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Die Inhalte
der Zeitschrift
»Dienst am Wort«
Herausgeber
Leseprobe 1
Dritter Adventssonntag
Lesejahr A
Einführung und Kyrie-Ruf
Wir feiern Gottesdienst. Wir singen die Lieder vom Kommen des Herrn, ja von seiner Gegenwart im Wort und in der Eucharistie. Aber es ist eine verborgene Gegenwart. Der Advent erinnert uns daran, dass wir »auf Hoffnung hin« glauben und leben. »Bist du es, der da kommen soll – oder sollen wir auf einen anderen warten?« Die Frage des Johannes bleibt aktuell – auch für den Christen heute. Wir bleiben mit unserem Glauben immer in Beweisnot in dieser Welt – »bis er kommt in Herrlichkeit«.
So rufen wir:

Herr Jesus Christus, wir hören dein Wort – hilf uns zum Glauben.
Herr, erbarme dich.

Herr Jesus Christus, du bist verborgen in unserer Mitte – schließe unser Herz auf.
Christus, erbarme dich.

Herr Jesus Christus, du wirst kommen in Herrlichkeit – mache stark unsere Hoffnung.
Herr, erbarme dich.

Tagesgebet
Herr, unser Gott,
lass dein Licht leuchten über unseren Wegen:
Gib uns ein Zeichen, ein Wort, an dem Hoffnung sich halten, Glaube sich festigen kann.
Lass uns die Ohren aufgehen und die Augen für das, was du wirkst mitten unter uns; dass wir, im Vertrauen auf dich, stärker sind als Zweifel und Angst.
Lass dein Licht leuchten über unseren Wegen: damit wir erkennen und sicher werden, dass es keinen anderen gibt, auf den zu warten sich lohnt.
Darum bitten wir durch Jesus Christus.

Liedvorschläge
Gesang zur Eröffnung
GL 104,1–5 »Tauet, Himmel, aus den Höhn«
Antwortgesang mit Halleluja-Ruf
GL 124/1 »Siehe, kommen wird der Herr« mit 124/2 (aus Jes 35) und GL 530/1 »Halleluja«
Gesang zur Gabenbereitung
GL 113,1–3 »Mit Ernst, o Menschenkinder«
Gesang zur Kommunion
GL 110,1–3 »Wachet auf«
Dankhymnus/Schlusslied
GL 111,1.3 »Die Nacht ist vorgedrungen«

Fürbitten
Viele, oft zu viele Erwartungen verbinden Menschen mit Weihnachten. Die entscheidenden Erwartungen aber richten wir auf dich, Gott, unseren Vater, und bitten dich:
Auch in diesen Tagen sind Menschen auf der Flucht oder in Angst um ihr Leben: Bestärke alle Bemühungen um Frieden und Gerechtigkeit.
(EGB 658 »Lass uns den Weg der Gerechtigkeit gehn« oder
GL 118 »Komm, o Herr, und erlöse uns«)
Viele Menschen erwarten an Weihnachten wegweisende Worte des Glaubens. Gib der Verkündigung der Kirche Überzeugungskraft in Wort und Tat.
Im Blick auf die Zukunft der Erde braucht die Politik Weitblick und mutige Entscheidungen. Gib Kraft, das als notwendig Erkannte auch beharrlich umzusetzen.
In diesen Tagen spüren viele Menschen mehr als sonst die Lasten und Brüche des Lebens. Schenke Mut, der eigenen Kraft und deinem Beistand zu trauen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

Im Advent leben – oder: Von der Beweisnot des Glaubens

Vorüberlegungen
Zum Text: Mt 11,2–11 (Evangelium)

