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der Zeitschrift
»Dienst am Wort«
Herausgeber
Leseprobe 1
Siebter Sonntag der Osterzeit
»Die Herrlichkeit Gottes ist der lebende Mensch«
Lesejahr A
Beitrag zum Evangelium

Einführung

Wir befinden uns auf der Zielgeraden. Nach dem Fest Christi Himmelfahrt bereiten wir uns auf das Hohe Pfingstfest vor. Die Erwartung und das Herabrufen des Heiligen Geistes erfüllt die Liturgie dieser Tage auf besondere Weise.
Eindringliches Bitten, lautes Rufen, inniges Gebet – all dies begegnet uns in den Lesungen des heutigen Ostersonntages. Wir werden mit hineingenommen in die Bitten der ersten Jüngerinnen und Jünger; wir werden Zeugen des Gebets Jesu, der wie in einem Vermächtnis uns mitnimmt in seine tiefe und liebevolle Beziehung zum Vater.
Bitten und Gebet um den Geist Gottes – sich öffnen für die Gegenwart des Herrn jetzt hier in unserer Mitte. So lasst uns rufen:

Kyrie-Ruf
Herr Jesus Christus, du bist wahrhaft von den Toten auferstanden.
Herr, erbarme dich.
Herr Jesus Christus, du nimmst uns hinein in deine Liebe zum Vater.
Christus, erbarme dich.
Herr Jesus Christus, du verheißt uns den Geist und das Leben in Fülle.
Herr, erbarme dich.

Tagesgebet

Gütiger Gott,
du willst unseren Glauben an dich immer wieder neu entzünden und mit deinem Geist erfüllen. Alles, was dem Tod und dem Untergang verfallen ist, berührst du mit deiner Liebe und führst es zum Leben.
Lass uns dir und deinem Wirken trauen, du treuer Gott, lass uns mehr und mehr ›österlich‹ beten, denken, reden und tun.
Darum bitten wir durch Jesus Christus.

Liedvorschläge

Gesang zur Eröffnung
GL 338 »Jerusalem, du neue Stadt«
Antwortgesang mit Ruf vor d em Evangelium
GL 324 »Vom Tode heut erstanden ist«
Gesang zur Gabenbereitung
GL 336 »Jesus lebt, mit ihm auch ich«
Gesang zur Kommunion
GL 339 »Ihr Christen, hoch erfreuet euch«
Dankhymnus/Schlusslied
GL 349 »Komm, o Tröster, Heilger Geist«

Vorüberlegungen


Zum Text: Joh 17,1–11a (Evangelium)

Das heutige Evangelium bildet den Anfang des dreiteiligen hohepriesterlichen Gebetes, mit dem Jesus seine Abschiedsreden schließt. Die johanneischen Schlüsselbegriffe von ›Verherrlichung‹ und ›Herrlichkeit‹ erreichen hier ihren Höhepunkt und es erschließt sich gleichsam das Herzstück der Sendung Jesu.

Zugleich eröffnet sich die innige Beziehung von Vater und Sohn und wir können erahnen, in welche Liebesbeziehung wir hineingezogen werden, wenn wir sein Wort annehmen, bewahren und zum Glauben an ihn gelangen.

Predigt

Zeuge eines Betenden

Waren Sie schon einmal Zeugen eines betenden Menschen? Natürlich haben wir uns schon gegenseitig beim Beten erlebt. Gerade eben noch hier in der Kirche, in diesem gemeinsamen Gottesdienst. Und deshalb sind wir ja auch zusammen: um gemeinsam zu beten, um uns gegenseitig mit ins Gebet zu nehmen, um füreinander unser Gebet zu erheben und uns im gegenseitigen Gebet zu stärken.

Aber ist es Ihnen schon einmal passiert, dass Sie vielleicht ganz unabsichtlich jemanden bei seinem ganz persönlichen Gebet erlebt oder gar beobachtet haben und hat Sie das beeindruckt?

Ich habe solche Erinnerungen und ich bewahre sie wie einen kleinen, kostbaren Schatz auf. Gut erinnere ich mich daran, dass ich in jungen Jahren einige Male in Taizé war. Taizé ist ein Ort, an dem viel gebetet wird. Es war damals für mich eine ganz tiefe Erfahrung über Stunden zu ›wachen und zu beten‹. Wunderbar, mit vielen jungen Menschen aus aller Herren Länder und in vielen verschiedenen und zum Teil ganz fremden Sprachen zu beten, zu lobpreisen, zu singen, zu schweigen! Neben den großen Gebetszeiten war es faszinierend, für sich ganz allein in die Stille und Einsamkeit zu gehen und zu erleben, dass andere das ebenso versuchten.

