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Die Inhalte
der Zeitschrift
»Dienst am Wort«
Herausgeber
Leseprobe 2
Vierter Sonntag der Osterzeit
Was uns zu Menschen macht
Lesejahr A
Beitrag zur Lesung

Einführung


In der Apostelgeschichte hören wir heute von den dreitausend ersten Menschen, die sich nach der Auferstehung Jesu zum Glauben an ihn bekehren ließen. Der Bibeltext benutzt dafür eine auffällige Formulierung: Sie wurden der Gemeinschaft der Apostel »hinzugefügt«. Glaube ist keine Privatsache. Er lebt von und in der Gemeinschaft mit anderen – mit den Menschen, die Christus als Kirche um seinen Tisch versammelt. Begrüßen wir ihn in unserer Mitte.

Predigt


Zum Text: Apg 2,14a.36–41 (1. Lesung)

Überwältigt von Schönheit

Im letzten August war ich an einem heißen Sommertag im Kölner Dom. Die Sonne strahlte durch die Buntglasfenster in die dunkle Kathedrale, sodass diese ihr ganzes Farbspiel und ihre Faszinationskraft entfalten konnten. Eine Weile blieb ich im Eingangsbereich stehen und drehte mich dann zu den großen Portalen um, durch die Trauben von Menschen hineinströmten; für viele von ihnen, mit Reiseführern und Handykameras bewaffnet, war es offensichtlich der erste Besuch im Dom. Ich nahm mir etwas Zeit, in ihre Gesichter zu schauen, und beobachtete immer wieder die gleiche Reaktion: Für einen atemlosen Moment lang verschlug es ihnen die Sprache. Die Schönheit hatte sie überwältigt – und dann fielen sie wieder in aufgeregte Unterhaltung und versuchten – meist wohl vergeblich –, das Spiel des Lichts und die Atmosphäre mit der Kamera einzufangen und digital zu verewigen.

Momente der Wahrheit

Es gibt Momente, die uns zutiefst berühren, die uns mit uns selbst und gleichzeitig mit allem anderen in Verbindung bringen. Momente, in denen wir unmittelbar wissen, worum es eigentlich geht, was uns wirklich wichtig und was echt ist in unserem Leben. Momente der Wahrheit, die niemals Fake sein können. Ein guter Indikator für solche Augenblicke sind Tränen. Es können Tränen der Trauer, des Mitleids oder der Freude sein: etwa bei der Geburt eines Kindes, bei Hochzeiten oder bei einer geglückten Rettungsaktion, die über den Fernsehschirm flimmert; dann aber eben auch die Tränen beim Verlust eines Familienmitglieds oder Freundes, beim hilflosen Anblick von Gewalt und Leiden oder von Gemeinheit und sinnloser Zerstörung. Wann haben Sie das letzte Mal spontan geweint? Und warum? Waren Sie traurig oder glücklich? Haben Sie sich damals geschämt, als Ihre Augen feucht wurden? Wenn ja, was würden Sie jetzt über sich denken, wenn Sie nicht geweint hätten? – »Tränen sind das, was uns zu Menschen macht« (Benjamin Stramke).

Der Geschmack der Hoffnung

Ob die Menschen, die Petrus am Pfingsttag in Jerusalem mit seinen Worten über die Auferstehung des Gekreuzigten »mitten ins Herz« traf, wohl auch Tränen in den Augen hatten? In seiner Rede zitiert Petrus den Propheten Joël: Dass an diesem Tag Gottes Geist den Jungen Visionen und den Alten Träume schenken wird (Joël 3,1). War es das, was passiert war? Dass ihnen das Leben plötzlich nach Hoffnung schmeckte – einer Hoffnung, die so unerwartet und überraschend wie überwältigend war? Und welche Hoffnung könnte denn größer sein als die eines Lebens, das »dem tod nicht mehr entgegenrast, daß der tod hinter einem sein kann, weil vor einem die liebe ist« (Dorothee Sölle)? Die Menschen in Jerusalem müssen die Auferstehungsbotschaft in einer Weise und Intensität gehört haben, die lebensverändernd wurde. Dreitausend von ihnen, so die Apostelgeschichte, ließen sich unmittelbar taufen und der Gemeinschaft der Christen hinzufügen. Es ist der Wunschtraum eines jeden Predigers!

Die Berufung der Kirche

Pfingsten ist der Geburtstag der Kirche. Nun scheint es in der Frage, was beim Thema Kirche ins Herz trifft, vielen momentan eher nach Weglaufen als nach Bleiben oder gar Hinzukommen zu Mute zu sein. Die Kirchenaustrittszahlen sind auf einem dramatisch hohen Niveau und müssen uns allen zu denken geben. Viel wird diskutiert über Reformen und Visionen für die Zukunft, nicht nur in Deutschland. So manche Themen stecken in Sackgassen, manövrierunfähig eingeklemmt zwischen dem Dissens darüber, was es zu bewahren und was es zu verändern gilt. Wehe uns, wenn wir dabei innerkirchlich in Kategorien von Gewinnern und Verlierern denken. Ein solches Denken wird uns alle verlieren lassen und uns weiter darin schwächen, wozu wir als Kirche berufen sind: die »Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute, besonders der Armen und Bedrängten aller Art« zu teilen und ihnen das »Licht des Evangeliums« zu bringen, wie es das Zweite Vatikanische Konzil formuliert hat (Konstitution Gaudium et Spes). Lassen Sie uns in dieser Zeit, in der wir auf Pfingsten zugehen, intensiv um kreative und mutige Lösungen beten, die uns in der Einheit stärken und die Freiheit schenken, einander und unsere Zeitgenossen in dem zu begleiten und beizustehen, was uns zu Menschen macht.

Fürbitten

Gott, unser Vater, im Vertrauen auf das neue Leben, das du uns durch den Tod und Auferstehung deines Sohnes geschenkt hast, bitten wir dich um deinen Geist:

- Für alle, die ihren Glauben engagiert leben; für alle, die momentan gemeinsam über Strukturen in der Kirche nachdenken, und für alle, die nach immer neuen Wegen suchen, das Evangelium zu bezeugen.
- Für alle, die Verantwortung und Macht in unserer Gesellschaft haben; für alle, die die Atmosphäre in Öffentlichkeit und Medien beeinflussen, und für alle, die sich für Mitmenschlichkeit und ein gerechtes Miteinander einsetzen.
- Für alle, die unter Krieg und Verfolgung leiden; für alle, die fliehen müssen und nach einer neuen Heimat suchen, und für alle, die auf so viele Weise Hilfe und Unterstützung leisten.
- Für alle, die von Krankheit niedergedrückt sind; für alle, die keine Hoffnung mehr sehen, und für alle, die in den Bereichen von Medizin und Pflege tätig sind.
- Für alle, die um einen geliebten Menschen trauern; für alle, die wissen, dass ihr Leben bald zu Ende geht, und für alle, die gestorben sind in der Hoffnung auf Vollendung bei dir.

Guter Gott, deine Verheißung gilt allen Menschen und umgreift alle Zeiten. So stärke und belebe uns auch heute durch deinen Geist. Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn. Amen.

Sabine Schratz

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