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»Dienst am Wort«
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Leseprobe 1
Zweiter Fastensonntag
Lesejahr C
Abstand nehmen – den Blick aufs Ganze haben

Beitrag zum Evangelium

Einführung

Die politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Vorgänge in unserer nahen und fernen Welt, die uns tagtäglich in den Medien aufgezeigt werden, erscheinen immer wieder so kompliziert, schwierig und verworren, dass man sich fragen kann: Wer blickt da eigentlich noch durch? Wer hat eine Antwort auf die aufgeworfenen Fragen zur zukünftigen Entwicklung der Menschheit? Und im Blick auf das eigene persönliche Leben: Wie kann und soll es weitergehen angesichts der Erschütterungen, die Krankheit, Ängste, Sterben in mir ausgelöst haben? Woher kommt Hilfe, Rat, Trost und Hoffnung? Wie finde ich zum Sinn meines Lebens? Was verschafft mir Klarheit und Eindeutigkeit in den Vieldeutigkeiten und Unsicherheiten unserer Tage?
Auch am heutigen zweiten Fastensonntag bietet die Geschichte von der Verklärung Jesu auf dem Berg Tabor keine einfache Antwort. Aber sie spricht eine Empfehlung aus, die als Deutungshilfe etwas mehr Klarheit in unser Leben bringen kann und die zunächst ganz einfach klingt: Auf ihn, Jesus Christus sollen, können und dürfen wir hören. Er, der Gottessohn und Menschenbruder ermöglicht uns einen neuen Blick, der Sinn stiften will.
Ihn rufen wir in unsere Mitte und um Erbarmen:

Kyrie-Ruf
Herr Jesus Christus, in der Unruhe und Unsicherheit unserer Tage sprichst du uns zu: Ich bin der Weg.
Herr, erbarme dich.
Herr Jesus Christus, in den Ängsten und Zweifeln angesichts der wachsenden Not und dem Elend so vieler Menschen weltweit rufst du uns zu:
Ich bin das Licht.
Christus, erbarme dich.
Herr Jesus Christus, im Dunkel und in der Zerrissenheit, in der viele Menschen leben, hören wir dein Wort: Ich bin bei dir.
Herr, erbarme dich.

Tagesgebet
Gott,
dein Wort erging am Beginn der ganzen Schöpfung. Du sprachst, und Welt und Mensch kamen ins Leben. Und es war gut so. Dein Wort bleibt lebendig. Es ist hörbar, sichtbar, greifbar geworden in deinem Sohn, unserem Herrn und Bruder Jesus Christus.
Öffne uns und unsere Herzen durch diese Feier, zu der wir uns versammelt haben, damit wir dieses Wort hören und verstehen, es in uns bewahren und durch Taten der Liebe bezeugen.
Darum bitten wir durch Christus unseren Bruder und Herrn.

Liedvorschläge

Gesang zur Eröffnung
GL 414 »Herr, unser Herr, wie bist du zugegen«
Antwortgesang mit Ruf vor dem Evangelium
GL 448 »Herr, gib uns Mut zum Hören« und
GL 176/5 »Lob dir, Christus«
Gesang zur Gabenbereitung
GL 363 »Herr, nimm auch uns zum Tabor mit«
Gesang zur Kommunion
GL 365 »Meine Hoffnung und meine Freude«
Dankhymnus/Schlusslied
Gl 361,1–3 »Mein schönste Zier«

Vorüberlegungen


Zum Text: Lk 9,28b–36 (Evangelium)

»Dem Leben christliche Gestalt geben. Das Leben im Licht des Evangeliums sehen und gestalten – und dadurch Profil gewinnen.« Unter diesem Thema steht unsere Predigtreihe für die fünf Fastensonntage.

Oder anders gesagt: Klarheit gewinnen über sich und das eigene Leben, über Gott und Welt, über das Woher und Wohin, das Warum und Wozu. Klärung finden in allen Unklarheiten in den kleinen und großen Zusammenhängen des persönlichen und gesellschaftlichen Lebens. Eindeutige Erklärungen suchen, wo vieles so zweideutig und vieldeutig daherkommt. Antworten finden angesichts der Fragen unserer Tage im persönlichen Umfeld, in den gesellschaftlichen und politischen Brüchen und Umbrüchen.

