebet

Gott des Himmels und Erde.
Alles Gute kommt von dir.
Pflanze in unser Herz die Liebe zu deinem Namen. Pflege, was du in unser Herz gepflanzt hast; nimm das Gute, das in uns wächst, in deine Obhut und lass es Frucht bringen für die Menschen und für dich.
Darum bitten wir durch Jesus Christus.

Liedvorschläge
Gesang zur Eröffnung
GL 86 »Aus meines Herzens Grunde«
Antwortgesang mit Ruf vor dem Evangelium
GL 34/1 »Herr, wer darf Gast sein in deinem Zelt« mit 34/2 (Psalm 15)
und GL 618/2 »Confitemini dominum«
Fürbitt-Lied
GL 481 »Sonne der Gerechtigkeit«
Gesang zur Gabenbereitung
GL 428,1.4–5 »Herr, dir ist nichts verborgen«
Gesang zur Kommunion
GL 210 »Das Weizenkorn muss sterben«
Dankhymnus/Schlusslied
GL 486 »Gott gab uns Atem, damit wir leben«

Vorüberlegungen


Zum Text: Mk 7,1–8.14–15.21–23 (Evangelium)

Mit Hygiene-Appellen und Hygiene-Vorschriften sind wir alle seit Corona gründlich beschäftigt. Das Einhalten der Hygiene-Standards hat etwas zu tun mit der Solidarität gegenüber verletzlicheren Menschen und mit Selbstschutz. Beides wird aber auch von gewissenhaften Menschen bestritten. Die ganze Perikope wird durch den Gegensatz rein – unrein strukturiert. Die Reinheitsvorschriften, mit denen Jesus sich konfrontiert sieht, sind religiös motiviert. Möglichst das ganze Volk sollte sich die levitischen Reinheitsgebote zu eigen machen, sodass ganz Israel seinem Gott ein heiliges und reines Volk ist: »Ihr sollt euch heiligen, um heilig zu sein; denn ich bin der Herr, euer Gott« (Lev 20,7). Der Vorwurf Jesu an seine Gegner, das äußere Verhalten zu betonen und gleichzeitig das Herz zu verhärten, ist zugespitzt, aber nicht aus der Luft gegriffen. Es sind noch andere Gegensätze in dieser Perikope bedeutsam: außen – innen; Lippen – Herz; Gottes Gebot – Überlieferung der Menschen. Die Predigt versucht, den Gegensatz rein – unrein für heutige Hörer auszulegen.

Predigt

Lautere Seele

Hin und wieder begegne ich einer lauteren Seele und bin davon berührt. Menschen mit einer lauteren Seele wissen nichts davon. Und wenn man ihnen sagen würde: Du hast oder du bist eine lautere Seele, dann würden sie verlegen durch einen hindurchschauen. Von wenigen Freunden würde ich es sagen und denke wirklich, dass sie eine beneidenswert lautere Seele haben. Von Menschen, die zum Beichten kommen – was ja erstaunlich ist –, denke ich es gar nicht selten. Schon solange der Mensch hinter dem Gitter oder Vorhang seine Fehler, Schwächen und Nachlässigkeiten vor meinen Ohren ausbreitet, denke ich, trotz allem, das ist ein Mensch mit einer lauteren Seele. In der Trauerbegleitung bin ich oft Menschen mit einer lauteren Seele begegnet, möglicherweise erst durch die Trauer geläutert, aber das weiß ich nicht. Ich weiß von der lauteren Seele der Kinder, ich sehe, höre, spüre sie oft in Gottesdiensten und bei Katechesen. Manchmal ist ihre Lauterkeit für uns Erwachsene fast beschämend. Wer eine lautere Seele hat, egal wie alt er ist, der hat ganz gewiss in seiner Seele auch die dunkle Seite. Aber die reine, schöne Art der Menschenseele überwiegt das andere.

Gottes Gebot?

Von der lauteren Seele steht nichts im Evangelium. Da es aber um die Frage der Reinheit geht, der Reinheit des Herzens, habe ich das arg besetzte und verkitschte Wort von der Reinheit übersetzt in das Wort von der lauteren Seele.

