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»Dienst am Wort«
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Leseprobe 2
Pfingstsonntag
Lesejahr A - B - C
»Für wen gehst du?«

Beitrag II zum Evangelium

Einführung

Sehr herzlich grüße ich Sie heute am Geburtstagfest der Kirche, am Pfingstsonntag!
»Wir sind Kirche« – so heißt die Kirchenvolksbewegung, die sich für Reformen in der katholischen Kirche einsetzt. Der Satz stimmt sicherlich auch für uns, die wir heute hier sind: Wir sind Kirche, wir alle, die wir uns vom Geist Gottes haben anstecken lassen, die wir Tag für Tag versuchen, im Geist Jesu Christi zu leben, zu reden und zu handeln. Heute, am Pfingstfest, dürfen wir dies feiern. Denn wenn der Heilige Geist wirkt, dann bricht der Glaube neu in uns auf. Wenn der Heilige Geist wirkt, dann weichen Resignation und Angst der Hoffnung und Zuversicht. Das ist Grund zur Freude und zum Fest.
Dem Geist Gottes, der lebendig macht, wollen wir uns zu Beginn des Gottesdienstes neu öffnen.

Kyrie-Ruf
Herr Jesus Christus, du schenkst uns deinen Geist der Liebe.
Herr, erbarme dich.
Herr Jesus Christus, du schenkst uns deinen Geist der Versöhnung.
Christus, erbarme dich.
Herr Jesus Christus, du schenkst uns deinen Geist der Hoffnung.
Herr, erbarme dich.
oder
GLn 165/GLa 246 »Send uns deines Geistes Kraft«

Tagesgebet
Ewiger Gott,
vor dir stehen wir mit unserem Leben, mit unseren Lasten, mit unserer Hoffnung. Und wir ersehnen deinen Geist:
den Geist des Aufbruchs und des Neubeginns,
den Geist des Mutes in aller Verlorenheit,
den Geist der Liebe, die alles überwindet,
was uns von dir und voneinander trennt.
Schenke uns deinen Atem, belebe uns mit deiner Gegenwart.
Darum bitten wir dich durch deinen Sohn Jesus Christus, der in uns wirkt und lebt in alle Ewigkeit.

Liedvorschläge
Gesang zur Eröffnung
GLn 351/GLa 245 »Komm Schöpfer Geist«
Antwortgesang mit Halleluja-Ruf
GLn 347/GLa 249 »Der Geist des Herrn«
Gesang zur Gabenbereitung
GLn 344/GLa 244 »Komm herab, o Heilger Geist« (Pfingstsequenz)
Gesang zur Kommunion
GLn 345 »Veni Sancte Spiritus«
GLa 880 (Diözesanteil Freiburg und Rottenburg-Stuttgart) »Du rufst uns, Herr, an deinen Tisch«
Dankhymnus/Schlusslied
GLn 346 »Atme in uns«
GLa 642 »Eine große Stadt ersteht«

Vorüberlegungen

Zum Text: Joh 20,19–23 (Evangelium)