Das 9. Kapitel des Lukas-Evangeliums spricht zweimal von der Ankündigung des Leidens Jesu und einmal von seinem Ende. Es spricht von der Not und dem Hunger der Menschen, von Krankheit und Besessenheit. Es berichtet von den Fragen und Zweifeln, die Menschen bedrängen beim Auftreten Jesu und den Anforderungen, die er an seine Jünger stellt bis hin zur Selbstverleugnung. Und mitten drin in dem, was nach Lukas zur Nachfolge und zur Glaubensgeschichte gehört, stellt er die Erzählung von der Verklärung Jesu.

Für die einen Exegeten (wie z. B. Paul Gerhard Müller) ist es eine (Nach-)Ostergeschichte, die die Auferstehung vorwegnimmt. Für andere (wie z. B. K. H. Rengstdorf ) ist diese Erzählung gerade nicht mit einer Auferstehungserscheinung zu verwechseln, sondern hat ihren eigenständigen Sitz im Leben auf dem Weg zum Glauben an Jesus als den bevollmächtigten Sohn Gottes. Mögen sich die Exegeten darüber streiten, in einem sind sie sich einig: Die zentrale Bedeutung der Offenbarung Gottes in seinem auserwählten Sohn soll aufgezeigt und gedeutet werden. Er ist die Erfüllung des Gesetzes (dargestellt durch Moses) und aller Propheten (Elija – der ja auch in den Himmel aufgefahren ist). Deshalb sagt die Stimme aus der Wolke: »Auf ihn sollt ihr hören.«

Die zweite Station unseres Verkündigungsweges in dieser österlichen Bußzeit will unter der Überschrift »Abstand nehmen – den Blick aus Ganze haben« einladen, mit Jesus auf den Berg zu gehen, einzutreten in den Raum Gottes, der sich dort im Gebet eröffnet, auf ihn zu hören und so diese Geschichte zur eigenen Geschichte zu machen, um dadurch den Blick frei zu bekommen für das Ganze, für den Sinn des Lebens.

Predigt

Etwas ist unmöglich, sagen wir, wenn etwas unsere Vorstellungen und Erfahrungen sprengt: ein unmögliches Verhalten, ein unmögliches Vorkommnis, eine unmögliche Tat.

Etwas ist unmöglich, nicht zu fassen und nicht zu begreifen, sagen wir, wenn wir mit unseren Fähigkeiten und Möglichkeiten an Grenzen kommen oder am Ende sind und nicht mehr weiterkommen – im Beruf, bei der Erziehung der Kinder.

Jemand ist unmöglich, sagen wir, wenn wir in einen Streit und Konflikt mit jemandem geraten sind, ihn nicht mehr verstehen und eine Trennung ansteht.

Es ist unmöglich und sprengt alles bisher Dagewesene, sagen wir, wenn wir nicht mehr weiter wissen, keinen Ausweg und keinen Sinn mehr sehen, weil uns so vieles über den Kopf gewachsen ist.

Es ist unmöglich, sagen wir, ich kann nicht mehr glauben, wenn Gott das alles zulässt.

Das heutige Evangelium …

von der Veränderung Jesu auf dem Berg, die Theologen sagen von seiner Verklärung, spricht aus, was schon die Gemeinde des Lukas und vorher schon seine Jünger immer wieder zweifeln ließ, was ihnen unmöglich erschien: Er soll der erwartete Messias, der Retter und Erlöser sein?

Aber gerade das und der, der in einem göttlichen Lichtglanz vor ihnen auf dem Berg Tabor steht, wird bestätigt: Ja, er ist es. Das bisher Gehörte und Gesagte war nur vorläufig und diejenigen, die es sagten, waren nur die Vorläufer: das Gesetz des Moses, die Worte der Propheten wie Elija. Der vor euch steht, das ist mein geliebter Sohn. Er ist die Interpretation, die Deutung und Auslegung dessen, wer Gott ist und was er den Menschen sein will: der Gott-mit-uns. In seinem Handeln und Reden wird klargelegt und eindeutig gezeigt, dass Gott der Gott ist, der einen Namen hat und sich am Berg Sinai dem Moses vorstellte als der Ich-bin-da und von dem alle Propheten sagten, er sei das Licht und das Heil der Völker, der Messias.

Was menschenunmöglich schien –

in diesem Jesus von Nazaret wird klar, dass es möglich, nicht menschen-, aber gott-möglich ist, weil er der bevollmächtigte Sohn Gottes ist, der Gott und Mensch verbindet und versöhnt.