Pharisäer und Schriftgelehrte, die eigens aus Jerusalem angereist sind, versammelten sich bei Jesus. Ob es ein lauteres Interesse an Jesus war, sei dahingestellt. Bevor noch ein einziges Wort gesprochen wird, beobachten die Schriftkundigen ein anrüchiges Verhalten der Jesus-Jünger. Sie sehen, dass einige der Jünger Jesu ihr Brot mit ungewaschenen Händen essen. Das kann leicht passieren, wenn das Wasser knapp ist und eigens aus dem Brunnen geholt werden muss und der Magen hungrig ist. Da haken sie ein und stellen den Meister, den Lehrer, zur Rede: »Warum halten sich deine Jünger nicht an die Überlieferung der Alten?« Das war keine wohlwollende Frage. Man hört die Kritik. Jesus vernimmt den urteilenden Unterton und kontert scharf mit einem Zitat aus dem Buch des Propheten Jesaja: »Ihr, die ihr euch für rein und heilig haltet, seid genau diejenigen, von denen der Prophet sagte: Dieses Volk ehrt mich bloß mit den Lippen, hält aber sein Herz fern von mir« (Jes 29,13). Der Vorwurf seinerseits an die Schriftgelehrten und Pharisäer lautet: »Ihr gebt Gottes Gebot preis und haltet euch an die Überlieferung der Menschen.«

Nichts von außen ist unrein

Das ist ein harter Vorwurf, zeigt aber die Freiheit Jesu, die er um des Menschen willen für sich in Anspruch nimmt. Schriftgelehrte und Pharisäer bemühten sich zur Zeit Jesu darum, die Reinheitsvorschriften, die für Priester und Leviten galten, für das ganze Volk verbindlich zu machen. Das war nicht Willkür, sondern entsprach der frommen Absicht, das ganze Volk solle sich seinem Gott gegenüber als heilig erweisen. Allerdings haben die Schriftkundigen sich wenig darum gekümmert, ob es denn der Alltag der kleinen Leute überhaupt zuließ, sich an die strengen Gebote und Gebräuche zu halten. Gott hat die Weisung des Lebens, das Zehn-Wort, an Mose gegeben, um allen ein gutes und menschliches Leben zu ermöglichen. Aber in der Geschichte wurden Normen und Weisungen oft so ausgelegt, dass sie menschliches Leben nicht nur nicht ermöglichten, sondern geradezu verhinderten. In der kirchlichen Geschichte der Auslegung des Evangeliums auf das alltägliche Leben ist das manchmal nicht anders! Das Gesetz wurde dem Mose gegeben, um allen im Volk ein menschliches Leben zu ermöglichen und zu sichern. Jesus hat sein Evangelium verkündet, um allen ein menschliches Leben im Angesicht Gottes zu ermöglichen und zu sichern. Das gute Leben, das menschliche Leben für alle – ist oberste Norm! Und an dieser obersten Norm haben sich alle anderen Regelungen auszurichten. Was darf man essen, wie soll man essen – das sind ziemlich nebensächliche Fragen, wenn der Mensch vom Hunger gequält ist oder sich um das Brot für heute sorgen muss. So kommt Jesus zu einem klaren Satz, der seinen kritischen Zeitgenossen in den Ohren klingeln musste: »Nichts, was von außen in den Menschen hineinkommt, kann ihn unrein machen, sondern was aus dem Menschen herauskommt, das macht ihn unrein.«

Mit reinem Herzen in der Gegenwart Gottes


Jesus zählt die Laster auf, die ihre Wurzel im Menschenherz haben. Böse Gedanken, böse Gefühle aus der Herzmitte ziehen böse Taten nach sich. Wenn man den Lasterkatalog liest oder hört, begegnet man einer eher pessimistischen Sicht auf den Menschen. Das Menschenherz kann durchaus ein Abgrund von Bosheiten sein. Aber ist das Menschenherz nicht auch der Quell des Guten und Schönen? Es war doch die Stärke des Propheten aus Nazaret, dass er das bedürftige und gute Menschenherz erkannt hat, wo alle anderen bereits ein schlimmes Urteil gefällt hatten! Und weil er das Gute im Menschen gesehen hat, konnte er es wachrufen und wirksam machen.