Für viele Menschen ist das Pfingstfest das am wenigsten greifbare Hochfest der Kirche. Es ist schwierig, die Botschaft vom Heiligen Geistes so zu verkünden, dass die Menschen etwas damit anfangen können. Auch wenn wir theologisch vieles über den Geist Gottes sagen können, so ist es doch schwer, für die Gläubigen einen Zugang zu ihm zu schaffen.
Im Jahr 2005 hat mich eine Bibelauslegung von Wolfgang Tripp zum Pfingstsonntag im Katholischen Sonntagsblatt der Diözese Rottenburg-Stuttgart sehr angesprochen. Er verband eine chassidische Geschichte mit dem Evangelium von Pfingsten. Die Grundfrage der Erzählung »Für wen gehst du?« hat mir die pfingstliche Botschaft neu erschlossen.
In meiner Predigt greife ich auf diese Grundidee dankbar zurück und übertrage sie zunächst auf die Jünger Jesu. Sie sind Jesus nachgefolgt, also mit ihm und für ihn gegangen. Nach seinem Tod wissen sie nicht mehr, wie ihr Weg weitergehen soll. Das Evangelium beschreibt, wie Jesus in ihre Mitte tritt und sie mit seinem Geist beseelt. Es ist der Geist des Friedens und der Neuorientierung. Plötzlich wissen die Jünger wieder, was sie tun müssen. Sie nehmen den Weg Jesu auf und gehen zu den Menschen, um auch sie mit dem Geist Gottes zu beseelen. So entsteht die Urkirche.
Die Predigt stellt die Frage dann auch an uns und an die heutige Kirche: Für wen gehen wir? In welchem Geist wollen wir leben und wirken? Das Pfingstfest soll diese Frage in uns wach halten und dazu herausfordern, selbst Antwort zu geben.

Predigt

Martin Buber erzählt einmal folgende chassidische Geschichte: »Als Rabbi Naftali eines späten Abends am Rande eines Waldes spazieren ging, begegnete er einem Wächter. Dieser Mann arbeitete für einen Reichen und sollte dessen Besitz nachts schützen. ›Für wen gehst du?‹ fragte ihn der Rabbi. Der Wächter nannte den Namen seines Auftraggebers. Dann fügte er als Gegenfrage hinzu: ›Und für wen geht Ihr, Rabbi?‹ Das Wort traf den frommen Gelehrten wie ein Pfeil. ›Noch gehe ich für niemanden‹, stammelte er mühsam. Lange schritt er schweigend neben dem Wächter auf und ab. ›Willst du mein Diener werden?‹, fragte er endlich. ›Das will ich gerne‹, antwortete der Wächter, ›doch was habe ich da zu tun?‹ Rabbi Naftali erwiderte: ›Mich zu erinnern.‹«

Für wen gehst du?


Eine erstaunliche Geschichte, wie ich finde. Und der Wächter als Mensch, der die richtige Frage zur richtigen Zeit stellt: Für wen gehst du? Wer oder was bestimmt über dein Leben? Vielleicht erbleichen wir zusammen mit dem Rabbi, wenn wir die Frage hören. Vielleicht erschrecken auch wir, weil eine Antwort schwer ist. Wer ist der Herr und Meister über unser Leben? Wer bestimmt, was wir tun oder lassen?
Meist geht es uns in unserem Alltag doch so, dass wir uns vielen Sachzwängen und Notwendigkeiten gegenüber sehen. Vieles in unserem Leben ist verplant, diktiert, fremdbestimmt. Wir sind oft Getriebene und haben unser eigentliches Ziel aus den Augen verloren. Gut, wenn wir uns daher heute neu fragen lassen: Wofür lebst du eigentlich? Was ist der innere Zusammenhang und Sinn, an dem du dein Leben ausrichtest?
Verschlossene Türen und Herzen
Die Jünger im heutigen Pfingstevangelium stellen sich ähnliche Fragen. Sie haben den Faden verloren. Nach der Katastrophe des Karfreitags sind sie ratlos und verunsichert. Der Mann, an dem sie ihr Leben ausgerichtet haben, auf den sie so viel Hoffnung gesetzt haben, ist tot. Damit ist alles, was er vorgelebt und bezeugt hat, zunichte geworden.
Die Jünger haben ihre Türen und Herzen verschlossen. Sie haben Angst und wissen nicht weiter. Wer wird ab jetzt ihre Schritte lenken? Wer verhilft ihnen erneut zu einem erfüllten Leben?

