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Die Inhalte
der Zeitschrift
»Dienst am Wort«
Herausgeber
Leseprobe 2
Vierter Adventssonntag
Die Welt hält den Atem an
Lesejahr B
Beitrag zum Evangelium

Einführung

Advent heißt: auf das Außergewöhnliche in meinem Alltag gefasst sein. In einem Adventskalender war das eines Tages so beschrieben: »Ein ganz gewöhnlicher Tag: Wecker, Aufstehen, kurzes Frühstück, draußen Schmuddelwetter, Bus, Schule, Arbeit, alles das Übliche ... eigentlich. Und doch: Irgendwas ist anders, heute. Eine leise Unruhe, ein Kribbeln vielleicht, oder der Tee schmeckt irgendwie anders, oder die Luft draußen, das Licht, oder die Stimmung, die Blicke der Menschen ... Es gibt keinen Grund dafür. Eigentlich. Oder doch? Nur: Ich kenne ihn noch nicht ... Irgendwas ist anders, heute. Und das macht mich total neugierig! Ich werde genau hinschauen, hinhorchen, hinspüren ... Was es wohl ist?« (Tilman Kugler-Weigel, in: Wernauer Adventskalender »Adventure«, Wernau 2002, 3. Dezember.)

Kyrie-Ruf

Herr Jesus Christus, du bist Mensch geworden, damit wir Gott ähnlich werden.
Herr, erbarme dich.
In deinem Leben und Wirken zeigt sich Gottes Liebe zu uns Menschen.
Christus, erbarme dich.
Du hast aus der Kraft des Geistes gelebt und uns den Heiligen Geist gesandt.
Herr, erbarme dich.

Tagesgebet
Gott,
wir Menschen erreichen dich nicht und können dich nicht ergründen. Du aber hast dich uns zugeneigt und bist Teil unserer Geschichte geworden. Lass uns deine Gegenwart in unserer Welt und in unserem Leben erfahren.Öffne uns für die Gaben deiner Liebe, die du uns schenkst durch Jesus Christus.

Liedvorschläge
Gesang zur Eröffnung
GL 220,1.3.5 »Die Nacht ist vorgedrungen«
Antwortgesang mit Ruf vor dem Evangelium
GL 230,1–6 »Gott, heilger Schöpfer aller Stern« und GL 174/7 »Halleluja«
Gesang zur Gabenbereitung
GL 224,1–3 »Maria durch ein Dornwald ging«
Gesang zur Kommunion
GL 218,1–5 »Macht hoch die Tür«
Dankhymnus/Schlusslied
GL 228,1–3 »Tochter Zion, freue dich«

Vorüberlegungen

Zum Text: Lk 1,26–38 (Evangelium)

Kaum eine Szene des Evangeliums ist so häufig in der Bildenden Kunst dargestellt worden wie die Verkündigung des Engels Gabriel an Maria. Die Allgegenwart des Motivs lässt aber seine heilsgeschichtliche Dramatik kaum noch erspüren. Der Schrecken, der die Menschen in der Bibel befällt, wenn das Göttliche in ihre Welt hereinbricht, ist uns befremdlich geworden. Wäre nicht Jubel angebracht? Selma Lagerlöf hat in ihren»Christuslegenden« das Unsagbare in wunderbare Bilder von berührender Einfachheit gefasst. Mit ihrer Hilfe versucht die Predigt, das Wunder der Menschwerdung zu berühren, ohne es kleinzureden. So kann vielleicht auch der Bibeltext neu zum Sprechen und Leuchten gebracht werden.

Predigt

Wer in diesen Tagen einen Buchladen betritt mit der Absicht, vielleicht noch ein letztes Weihnachtsgeschenk zu finden, stößt unweigerlich auf eine ganze Abteilung von Büchern zum Weihnachtsfest. Von Bastelanleitungen über Backideen und Liedersammlungen reicht die Auswahl bis hin zur unübersehbaren Palette von Weihnachtsgeschichten. In einer solchen Weihnachtsecke habe ich eines Tages einen kleinen Schatz wiederentdeckt. Es sind die »Christuslegenden« von Selma Lagerlöf. Erschienen im Jahre 1904, erlangten sie bald Weltruhm. Darin erzählt die schwedische Literaturnobelpreisträgerin auch einige Legenden, die sich um die Geburt Christi ranken.

In einer ihrer Geschichten schreibt sie über die Heilige Nacht: »Es war die dunkelste Nacht, die man noch je gesehen hatte; man hätte glauben können, die ganze Erde sei unter ein Kellergewölbe geraten. [...] Alle Sterne waren daheim in ihren Häusern geblieben, und der liebliche Mond hielt sein Gesicht abgewendet. [...] Und ebenso tief wie die Dunkelheit war auch das Schweigen und die Stille. [...] Alles war versteinert und regungslos, um nicht die heilige Nacht zu stören. Das Gras vermaß sich nicht zu wachsen, der Tau konnte nicht fallen, und die Blumen wagten nicht, Wohlgeruch auszuhauchen. In dieser Nacht jagten die Raubtiere nicht, bissen die Schlangen nicht, bellten die Hunde nicht. Und was noch herrlicher war, keins von den leblosen Dingen hätte die Weihe der Nacht dadurch stören wollen, dass es sich zu einer bösen Tat hergab. Kein Dietrich hätte ein Schloss öffnen können, und kein Messer wäre imstande gewesen, Blut zu vergießen.« (Selma Lagerlöf, Die Vision des Kaisers, in: Dies., Die schönsten Legenden, München 162001, 89)