Sich Gott mit reinem Herzen zu nähern, ist keine Bedingung, die Jesus erhoben hat. Das Neue des Evangeliums besteht ja gerade darin, dass es bedingungslos jedem zugesprochen wird. Die Zuwendung Jesu galt nicht nur denen, die kultisch unrein waren, sondern gerade auch denen, die moralisch im Urteil der Menschen schon längstens durchgefallen waren. Seine Zuwendung hat die verworfenen Menschen zurückgeholt in die Gegenwart Gottes. Und sie sind in der Gegenwart Gottes zu neuen Menschen geworden.

Ich weiß nicht, ob es in uns Menschen ein Bedürfnis nach Reinheit gibt, das Bedürfnis nach einer lauteren Seele. Wer die Gegenwart Gottes sucht, der findet in sich aber das Bedürfnis wegzukommen von all dem, was nicht in Ordnung gewesen ist, was sich als Schuld oder Vorbehalt in der eigenen Seele festgesetzt hat. Wer die Gegenwart Gottes sucht, der kennt das Bedürfnis, unbefangen vor Gott zu stehen, vorbehaltlos das Herz zu öffnen, unvoreingenommen das Leben zu betrachten und mit größter innerer Freiheit die Welt, ihre Schönheit und ihr Elend, wahrzunehmen. Jesus ermuntert uns dazu, diesen Teil unserer Seele wahrzunehmen und stark zu machen.

Fürbitten


Wir rufen Christus, die Sonne der Gerechtigkeit, um sein Erbarmen an für unsere Welt und unsere Kirche:
(GL 481,1 »Sonne der Gerechtigkeit gehe auf«)

- Unbändig zieht es Menschen in die Freiheit und in ein menschenwürdiges Leben.
Darum bitten wir: Christus, sei mit allen, die das Leben suchen und darum aus ihrer Heimat flüchten; sei mit denen, die beharrlich ausharren und sich von Gewalt und Benachteiligung nicht einschüchtern lassen; sei mit denen, die sich verloren oder enttäuscht aufgegeben haben.
(GL 481,3 »Schaue die Zertrennung an«)
- Das Leid in unserer Welt ist unermesslich; viel davon ist von Menschen gemacht, erdacht und verursacht.
Darum beten wir: Christus, stärke die Einsicht der Menschen, auf dass sie Lebensmöglichkeiten teilen; fache den Willen zum Frieden an; gib Kraft zur Vergebung, damit Gewalt sich nicht weiter fortpflanzt; mach uns selbst sensibel für das, was durch uns an unbedachter Verletzung geschieht.
(GL 481,4 »Tu der Völker Türen auf«)
- Es ist Urlaubszeit. Nach einem beschwerlichen Jahr der Einschränkungen sind viele Zeitgenossen auf Reisen. Aber keiner weiß, ob die Pandemie bewältigt ist oder zurückkommen wird.
Darum beten wir: Christus, segne das Glück der Menschen, die unterwegs sind und sich über die Reisemöglichkeiten freuen; lass sie nicht vergessen, wie verletzlich das Leben aller ist; und mach sie dankbar für menschliche Begegnungen und neue Erfahrungen an ihren Urlaubsorten.
(GL 481,6 »Lass uns deine Herrlichkeit«)
- Kirche am toten Punkt ist das Schlagwort, mit dem die Situation der Kirche in unserem Land beschrieben wurde. Wir selbst sind Kirche und fragen nach der Zukunft.
Darum beten wir: Christus, lass uns in deiner Kirche das menschliche Maß des Evangeliums nicht verlieren; lass uns das Neue mit Hoffnung wagen und nicht nur notgedrungen schlucken; mach uns solidarisch mit den Menschen, die von Männern der Kirche missbraucht, ausgenutzt und am Leben gehindert wurden.
(GL 481,2 »Weck die tote Christenheit«)

Du, Christus, stehst über unserem Leben als Sonne der Gerechtigkeit, die leuchtet und heilt. Dich preisen wir, jetzt und in Ewigkeit. Amen.

Anton Seeberger

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