Eine andere Erinnerung, die auch schon Jahre zurückliegt, führt mich an einen Wallfahrtsort. Ich war dort für ein paar Tage zu Gast und zur Aushilfe. In dieser Zeit lernte ich den Rhythmus eines solchen Ortes kennen: Von der friedvollen Stille des frühen Morgens über den lebendigen und betriebsamen Verlauf des Tages mit allem Kommen und Gehen der Wallfahrer. Dazu feierliche Gottesdienste, Gesänge und Gebete, Prozessionen und viel Trubel. Und dann am Abend hält wieder die Stille Einzug und legt sich über alles und jeden.

In solch einer stillen Abendstunde traf ich auf eine Beterin, die sich noch vor dem Wallfahrtsbild aufhielt. Es war dunkel in der Kirche und nur die vielen Kerzen verbreiteten ihr warmes, flackerndes, lebendiges Licht. Von diesem Glanz war das Gesicht der alten Frau ganz erfüllt. Ihre Augen blickten auf das Bild der Gottesmutter und es war darin ein tiefes, warmes, friedvolles Glühen und Leuchten, das ich heute noch spüre. Ein ganz besonderer heiterer und herrlicher Glanz.

Ich war fasziniert und gleichzeitig war es mir auch etwas peinlich, diese fremde und unbekannte Frau in solch einem persönlichen, ja intimen Augenblick zu beobachten. Ich wurde Zeuge von etwas ganz Großem, das zugleich vollkommen einfach war. Ich spürte die vollkommene Stille, die angefüllt war von einem lebendigen Dialog und vertrautem Austausch. Es war, ja mir fällt kein anderes Wort ein: es war ein Augenblick großer Herrlichkeit, denn ich spürte, dass diese Frau ganz in der Gegenwart Gottes war. Ich war Zeuge eines betenden Menschen, Zeuge einer Beterin geworden.

Zeuge des Sohnes


Die Erinnerung daran ist noch ganz lebendig in mir und es gibt Momente, da sehne ich mich regelrecht danach zurück. Da würde ich gerne eintauchen in die Erinnerung und die Gefühle, die ich damals spürte. Es gibt Augenblicke, da wünsche ich mir von Herzen solch eine Intensität und Innigkeit von Gebet und geistlicher Erfahrung.

Beim Lesen und Hören des heutigen Evangeliums hatte ich jene Frau wieder vor mir, die damals in der Wallfahrtskirche betete. Die Verse aus dem Johannesevangelium sind dem sogenannten ›hohepriesterlichen Gebet‹ Jesu entnommen. Mit ihm beschließt er seine Abschiedsreden.

Wenn schon das Gebet eines ganz einfachen, eines normalen, gläubigen Menschen solch eine Wirkung haben kann, wie sehr wird das wohl erst für das Beten Jesu gelten?! In den Evangelien haben wir es ja so oft gehört, dass Jesus immer wieder das Gebet sucht. Oft zieht er sich in die Einsamkeit zurück, um ganz in den Dialog und Austausch mit dem Vater zu gehen. Und er kommt aus solch durchbeteten Zeiten voller Kraft zurück, um seine Sendung, seinen Auftrag fortzuführen. Im Johannesevangelium wird diese Sendung Jesu immer wieder mit einem Begriff verbunden, der für uns zunächst etwas ungewohnt klingen mag: Es geht um die Herrlichkeit und Verherrlichung.
So haben wir es auch vorhin wieder gehört: »Verherrliche deinen Sohn, damit der Sohn dich verherrlicht!« (Joh 17,1b) Was kann damit gemeint sein mit der Verherrlichung und Herrlichkeit?

Im Griechischen, der Sprache des Johannesevangeliums, meint Herrlichkeit »Doxa« eher den äußeren Glanz, die Schönheit, das Strahlen, das Ansehen.

Wir werden heute gleichsam Augen- und Ohrenzeugen des Gebetes Jesu an seinen Vater. Er erhebt seine Augen zum Himmel, spricht von seiner ›Stunde‹, die gekommen ist, und stellt sich in die Gegenwart Gottes. Dann beginnt er die Verherrlichung und Herrlichkeit zu beschreiben. Es geht in seinem Gebet um den Dank für das Handeln Gottes in der Welt. Zugleich bittet Jesus den Vater darum, sein Werk zu vollenden.