In dieser Schilderung wird uns eindrucksvoll bewusst, worum es auch im Evangelium vom Engel Gabriel und der Jungfrau Maria geht. Die ganze Welt hält den Atem an, weil jetzt der Moment gekommen ist, auf den sie seit Jahrmillionen hinlebt. Hier wird eben nicht nur die Geburt eines Kindes angesagt. Hier berühren sich einen Moment lang Himmel und Erde. Hier empfängt das irdische Geschöpf Maria ihren eigenen Schöpfer als Kind in ihrem Schoß. Das ist das eigentliche Wunder, und das ist auch gemeint, wenn wir von der Jungfrauengeburt sprechen. Die Frage ist nicht, wie der irdische Mensch Jesus von Nazaret gezeugt wurde. Entscheidend ist, wo er letztlich herkommt, und da gibt das Evangelium eine klare Auskunft: Der Heilige Geist bewirkt die leibhaftige Gegenwart Gottes in dieser Welt, und die Kraft Gottes steckt hinter dem Leben und Handeln Jesu Christi. Kein Wunder, dass die Natur den Atem anhält! Denn hier geschieht wirklich etwas Übernatürliches, etwas, das über die Möglichkeiten der Natur und über unsere menschlichen Fähigkeiten weit hinausgeht: Der Schöpfergott gibt sich ganz in die Hand seiner Geschöpfe. Kein Wunder auch, dass Maria bei den Worten des Engels erschrickt. Denn sie spürt, was von ihrer Einwilligung abhängt. Die Kraft zum Ja übersteigt ihr Maß bei Weitem. Sie muss von Gott kommen. So singt denn auch ein altes Lied eigentlich von Gottes Wundertat, wenn es Maria anspricht mit den Worten: »Du hast geboren, der Natur zum Staunen, deinen heiligen Schöpfer« (GL 666,1).

Versetzen wir uns doch einmal ganz in die Situation Mariens hinein! Halten wir zusammen mit der ganzen Natur den Atem an und fragen uns: Glaube ich denn, dass auch in der kommenden Heiligen Nacht das Außergewöhnliche geschehen kann? Glaube ich, dass Gott auch zu mir seinen Engel schicken kann, damit ein Hauch des Göttlichen meinen Alltag verzaubert? Oder bin ich schon so abgestumpft, dass alle Jahre wieder das Christkind nur als Gipsfigur auf die Erde kommt, um nach dem festtäglichen Konsumrausch wieder in der Kiste mit den Weihnachtssachen zu verschwinden? Es kommt alles darauf an, dass wir zusammen mit der Natur über die Menschwerdung Gottes staunen können. Das weiß auch die Großmutter, die bei Selma Lagerlöf ihrem kleinen Enkel die Christuslegenden erzählt. Jede ihrer Geschichten endet mit den immer gleichen Worten: »Dies sollst du dir merken, denn es ist so wahr, wie dass ich dich sehe und du mich siehst. Nicht auf die Lichter und Lampen kommt es an, und es liegt nicht an Mond und Sonne, sondern was nottut, ist, dass wir Augen haben, die Gottes Herrlichkeit sehen können.«(Selma Lagerlöf, Die Heilige Nacht, in: Ebd. 88.)

Fürbitten
Gott, du liebst die Welt, die du geschaffen hast. Du leidest mit deinen Geschöpfen. Du bist selbst einer von uns geworden, um uns in allen Lebenslagen nah zu sein. Dir vertrauen wir uns an mit allem, was uns bedrückt:

– Du hast Maria deine Gnade geschenkt und durch ihren Sohn allen Menschen. Bekehre die Herzen derer, die gnadenlos miteinander umgehen, dass sie im anderen den Bruder und die Schwester erkennen.
– Der Name deines Sohnes ist Programm: »Jesus« heißt »Gott hilft«. Komm denen mit deiner Macht zu Hilfe, die keinen anderen Helfer haben, weil sie allein, arm, verachtet oder ausgestoßen sind.
– Maria hat der Botschaft des Engels geglaubt und sich auf deinen Heilsplan eingelassen. Ermutige diejenigen, die sich auf nichts Neues mehr einlassen wollen, weil sie schon zu oft enttäuscht wurden oder einfach resigniert sind.
– Für dich ist nichts unmöglich, du kannst auch die Toten zum Leben erwecken. Lass unsere Verstorbenen bei dir leben und tröste die Hinterbliebenen.

Gott, du bist unerschöpflich in deiner Kreativität, du kannst auch uns noch überraschen. Mach uns bereit, deine Wege mitzugehen, auch wenn sie uns neu und ungewohnt ist.
Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn. Amen.

Wilfried Eisele

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