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»Dienst am Wort«
Herausgeber
Leseprobe 3
27. Sonntag im Jahreskreis
Gott – Quelle und Grund unserer Liebesbeziehungen
Lesejahr B
Beitrag zum Evangelium

Einführung

»Du bist mein Atem, wenn ich zu dir bete«: Jeder Atemzug kann uns an Gottes Gegenwart erinnern.
Wir sind von Gott beatmet vom Tag unserer Geburt an bis zum Tod, wenn wir unser irdisches Leben aushauchen. Heute hören wir in der Lesung aus dem Buch Genesis, wie Gott den Menschen schuf – als Mann und Frau schuf er uns, als Beziehungswesen. Fühlen wir uns mit Gott verbunden? Er ist ein Gott der Beziehung und überquellenden Barmherzigkeit. Seine Barmherzigkeit rufen wir an.

Kyrie-Ruf
Gott, du bist da. Deine Gegenwart umhüllt und durchdringt uns wie die Luft, die wir atmen:
Herr, erbarme dich unser.
Nimmst du uns den Atem, sterben wir:
Christus, erbarme dich unser.
Gib, dass wir dir und deiner Barmherzigkeit vertrauen:
Herr, erbarme dich unser.

Tagesgebet
Liebender, uns zugewandter, mit uns verbundener Gott.
Wir schauen auf dich und erfahren dich: in der Luft, die wir atmen, in der Sonne, die uns wärmt, im Wasser, das wir trinken, und in den Speisen, die wir essen. Wir erfahren dich in allem, was lebt, in allen deinen Geschöpfen, ganz besonders in den Menschen, mit denen wir verbunden sind.
Dafür danken wir und loben dich, du Schöpfer und Herr aller Welten – heute und jetzt und jeden Tag neu bis in Ewigkeit. Amen.

Liedvorschläge
Gesang zur Eröffnung
GL 422,1–3 »Ich steh vor dir mit leeren Händen, Herr«
Antwortgesang mit Ruf vor dem Evangelium
GL 382,1–3 »Ein Danklied sei dem Herrn« und GL 174/3 »Halleluja«
Gesang zur Gabenbereitung
GL 365 »Meine Hoffnung und meine Stärke« oder
GL 378 »Brot, das die Hoffnung nährt«
Gesang zur Kommunion
GL 210 »Das Weizenkorn muss sterben« oder
GL 870,1–8 (Diözesanteil Freiburg und Rottenburg-Stuttgart) »Lob sei dem Herrn, Ruhm seinem Namen«
Dankhymnus/Schlusslied
GL 392,4–5 »Lobe den Herren«

Vorüberlegungen

Zum Text: Mk 10,2–16 (Evangelium)

Das Evangelium zeigt uns den Gegensatz von Gesetz und Schöpfungsordnung auf. Im Gesetz geht es um menschliche Regeln und irdische Gerechtigkeit, in der Schöpfungsordnung geht es um mehr: um Liebe, Beziehung und Verbundenheit. An die Fangfrage der Pharisäer schließt sich die ernsthafte Suche der Jünger an. Hier wird deutlich, dass es um mehr als Ehefragen geht. Es geht darum, wie wir Menschen liebesfähig werden, wie wir zu Kindern von Gottes Reich heranreifen können in Liebe und Verbundenheit.

Beziehung und Verbundenheit sind wichtige Begriffe zum Verständnis des Evangeliums. Wir erfahren heute – durch Klimawandel und Umweltzerstörung – deutlicher denn je, wie sehr alles mit allem verbunden ist. Jede Nation oder Religion, die sich abzusondern sucht (in der Absonderung steckt die Sünde), trägt zur wachsenden Zerstörung bei. Aus einem »Eheproblem« (ob Scheidung erlaubt ist oder nicht) wird so eine grundsätzliche Frage: Können wir uns die Trennungen weiter erlauben – Trennungen zwischen Mann und Frau, arm und reich, mächtig und ohnmächtig? Jesus will seine Jünger und auch die Pharisäer zu Liebe, Treue und Verbundenheit führen, indem er ihnen die Kinder vor Augen führt. Wir alle sind von Anfang an als aufeinander angewiesene Wesen miteinander verbunden. Leben wir diese Verbundenheit und »bleiben wir in Verbindung«.

