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»Dienst am Wort«
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Leseprobe 2
Pfingsten – Am Tag
Lesejahr A – B – C
Einführung
Pfingsten gilt als das Geburtsfest der Kirche. »Happy birthday, Kirche!« Und doch ist vielen wohl nicht zum Feiern zumute. Die Kirche steckt in einer Krise. Immer weniger Menschen scheinen sich mit Kirche zu identifizieren. Forderungen nach Reform und Veränderung werden laut und auch die Bischöfe ermutigen zu einem breit angelegten Dialog. In aller Unruhe und Verunsicherung feiern wir das Wirken des Geistes Gottes. Er hat die Kirche am Anfang belebt. Seine göttliche Geistkraft rufen wir auch heute auf uns herab.

Kyrie-Ruf
Herr Jesus Christus, du bist die Mitte unserer Gemeinde und erfüllst uns mit Freude.
Herr, erbarme dich.

Du kennst unsere Sorgen und sprichst uns das Wort vom Frieden zu.
Christus, erbarme dich.
Du sendest uns deinen Heiligen Geist und vergibst die Sünden.
Herr, erbarme dich.

Tagesgebet
Lebendiger Gott,
aus allen Völkern und Sprachen führst du deine Kirche zusammen.
Stärke uns mit den Gaben deines Geistes, damit wir in unserem Leben das Wirken deiner Liebe unter den Menschen glaubhaft bezeugen.
Darum bitten wir durch Jesus Christus.

Liedvorschläge
Gesang zur Eröffnung
EH 78 »Komm, Heilger Geist«GL 241 »Komm, Heilger Geist«
Antwortgesang mit Halleluja-Ruf
GL 253/1 »Sende aus deinen Geist« mit 253/2.1–6 (Psalm 104) und GL 531/4 »Halleluja«
Gesang nach der Predigt
GL 639,3–5 »Die Kirche ist erbauet«
Gesang zur Gabenbereitung
EH 83 »Wenn der Geist sich regt«
Gesang zur Kommunion
GL 248,3–5 »Du stille Macht«
Dankhymnus/Schlusslied
GL 249 »Der Geist des Herrn erfüllt das All«

Fürbitten
Am Pfingsttag kam Gottes Geist in Feuerzungen auf die Jüngerinnen und Jünger herab. Um diesen Geist bitten wir:

- Wir beten für die Kirche Gottes auf der ganzen Erde: dass sie immer neu am Beispiel Jesu Maß nimmt und in glaubhafter Weise nach dem Geist des Evangeliums lebt. (GL 253/1 »Sende aus deinen Geist und das Antlitz der Erde wird neu«)
- Wir beten für die Bischöfe und alle Christen, die durch Taufe und Firmung Verantwortung für die Kirche haben: dass sie im Geist gegenseitiger Achtung miteinander sprechen und aufeinander hören.
- Wir beten für jene, die sich von der Kirche distanziert haben und nichts mehr von ihr erwarten: dass sie ihre Verbitterung überwinden und dein Geist sie von neuem öffnet und belebt.
- Wir beten für alle Menschen, die an Leib oder Seele verwundet wurden: dass sie in der Kraft deines Geistes Beistand und Heilung finden.
- Wir beten für unsere Verstorbenen und für die Toten, an die niemand mehr denkt: dass du sie durch deinen Geist belebst und in deine neue Schöpfung führst.
Gott und Vater, durch das Wort deines Sohnes und in der Kraft des Heiligen Geistes belebst du deine Kirche immer neu. Dafür danken wir dir heute und in Ewigkeit. Amen.

Der Abend als Anfang eines neuen Tages

Vorüberlegungen
Zum Text: Joh 20,19–23 (Evangelium)

Die Schriftlesungen des Pfingstfestes stehen in einer eigentümlichen Spannung zueinander. Während die Lesung aus der Apostelgeschichte den Pfingsttag benennt und damit auf das jüdische Erntefest fünfzig Tage nach Ostern anspielt, ist das Evangelium am Ostertag selbst zu verorten. Damit spannt das christliche Pfingsten den Bogen noch einmal an den Anfang der Osterzeit, die mit dem Pfingstfest endet. Bereits am Abend des Ostertages wird nach der Schilderung des Johannes das belebende Wirken des Geistes offenbar, das die Jünger Jesu aus ihrer krisenhaften Erschütterung und Verunsicherung herausholt und für ihre Sendung stärkt. Hier setzt die Predigt an, die auf die aktuelle Kirchenkrise Bezug nimmt und aus dem Evangelium Haltungen und Ermutigungen zum Dialog abzuleiten versucht.

