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Leseprobe 2
Vierter Adventssonntag
Andere Machtverhältnisse
Lesejahr C
Beitrag zur Lesung

Einführung


Vierter Adventssonntag. In welcher Stimmung gehen wir auf Weihnachten zu? Der Prophet Micha tröstet sein Volk mit der Verheißung des guten Hirten, der der Friede selbst ist. Es ist eine Alternative zu den Herrschaftsvorstellungen und Machthabern unserer Welt: der Hirte, der seine Stärke von Gott verliehen bekommt. Welcher Verheißung glauben wir? Erinnern und feiern wir jetzt miteinander die Hoffnung, die Gott uns geschenkt hat.

Predigt


Zum Text: Mi 5,1–4a (1. Lesung)

Das kleine Betlehem … das klingt weit weg, lange her. Nur an Weihnachten ist uns dieser Ort geläufig, weil wir es mit dem biblischen Geburtsort Jesu verbinden. Doch das war viel später, lange nach der Entstehungszeit des Textes. Worum geht es dem Propheten Micha in seiner Zeit, weshalb betont er so sehr das Kleine? Assur war damals die Großmacht schlechthin, Inbegriff aller Angreifer, dem so ein kleiner Stamm wie Betlehem-Efrata hoffnungslos ausgeliefert war. Betlehem und Assur, das ist wie ein kleines Dorf und eine große Weltmacht; wie eine Wellblechhütte und der Hurrikan; wie das Volk und der Diktator; wie ein Boot und das Meer; wie eine Bauernfamilie und der Großgrundbesitzer; wie das Kind in der Krippe und Herodes im Königspalast!

Ausgeliefert und ohne Hoffnung

Nein, Machtverhältnisse sind nie ausgeglichen. Mitten hinein in solch reales Ungleichgewicht spricht der Prophet eine Verheißung, die beim ersten Hören nicht unbedingt überzeugen mag. Wie haben ihn die Menschen verstanden, die um ihr Kleinsein, ihre Ohnmacht, ihr Ausgeliefertsein wussten? Die Angst hatten vor dem Krieg und vor der Eroberung durch die Machthaber? Angst um ihre Familien, um ihren kargen Besitz, um ihr Leben, ihren Glauben? Die genau wussten, dass nur noch ein Wunder sie retten könnte, und die jeden Tag ein Stück mehr die Hoffnung auf dieses Wunder aufgeben mussten? Was nützt da eine Verheißung auf einen, der kommen wird?

Ein anderes Herrscherbild: der Hirte

Micha verheißt ein anderes Herrscherbild als das Assurs, als das aller Mächtigen. Der Hirte, erfüllt mit Gottes Kraft, wird Frieden und Sicherheit bis an die Grenzen der Erde bringen. Der Hirte, allenfalls ausgerüstet mit einem Stock, Wind und Wetter ausgesetzt, manchmal wehrlos gegen die Wölfe, die seine Schafe reißen. Damit macht Micha deutlich, dass die Kraft der Menschen nicht immer ausreicht, um grenzenloser Gewalt- und Herrschaftssucht ein Ende zu setzen. Macht und Gegenmacht werden immer Kriege provozieren und Leben vernichten, weil es ihnen nicht um das Wohl des Volkes, sondern um die eigene Größe und Herrschaft geht. Hirte und Machthaber – das sind zwei ganz unterschiedliche Bilder der Herrschaftsausübung. Ein Hirte ist einer aus dem Volk, einer von den »Kleinen«, vielleicht mit einer eigenen Schafherde etwas wohlhabend. Ein Hirte ist stets unterwegs, auf der Suche nach einer guten, sicheren Weide für seine Herde. Er hat seine Herde im Blick, auch weil sie sein Überleben sichert, so wie er das Überleben der Herde zu sichern versucht. Das aber gelingt nur im gemeinsamen Tun und im Vertrauen, dass er das Gute, das Leben will. Es mag ideal klingen. Aber es gab eine lange Zeit in Israels Geschichte, wo das Bild des Hirten als Leitmotiv für die Herrscher galt und eine moralische Verpflichtung für die Art und Weise, wie sie ihre Herrschaft ausübten, beinhaltete. Nicht über die Köpfe hinweg, sondern gemeinsam unterwegs, vorausschauend und fürsorglich, beschützend und wegweisend, all das kennzeichnet einen guten Hirten.