Predigt

Nicht Gesetz, sondern Schöpfungsordnung

Pharisäer wollen Jesus eine Falle stellen und konfrontieren ihn mit dem Gesetz: »Mose hat erlaubt, eine Scheidungsurkunde auszustellen und die Frau aus der Ehe zu entlassen.« Erweist sich Jesus gütiger oder strenger als Mose? Lässt er den Entlassungsbrief der Scheidung zu?

Jesus ist ganz und gar eindeutig: »Von Uranfang der Schöpfung her hat Gott die Menschen männlich und weiblich gemacht. Deswegen wird der Mann seinen Vater und die Mutter verlassen und an seiner Frau haften. Und es werden die zwei zu einem Menschen. … Was nun Gott zusammengespannt hat, das darf der Mensch nicht trennen« (Mk 10,7–9)

Jesus antwortet mit der Schöpfungsordnung aus dem Buch Genesis. Er geht der Frage der Pharisäer nicht auf den Leim, sondern er geht ihr auf den Grund: Wie ist die Schöpfung angelegt? Gott ist Beziehung und als solcher kann er nur in Beziehung erfahren werden.

Wir werden durch und in Beziehung Gott ebenbildlich

Wir Menschen sind Gott ebenbildlich, wenn wir Verbundenheit, wenn wir Beziehung leben. Das ist die Botschaft Jesu. Er zeigt auf, dass solche Verbundenheit besonders erfahrbar ist in Liebesbeziehungen – wie der zwischen Mann und Frau. Im »Bund der Ehe«, wie wir ja auch sagen.

Was uns in einer Liebesbeziehung zueinander zieht und aneinander bindet, hat – nach dem Schöpfungsbericht – mit Gottes Willen und mit seiner Kraft zu tun. Gott selbst ist Initiator unserer Liebesbeziehungen, ist ihre Quelle und ihr Grund. Wenn wir uns von einem Menschen in Liebe angezogen fühlen und diese Liebe erwidern, ist Gott am Werk. Und nicht nur das: Wir werden durch und in unseren Beziehungen – zu Menschen, Tieren, Pflanzen, zur gesamten Schöpfung – Gott ebenbildlich.

Beziehung und Treue

Weil das so ist, weil Gott Beziehung ist und wir in der Beziehung ihm ebenbildlich sind, darum hält Jesus an der Treue der Eheleute fest. Sie ist – wenn um sie gerungen und wenn sie gelebt wird – Abbild von Gottes Treue. Dass uns Treue und lebenslange Beziehungen oft nicht gelingen, wissen wir. Dennoch ist Treue für viele Menschen ein bedeutender Wert – auch wenn sie versagen. Das zeigt sich u. a. darin, dass Trennungen und Scheidungen – obschon sie heute häufig stattfinden – für die meisten Menschen äußerst schmerzhaft sind und einen tiefen Einschnitt in ihrem Leben bedeuten.

Wie kann EINER Beziehung sein?