Jesu Geist in der Mitte der Jünger

Im Evangelium steht Jesus plötzlich in der Mitte seiner Jünger. Der Evangelist Johannes schildert nicht, wie Jesus durch die verschlossene Tür kommt. Er ist einfach da. Keine Barriere kann ihn hindern, bei denen zu sein, die ihn mehr brauchen denn je. Und Jesus zeigt sich ihnen als der, der er immer war: als einer, der Frieden mit sich bringt, Shalom, umfassendes Heil- und Ganzsein. Mit diesem Geist des Friedens, der Hoffnung und der Heilung haucht Jesus seine Jünger an. Noch viele Male tritt Jesus auf diese Weise in die Mitte seiner Jünger, um sie zu beleben und zu beatmen mit seinem Geist. Es braucht Zeit, es braucht Überzeugungskraft, bis sich in den Jüngern der neue Weg formt, der nun vor ihnen liegt.

Ein neuer Weg

Der letzte Funke springt über am Pfingsttag, so erzählt uns die Apostelgeschichte. Es ist eine fulminante Erzählung über Feuer und Geist, über Klarheit und Lebendigkeit, über Sturmwind und eine frohe Botschaft, die alle Völker miteinander verbinden kann. Der Nebel, der über den Seelen der Jünger lag, hat sich gelichtet. Der neue Weg ist frei. Und der heißt: Die Jünger gehen wieder für den, der allein Sinn und innerste Mitte ihres Lebens sein kann: Jesus Christus, der Auferstandene. Sie gehen zu allen, die verwundet sind, die am Leben zweifeln, die keinen Weg mehr erkennen. Und sie bringen ihnen etwas mit vom Heiligen Geist, vom Mut-bringer, wie Fridolin Stier übersetzt. Dieser Weg der Nachfolge ist es, der die Jünger neu eint und der die Urkirche begründet.

Für wen gehen wir?

Seitdem hat die Kirche einen langen Weg zurückgelegt. Vieles hat sich geändert. Strukturen und Ämter haben sich ausgebildet. Nicht immer ist der Geist des Anfangs, der Geist des Mutes und der Begeisterung in der Kirche zu spüren. Und doch, die grundlegende Frage an uns alle, die wir der Kirche zugehören, bleibt: Für wen gehen wir?
Das Pfingstfest möchte uns an diese Frage erinnern, so wie der Wächter den Rabbi. Wer gibt den Auftrag für unser Wirken? In wessen Geist und Namen leben wir? Wo haben wir uns als Kirche verrannt, wo sind wir gelähmt? Wo mangelt es uns am Geist, der versöhnt und heilt, der aufhilft und Mut macht?
Und auch für unser ganz persönliches Leben können wir fragen: Wo brauchen wir den Geist Gottes gerade ganz besonders? Wo sind Herz und Türen verschlossen, wo sind wir erstarrt, verkrampft, enttäuscht, ohne Ziel?
»Komm herab, o Heiliger Geist«, können wir mit den Worten der Pfingstsequenz beten. Möge das Pfingstfest unsere Herzen für den Geist Gottes weit auftun.

Fürbitten
In unserer Gemeinschaft, die durch Gottes Geist verbunden ist, stehen wir füreinander ein und bitten dich, guter Gott:

- Sende aus deinen Geist, damit die Kirche sich mit Mut und Menschenfreundlichkeit neu auf den Weg macht.
(Sende aus deinen Geist.)
- Sende aus deinen Geist, damit die verschiedenen Konfessionen zur gelebten Einheit im Glauben finden.
- Sende aus deinen Geist, damit alle, die sich auf das Sakrament der Firmung vorbereiten, zu einem erfüllten Leben finden.
- Sende aus deinen Geist, damit in unserer Welt Friede, Versöhnung und Gerechtigkeit wachsen.
- Sende aus deinen Geist, damit wir uns und unser Leben neu an dir ausrichten.

Gott, wir preisen deine Größe und Liebe. Du bist bei uns in der Kraft des Heiligen Geistes und in der Gemeinschaft deines Sohnes Jesus Christus, der mit dir lebt und liebt in Ewigkeit. Amen.

Claudia Schmidt

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