Aus Gottes Kraft und im Namen Gottes

Der Prophet Micha beschreibt den kommenden Hirten als einen, der in Gottes Namen auftritt. Gott selbst ist seine Stärke, die über menschliche Herrschaftsbereiche weit hinausgeht. Es geht ihm nicht um Macht, sondern um Sicherheit, die Frieden bringt bis an die Grenzen der Erde. Damit stellt er die üblichen Vorstellungen mächtiger Herrscher ins Abseits, auch wenn sie momentan vielleicht stark wirken und viel Elend anrichten können. Auf Dauer hat ihre Herrschaft keinen Bestand. Vertrauen oder Widerstand ihnen gegenüber ist gleichermaßen sinnlos. So weist der Prophet sein Volk mit seiner Verheißung darauf hin, dass allein Gott der Mächtige ist, der sein Volk retten kann und Zukunft verheißt. Das zu glauben, ist in einer Ohnmachtssituation nicht leicht. Aber es ist die einzige Hoffnung, die gegen die Realität tragen kann, die aushalten lässt und einen vor der Selbstaufgabe bewahrt.

Die Verheißung wird erfüllt

Das Matthäus-Evangelium nimmt das Bild des Propheten Micha auf und wendet es auf den Messias an. Auch er passt nicht in das Muster der Machthaber: ein kleines, ohnmächtiges Kind, ein Wanderprediger, der bedingungslose Bereitschaft für Versöhnung und Friede einfordert, ein Gekreuzigter, den mächtigen Herrschern ohnmächtig ausgeliefert. Jesus war nicht bereit, die tödlichen Spiele der Könige und Kaiser mitzuspielen. Er ging den Weg, den die Ohnmacht in diesem Codex führt. Gott antwortete mit Jesu Auferweckung: eine unendliche Zusage für das Leben. Wenn Matthäus die Verse des Propheten Micha in sein Evangelium aufnimmt, dann erzählt er diese Hoffnungsgeschichte. Dann verkündet er, dass die Kleinen, die Armen, die Bedrohten eine Zukunft haben, die aus Gott kommt.

Die Frage lautet: Welcher Macht vertrauen wir?


Welches Herrschaftsbild haben wir? Was setzen wir all den grausamen Diktatoren, die jedes Maß an Menschlichkeit verloren haben, entgegen? Fühlen wir uns heute nicht genauso ohnmächtig wie der kleine Stamm Betlehem-Efrata?

Machtverhältnisse sind nie ausgeglichen – das wissen wir heute genauso wie damals. Wir müssen mit ansehen, dass es immer schwieriger wird, eine Verständigung zu erreichen, die Gerechtigkeit und Frieden schaffen kann: für Große und Kleine, Mächtige und Ohnmächtige, Reiche und Arme, Besitzende und Bedürftige, für alle Menschen. Wie oft müssen wir ohnmächtig zusehen, wie Städte von den eigenen Herrschern ausgelöscht werden, Menschen getötet, zur Flucht gezwungen, aus ihrem Zuhause vertrieben werden. Wie oft wissen wir von dem aussichtlosen Kampf gegen Ungerechtigkeit und sind ratlos. Welche Hoffnung, welche Verheißung verkünden wir in diese Welt hinein?

Der Advent ist die Zeit, in der wir unseren Glauben erzählen, in der wir unsere Bilder von einer Welt, in der Friede und Gerechtigkeit herrschen, zeigen und leben. Der Prophet Micha hat den Menschen mit seiner Verheißung Mut für die Zukunft gemacht. Erzählen wir vom Reich Gottes, in dem alle Menschen Hoffnung erfahren können.

Fürbitten
Treuer Gott, manchmal verzweifeln wir angesichts des Unrechts, der Ohnmacht und wissen ihr kaum etwas entgegenzustellen. So tragen wir unsere Not vor dich. Höre unsere Bitten:

- Wir beten für die Kirche: dass sie durch ihr Vorbild Impulse setzt, wie Herrschaft zum Wohle aller ausgeübt werden kann.
– Wir beten für die Regierenden: dass sie stets um ihre Verantwortungwissen, Frieden und Gerechtigkeit für alle Menschen zu schaffen.
- Wir beten für die Völker der Erde: dass sie Vorurteile und Feindschaft untereinander beenden und Schritte der Versöhnung einschlagen.
- Wir beten für die Ohnmächtigen und Unterdrückten: dass ihnen Hoffnung und Zuversicht in Wort und Tat zuteilwird.

Gott, guter Hirte, mit deiner Hilfe und mit deiner Kraft können wir der Zukunft vertrauen und glauben, dass es gut für alle Menschen wird. Dafür danken wir dir durch Jesus Christus, deinen Sohn, unseren Bruder, in der Einheit des Heiligen Geistes. Amen.

Barbara Janz-Spaeth

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