Gott ist Beziehung – das mag zunächst etwas merkwürdig klingen. Wie kann EINER Beziehung sein? Beim Franziskaner Richard Rohr finden sich dazu erhellende Sätze. Er schreibt: »Jesus ist nicht per se gleichzusetzen mit Gott, denn Gott ist für uns die Dreieinigkeit. Viel besser und korrekter wäre es zu sagen, dass Jesus die Vereinigung zwischen Gott und der Menschheit ist. Das ist ein Drittes, an dem teilzuhaben wir tatsächlich eingeladen sind. … Jesus hat sich selbst nie als unabhängiges ›Ich‹ gesehen oder so gewirkt, sondern immer als ›Du‹ in Beziehung zu seinem Vater und dem Heiligen Geist, das sagt er auf hundert verschiedene Weisen. … Gott ist eher ein Verb als ein Substantiv. Gott ist Liebe, das bedeutet Beziehung (1 Joh 4,7–8).« (Vgl.: Richard Rohr, Werde, wer Du wirklich bist, 5. Kapitel: Das bist Du. Freiburg i. Br. 2005.)

Was Richard Rohr meint, ist das, was Jesus den Pharisäern und seinen Jüngern im Evangelium vermitteln möchte: Wenn ihr liebt, dann lebt ihr aus euch heraus, lebt in Beziehung, seid verbunden. Ihr seid dann nicht mehr ein unabhängiges »Ich«, sondern ihr seid all das, was die anderen mit euch sind: eine Gemeinschaft, ein Verbund. So ein Verbund ist aneinander gebunden, ist vernetzt, verstrickt, zusammengeschweißt. Er lässt sich nicht ohne weiteres auflösen. Niemand kann aus diesem Verbund einfach so ausgestoßen oder entlassen werden. Ihr gehört zusammen bis zum Tod – in guten wie in schweren Zeiten.

Jesus ist verkörpertes Lieben


»Gott ist eher ein Verb als ein Substantiv«, sagt Richard Rohr. Jesus ist Bindeglied zwischen uns Menschen und Gott, er ist gelebte Beziehung oder anders gesagt: das verkörperte Lieben. Im Lieben erfahren wir Gott. Das Lieben hat Jesus uns vorgelebt. Lieben ist identisch mit Jesus. Wenn wir lieben, ist Jesus da. Wo zwei oder drei oder mehrere … Gemeinschaft bilden, ist Jesus mitten unter ihnen.

Kinder als Vorbild

Wenn wir das auf die gesamte Menschheit übertragen, sehen wir heute so deutlich wie selten zuvor, dass das nicht nur für den Bund der Ehe, für eine Familie oder für jahrelange Freundschaften gilt, sondern global für die gesamte Menschheit und Schöpfung. Wir sind alle untereinander verbunden – alles, was lebt – und aufeinander angewiesen. Wie Kinder, die auf Erwachsene angewiesen sind, weil sie ohne Gemeinschaft nicht lebensfähig sind, so sind wir alle aufeinander angewiesen. Niemand kann ohne diese Verbindung, ohne Liebe leben. Keiner ist als Ego lebensfähig – sondern nur in der Haltung des »bedürftigen« Kindes: »Menschen wie ihnen gehört das Reich Gottes« (Mk 10,16).

»Gell, wir bleiben in Verbindung«

Meine – inzwischen verstorbene – Mutter hat bei fast jedem Abschied gesagt: »Gell, wir bleiben in Verbindung.« Heute verstehe ich tiefer, was sie damit gemeint haben könnte: In der Verbindung, in der Beziehung, in der Liebe kann uns der Abschied nicht wirklich etwas anhaben. Er trennt unsere Verbindung nicht – nicht hier und heute und selbst nicht im Tod.

Fürbitten
Gott – du bist da. Immer neu suchst du uns und lässt dich von uns finden. Wir rufen zu dir:

- Da du Gemeinschaft bist, Heiliger Gott, stifte Gemeinschaft.
(GL 632/1 »Erhöre uns, Herr«)
- Da du Beziehung bist, Heiliger Gott, knüpfe Beziehungen.
- Da du Einheit bist, Heiliger Gott, führe zusammen.
- Da du Vielfalt bist, Heiliger Gott, befreie zur Vielfalt.

Darum bitten wir dich, Gott, Vater und Mutter, durch den Sohn im Heiligen Geist. Amen.

Susanne Dörr

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