Predigt

Die Jünger damals in der Krise

Es war Abend. Mit dieser Zeitangabe beginnt das Evangelium, das wir eben gehört haben. Doch Vorsicht: Es ist nicht irgendein Abend an irgendeinem Tag. Es ist auch nicht der Abend irgendeines Pfingsttages, fünfzig Tage nach Ostern. Nein, es ist der Abend des Ostertages selbst. Am Ende der Osterzeit werden wir noch einmal an ihren Anfang zurückerinnert, an den Tag von Jesu Auferstehung. Wie mögen sich die Jünger am Abend dieses Tages gefühlt haben? Wir wissen es nicht. Von ihrer Furcht ist die Rede. Sie treffen sich hinter verschlossenen Türen. Viele Eindrücke müssen sie verarbeiten. Die bewegenden Tage mit Jesus in Jerusalem, das Abschiedsmahl, der Verrat, sein Leiden und schließlich sein grausames Sterben. Was geschehen ist, hat die Jünger in eine tiefe Krise gestürzt. Mutlos und verunsichert verbarrikadieren sie sich. Dazu kommen die überraschenden und verstörenden Ereignisse dieses Tages. Zuerst das leere Grab, dann die Nachricht von Maria, sie habe den Herrn gesehen. Was hat das alles zu bedeuten? Nicht nur am Horizont wird es dunkel. Auch die Stimmung der Jünger dürfte unklar, verschwommen und düster sein. Die Jünger Jesu befinden sich in der Krise.

Die Jünger heute in der Krise

Wenn ich an die Stimmung der Jünger damals denke, fällt mir die Stimmung in der Kirche heute ein. Allerorten wird von einer Krise der Kirche gesprochen: Gotteskrise, Glaubenskrise, Vertrauenskrise. Die Anzeichen der Krise sind vielfältig: Immer weniger Kirchenbesucher, immer weniger Priester, immer weniger Akzeptanz der kirchlichen Lehre. Viele sind heute verunsichert. Und diese Verunsicherung scheint auf allen Ebenen zu herrschen, bei den einfachen Gläubigen genauso wie bei den Hirten der Kirche. Den Jüngern heute scheint es wie den Jüngern damals zu gehen. Ein Gefühl von Lähmung, Resignation und Ratlosigkeit breitet sich aus. Man könnte den Eindruck gewinnen, dass es in der Kirche wieder Abend geworden ist. Am Ende einer langen und ereignisreichen Geschichte wirkt die Kirche vielerorts müde und erschöpft.

Die Krise als wiederkehrendes Phänomen

Krisen sind der Kirche nicht fremd, sondern begleiten sie von allem Anfang an. Kirche soll Licht der Welt sein, doch manchmal wirft sie auch Schatten. Wenn wir an den langen Weg der Kirche durch die Zeit denken, fallen unterschiedliche Krisen ein. Die Spaltung der Kirche, Gewalt gegen Andersglaubende, Prunk- und Verschwendungssucht bei Kirchenfürsten gehören nicht zu den Glanzstunden der Kirchengeschichte. Wie oft wurde die Botschaft Jesu durch seine Jünger verdunkelt. Und manchmal erscheint es wie ein Wunder, dass die Kirche trotz all dieser beschämenden Krisen weiter besteht. Die Erinnerung an andere Krisen der Kirche will die derzeitige Krise nicht verharmlosen oder kleinreden. Krisen sind immer auch Weichenstellungen und Wendepunkte in der Geschichte der Kirche. In ihnen braucht es ein hohes Maß an Aufmerksamkeit für die Zeichen der Zeit und viel Achtsamkeit füreinander.
Lässt sich aus früheren Krisen der Kirche für heute lernen? Bietet vielleicht sogar das Evangelium dieses Pfingstsonntags Anhaltspunkte für einen Ausweg aus der Krise? Drei Beobachtungen scheinen mir bemerkenswert. Es könnten Schritte auf dem Weg sein.