Über diese Auf-Klärung erschrecken die Jünger und sie bekommen Angst. Es stimmt also doch: Er sagt die Wahrheit und die Wahrheit leuchtet in ihm auf. Er ist der Weg und dieser führt nicht in die Irre und in die Sackgasse, sondern ins Leben.

Und dabei hatten sie doch unten in den Städten und Dörfern, in den Häusern und auf den Marktplätzen erlebt:
- wie unmöglich er ist, Gesetze und Vorschriften zu übertreten, wenn es um den Menschen und sein Heil geht - und das selbst am Sabbat;
- wie unmöglich er ist, dass er sich mit Ausgestoßenen, Sündern und Verstoßenen solidarisiert, indem er ihre Wunden berührt und die Ursachen dafür benennt;
- wie unmöglich sein Verhalten ist, im Namen Gottes Schuldiggewordenen zu verzeihen und sie in die Gemeinschaft der Lebenden zurückzuholen;
- unmöglich, wie er immer aufs Neue die Würde und Einmaligkeit des Menschen betonte, indem er Frauen, Geschiedene, Kinder und Fremde in den Mittelpunkt seiner und der anderen Aufmerksamkeit stellt.

»Das ist mein geliebter Sohn« –

Wie schon bei der Taufe am Jordan kommt diese Stimme und Ansage von dorther, wo dieser Jesus herkommt: vom Himmel, aus dem göttlichen Lebensraum und Ursprung. Und auch jetzt ist diese Verbindung hergestellt. Jesus taucht im Gebet dort ein, woher er seinen Auftrag und seine Sendung erhielt – in die lebendige Verbindung Gottes, in die er sich auf dem Berg, dem in allen Religionen besonders bevorzugten Ort der Gottesnähe,versenkte und sich so für seine Sendung zu den Menschen immer neu bestärken ließ.

Was die Jünger auf dem Weg mit Jesus erlebt hatten, was sie zweifeln ließ, weil es doch einfach nicht wahr sein konnte, erfahren sie jetzt: In Jesus verwandeln sich die Fragen in Antworten, leuchtet in allem Dunkel ein Licht auf, wird in allem Durcheinander klar: Der Himmel ist offenüber ihnen, Welt und Mensch sind nicht gott-los, weil Gott sich in einem Menschen, in seinem Sohn, dem Menschen versprochen hat: Ich bin dein Gott.

Immer wieder wollten sich die Jünger auf und davon machen, hatten Angst und Sorge, dass sie sich einem Lügenpropheten angeschlossen hatten. Ihre Fragen waren übermächtig: Aber wohin sollen wir dann gehen? Was ist der Sinn und die Wahrheit unseres Lebens?

Wir können anknüpfen mit unseren Fragen und Nöten:

Was verschafft mir Klarheit und Eindeutigkeit angesichts meiner Zweifel am Leben, an der Liebe, an Gott? Wo sehe ich Licht am Ende des Tunnels, in dem ich feststecke und nicht mehr aus eigener Kraft herauskomme? Wo eröffnet sich mir ein neuer Ausblick und ein Überblick, wo die tägliche Beanspruchung mich gefesselt und gelähmt hat?

Das Evangelium, die befreiende Botschaft von der Verklärung Jesu, …

ist wie eine Weg-Geschichte in dieser österlichen Bußzeit und lädt ein, ihrer Spur zu folgen:

- Wie im Aufstieg Jesu mit seinen Jüngern auf den Berg, in die Stille für eine Zeit aussteigen aus den Anforderungen und Überforderungen des alltäglichen Lebens und sich eine Zeit gönnen und organisieren, in der wir Abstand nehmen von dem, was uns gefangen nimmt, um wieder deutlicher zu sehen, wovon und wofür wir leben, was unser Leben reich macht und was unsere Hoffnung stärken und beleben kann.

- Wie bei Jesus in seinem Gebet kann sich uns ein Raum eröffnen, der uns mit Gott in Berührung bringt und uns verwandelt: dass wir wieder klarer erkennen, was es um unser Leben ist; wem wir unser Leben verdanken; wie wertvoll unser Leben ist und was uns trägt und hält. Der Raum Gottes, der sich auftut, hat auch Platz für unsere Klagen und unsere Not, für unsere Zweifel und unseren Streit mit Gott, den wir nicht verstehen und dem wir gerade nicht glauben können.

- Wie in der Anrede Gottes an die Jünger: »Auf ihn sollte ihr hören«, können uns die Lebensweise und die Lebenspraxis Jesu neu zur Orientierung werden. Die Liebe zu Gott, den Menschen und uns selber kann neu ausgerichtet werden und ins Lot kommen, sodass wir wieder verstehen, was es heißt, Gott und den Nächsten zu lieben wie sich selbst.