Das Handeln des Vaters ist, dass er sich durch seinen Sohn in der Welt sichtbar macht. »Wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen« (Joh 14,9b). Gott offenbart sich ganz in seinem Sohn. Er teilt sich dem Menschen vollkommen mit und zeigt in Jesus sein Innerstes. Gott, der ganz Geheimnisvolle und für den Menschen Unfassbare, kommt uns in Jesus, dem Christus, ganz nahe. »Niemand hat Gott je gesehen. Der Einzige, der Gott ist und am Herzen des Vaters ruht, er hat Kunde gebracht« (Joh 1,18), so kann Johannes sagen. Und alle, die Jesus hören und sehen und ihm Vertrauen, ja Glauben schenken, hören und sehen den Vater selbst.

Zeuge der Herrlichkeit Gottes

Diese große Welle und Bewegung der Selbstmitteilung Gottes und der Mittlerschaft Jesu Christi wird hörbar und sichtbar, wenn Jesus betet. Gott selbst strahlt in ihm auf. Seine Schönheit und Herrlichkeit wird sichtbar und lebendig, denn darum geht es Gott: Er will nicht vor uns strahlen, sondern er will uns quasi mit hineinnehmen in seinen Glanz, denn sein innerstes Wesen ist ja die Liebe selbst. Liebe, die sich verschenken will und die sich geben möchte.

Alle Worte und Taten Jesu dienen dazu, diese Liebe des Vaters zu bezeugen. Er will all das heilen, was der Liebe entgegensteht: Hass, Gewalt, Neid, Überheblichkeit, Angst, Gier, Sünde und Schuld. Ja, letztlich wird er selbst dem Tod die Macht nehmen. In dem Weg, den Jesus geht, leuchtet für uns die ›Herrlichkeit des Vaters‹ auf; handelt Gott in seiner vollkommenen Liebe selbst, geht er für uns Schritte der Befreiung und des Friedens durch alles, was das Leben einengt und bedroht.

Von Irenäus von Lyon, einem Theologen des zweiten Jahrhunderts, der in seiner Geisteswelt nicht weit entfernt ist vom Verfasser des Johannesevangeliums, stammt der vielzitierte Satz: »Die Herrlichkeit Gottes ist der lebende Mensch, das Leben des Menschen die Gottesschau.« (Irenäus von Lyon, Adversus Haereses IV. 20,7.) Jesus erklärt, was der ›lebende Mensch‹ bedeutet: »dass sie dich, den einzigen wahren Gott, erkennen und den du gesandt hast, Jesus Christus« (vgl. Joh 17,3b).

Noch einmal zurück zu der alten Beterin an jenem Abend in der Wallfahrtskirche. Es war für mich ein ausgesprochen beeindruckender Augenblick lebendigen Menschseins. Hier strahlte für mich etwas davon auf, was von Jesus auf vollkommene Weise ausgegangen sein muss: die glühende Liebe Gottes, die sich dem Menschen mitteilen will. Wenn wir von dieser Liebe berührt werden, bleibt das niemals folgenlos. Es strahlt aus – in welcher Weise auch immer. Und unser Leben wandelt sich und wird selbst zu einem Ort der Gegenwart und Begegnung Gottes, zu einer Erfahrung seiner Herrlichkeit.

Dass wir uns immer wieder dafür öffnen und dazu unseren Teil beitragen, dazu sind diese letzten Tage der österlichen Zeit vielleicht besonders geeignet, wenn wir darum bitten, beten und dafür danken, dass Gottes Geist selbst in uns ausgegossen werde.

Fürbitten
Gott, deine Herrlichkeit ist der lebendige Mensch. So kommen wir mit dem, was uns bewegt, zu dir und bitten dich:– Für alle, die im Wasser der Taufe deine Töchter und Söhne wurden. Lass sie in ihrem Leben die Spuren deiner Nähe und Gegenwart entdecken.
(Höre unser Rufen.)

- Für alle, die sich nach Frieden und Versöhnung sehnen, die darauf vertrauen, dass du alles Lebendige schützen kannst. Lass sie dein Wirken in der Welt erkennen.
- Für alle, die in der Politik den Menschen in unserem Land dienen. Lass sie mutig und selbstlos ihre Kräfte einsetzen.
- Für alle, die von Zweifeln geplagt sind, die an die Grenzen ihrer Kräfte stoßen, denen das Leben Wunden geschlagen hat. Lass sie Ermutigung und Trost finden.
- Für alle, die über die Schwelle des Todes gegangen sind. Führe sie in die Fülle deines Lebens.

Gott, du Liebhaber des Lebens. Du bleibst an unserer Seite und verlässt uns nicht. Dafür danken wir dir jetzt und in Ewigkeit.
Amen.

Christian Böckmann

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