Ein erster Schritt: Auf Jesus schauen

Für die Jünger beginnt sich die Krise zu wenden, als Jesus in ihre Mitte tritt. Sein Auftreten bringt Licht ins Dunkel, nimmt die Furcht und verbreitet Freude. Das Erscheinen Jesu vor seinen Jüngern zieht sich wie ein roter Faden durch die verschiedenen Ostererzählungen und markiert jeweils den Wendepunkt der jeweiligen Krise. Der weggewälzte Stein und das leere Grab geben noch keine Antwort, sondern lassen viele Fragen offen. Erst als die Jünger Jesus sehen, hellt sich ihre Stimmung auf. Dieses Schauen auf Jesus wird später zum Kern der Osterbotschaft: Wir haben den Herrn gesehen! Das bezeugen die Jüngerinnen und Jünger Jesu in übereinstimmender Weise.
Was könnte das für unsere Situation bedeuten? Offensichtlich müssen auch wir, wie die Jünger damals, auf Jesus schauen und sein Wort hören. In dem Maße, in dem Jesus selbst in unsere Mitte und in unser Blickfeld rückt, kann sich Furcht lösen und Freude ausbreiten. Kirche gerät vielfach dort in die Krise, wo sie sich von Jesu Leben und Botschaft entfremdet. Sie wird Achtung und Vertrauen gewinnen, wo sie dem Beispiel Jesu folgt und an ihm Maß nimmt. Menschen spüren sehr wohl, ob wir als Kirche in der Spur des Evangeliums unterwegs sind oder ob wir andere Wege gehen.

Ein zweiter Schritt: Dem Frieden dienen

Ein zweiter Schritt folgt aus dem, was Jesus sagt. Jesu erstes Wort an seine Jünger ist das Wort vom Frieden: Friede sei mit euch! Nach dem Zeugnis des Evangeliums grüßt Jesus seine Jünger gleich zwei Mal in dieser Weise. Und es ist sicher mehr als nur ein Gruß. Das Wort vom Frieden ist Programm. Es entspricht einem tiefen Wunsch Jesu, den er seinen Jüngern bei seinem Abschied als Auftrag hinterlassen hat. Jesus weiß um die Sorge und Verunsicherung der Jünger. Er möchte ihnen Mut machen und ihre Unruhe nehmen. Indem er ihnen sich und seine Wunden zeigt, schenkt er ihnen diesen Frieden.
Was könnte das für unsere Situation bedeuten? Krisen sind immer auch gefährliche Zeiten. Schnell liegen Nerven blank und wir handeln unüberlegt. In solchen Zeiten können Worte und Taten leicht verletzen. Umso wichtiger ist es, das Wort vom Frieden an den Anfang zu stellen. Es geht nicht darum, dass Jüngerinnen und Jünger Jesu nicht um die Sache streiten dürfen und jede Meinungsverschiedenheit unter den Teppich kehren sollen. Aber wir sollten darauf achten, dass wir einander nicht verletzen. Der Blick auf die Wunden Jesu muss uns sensibel machen füreinander.

Ein dritter Schritt: In Gottes Geist Verantwortung übernehmen

Eine dritte Beobachtung knüpft an die beiden ersten an und führt sie fort. Die Jünger, die Jesus sehen und sein Wort hören, empfangen seinen Heiligen Geist. Jesus möchte nicht nur die Jünger stärken und sie selbst neu aufbauen. Er gibt ihnen Vollmacht und sendet sie aus. Die Vollmacht, Sünden zu vergeben, führt das Wort vom Frieden fort. Ein Grundauftrag der Kirche ist es, Versöhnung zu stiften. Wegen der angesprochenen Vollmacht zur Sündenvergebung dachte man häufig, die Sendung des Geistes sei auf den Kreis der Apostel und Amtsträger begrenzt. Aber haben nicht alle Christen durch Taufe und Firmung Anteil an Gottes Geist? Auch wenn es unterschiedliche Dienste und Zuständigkeiten in der Kirche geben mag, so tragen doch alle Christen, Amtsträger und Laien, Frauen und Männer, Junge und Alte, Verantwortung für die Kirche. Insofern ist es folgerichtig, dass die Bischöfe zu einem breit angelegten Dialog aufrufen, um brennende Fragen anzusprechen und neues Vertrauen zurückzugewinnen. Indem Jesus seine Jünger anhaucht, lässt er sie das Wehen des Geistes hautnah spüren. Das erinnert an den Anfang der Welt, als Gott seiner Schöpfung Lebensatem einhauchte. Für unsere Situation könnte das heißen, dass der Kirche und den Jüngern Gottes Lebensatem immer wieder neu eingehaucht werden muss.

Nach jüdisch-christlicher Tradition ist der Abend bereits der Beginn eines neuen Tages. Beten wir um den Geist Gottes, damit er die Kirche durch das Dunkel der Nacht in einen neuen Morgen führt.

Adrian Warzecha

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