Als die Jünger wieder unten im Alltag waren …


erzählten sie zunächst niemand davon, was sie gehört und erlebt hatten.Sie mussten erst verstehen und begreifen, dass auch sie sich verwandelt hatten. »Auf ihn sollen wir hören«, er hat Worte des Lebens, er ist Brot, das die Hoffnung stärkt. Sie kehrten anders zurück als wie sie auf den Berg hinaufgestiegen waren, wo sie vor lauter Last und Müdigkeit nur noch eines konnten: einschlafen, um alles zu vergessen, was sie umtrieb und beschäftigte. Sie hatten es gehört und mussten doch erst darin gefestigt werden: Ja, es ist wahr, in Jesus wird das Unmögliche wahr. Das, was so unvorstellbar und unwahrscheinlich klingt, ist die Wahrheit über unser Leben: Auch wir sind Töchter und Söhne Gottes. Und er will, dass wir leben. An dieses eigentlich Unmögliche glauben und hoffen, dass es möglich wird, und mithelfen, dass diese Hoffnung begründet ist – das ist der Zuspruch des heutigen Sonntags.

Übungen und Anregungen für die zweite Fastenwoche


Schaffen Sie sich in dieser Woche einen Ort, der für Sie wie der Berg Tabor Ort der Stille sein kann.

Organisieren und gönnen Sie sich täglich einige Minuten der Besinnung und des Gebetes, um Ihr Leben vor Gott zu bringen. Lesen Sie Lukas 9,28b–36 und fragen Sie sich:

- Was ist mir derzeitig wichtig?
- Was hält mich gefangen und gefesselt?
- Was gibt mir Kraft und Hoffnung?
- Wodurch finde ich Halt und Ruhe?

Das folgende Lied kann Sie begleiten (Gotteslob Nr. 448):

Herr, gib uns Mut zum Hören auf das, was du uns sagst.
Wir danken dir, dass du es mit uns wagst.
Herr, gib uns Mut zur Stille, zum Schweigen und zum Ruhn.
Wir danken dir, du willst uns Gutes tun.
Herr, gib uns Mut zum Glauben an dich, den einen Herrn.
Wir danken dir; denn du bist uns nicht fern.
Herr, gib uns Mut... singen und beten Sie weiter.

Fürbitten
Gott des Lebens und des Friedens, Gott unserer Welt und Gott unseres Lebens. In den Anliegen, Sorgen und Nöten unserer Tage kommen wir zu dir mit unseren Bitten:

- Angst prägt das Klima unserer Tage angesichts der vielen Menschen, die bei uns Aufnahme und Zuflucht suchen, und angesichts von Terror, Krieg und Gewalt. Dein Leben spendender Geist wecke Vertrauen und Zuversicht und bestärke ein geschwisterliches Miteinander.
- Misstrauen und Verschwörungstheorien vergiften das Miteinander und Zusammenleben von Gruppen und Nationen. Dein Geist der Gerechtigkeit schenke Befreiung von Gedanken und Haltungen der Vergeltung und Rache durch Menschen, die Versöhnung stiften.
- Depressionen und Verzweiflung halten viele Menschen gefangen und gefesselt, sie haben den Mut zum Leben verloren. Dein Geist des Rates erhelle ihr Leben durch Menschen, die ihnen Verständnis und Nähe schenken.
- Erschöpfung und Resignation lassen viele Menschen an sich und am Sinn ihres Lebens zweifeln. Dein Geist des Lebens schenke ihnen neues Selbstvertrauen und lebendige Hoffnung durch Menschen, die ihnen vertrauensvolle Wegbegleiterinnen und Wegbegleiter sind.
- Unruhe und Hektik durch berufliche und familiäre Beanspruchungen machen Menschen rastlos und krank. Dein schöpferischer Geist der Zuversicht zeige den Verantwortlichen in Wirtschaft und Politik Wege, wie die Anforderungen in Beruf und Familie gut miteinander vereinbart werden können.

Lebendiger Gott, im Hören auf dein Wort, das unter uns lebendig ist in deinem Sohn Jesus Christus, schenkst du uns neue Hoffnung und Wegweisung für unser Leben. Dir sei Ehre. Lob und Dank heute und alle Tage bis in Ewigkeit. Amen.

Wolfgang Tripp

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