»Als Jesus die Unterweisung der zwölf Jünger beendet hatte …« – so beginnt das 11. Kapitel die Matthäus. Auf die Unterweisung der Jünger in Kapitel 10 folgt die Frage des Täufers aus dem Gefängnis: »Bist du es …, oder sollen wir auf einen anderen warten?« Die Platzierung dieser Frage ist sicher nicht zufällig: Auch für den, der sich auf Jesus und seinen Weg einlassen will und eingelassen hat, werden Fragen und Zweifel bleiben. Was weist denn Jesus und die ihm Folgenden vor der Welt aus? Die schlagenden Machterweise sind es nicht; und Wundertaten befriedigen ohnehin nur die Wundersucht der Menschen, führen aber nicht zum Glauben, wie das Beispiel von Chorazin und Betsaida zeigt (Mt 11,20ff).
Es gilt, auf die kleinen Zeichen zu achten und bei den »Armen« (Mt 11,5) und »Unmündigen« (Mt 11,25) zu lernen, wo Gott am Werk ist. Aber es bleiben Zeichen – und auch der »Anstoß« (Mt 11,6), den man nehmen kann.
Es wird immer Menschen brauchen, die auf die kleinen Anfänge setzen und nicht aufhören, die Hoffnung hochzuhalten: »Dein Reich komme!«

Predigt

»Bist du es – oder sollen wir auf einen anderen warten?« Die alte Frage des Johannes klingt bis heute nach – in der Frage an Kirche und Christentum: Ist durch dich die Welt anders, besser geworden? Ist von dir wirklich die Rettung der Welt zu erwarten?
Und wir spüren das Unbehagen, wenn wir sagen sollen, was das Christentum bewirkt hat. Nicht dass man das Gute, das von Jesus und in seinem Namen geschehen ist, übersehen würde; aber was ist das, verglichen mit dem Bösen, das eher mehr denn weniger wird in der Welt? Wir wissen doch, was kommt, wenn über dieses Thema gesprochen wird: Im Namen des Christentums kam es zu Kreuzzügen, zu Ketzerverbrennungen, zu Konfessionskriegen; das Christentum verteufelte die Sexualität und diffamierte die Frauen – und auf den Zug der Menschenrechte, der doch vom Christentum hätte angeführt werden können, ist es erst im Nachhinein aufgesprungen …
Also: Ist es nicht witzlos, vom Christentum die entscheidende Hilfe für die Welt zu erwarten?

Der Anstoß bleibt

»Bist du es, der da kommen soll – oder sollen wir auf einen anderen warten?« Im heutigen Evangelium gibt Jesus zur Antwort: »Geht und berichtet Johannes, was ihr hört und seht: Blinde sehen wieder und Lahme gehen, Aussätzige werden rein und Taube hören; Tote werden auferweckt und den Armen wird eine gute Botschaft gebracht.« Aber Jesus sagt dazu: »Selig, wer an mir keinen Anstoß nimmt!«
Johannes jedenfalls wird sich das Eingreifen Gottes zur Umgestaltung der Welt anders vorgestellt haben, als er das Gericht Gottes ankündigt – und den, der es vollziehen wird. Dass da einer Blinden die Augen öffnet und Lahmen auf die Beine hilft, dass Armen eine gute Botschaft gebracht wird – das ändert doch am Gang der Welt nichts. Mit den Armen ist doch die Welt nicht zu bewegen. Und auch das mit der Totenauferweckung: Flächendeckend, umstürzend, ja weltbewegend war das jedenfalls nicht.
»Selig, wer an mir keinen Anstoß nimmt!« Wer den machtvollen Durchgriff Gottes von oben erwartet hat, die Beseitigung alles Krummen und Ungeraden, muss an Jesus und seinem Wirken, erst recht am Wirken der Kirche Anstoß nehmen! Offenbar ist Gottes Wirken anders. Er regiert nicht über die Köpfe der Menschen hinweg, er sucht ihr Herz zu gewinnen. Das ist der Weg Jesu, der Weg des Evangeliums! Die Erlösung, die wir en gros vermissen, findet en detail ständig statt. Micro-Realisation – sagen die Franzosen zum Vorgehen Gottes: Verwirklichung im Kleinen.
Und es ist doch wahr: Um wie viel dunkler wäre es in der Welt, wenn es das Evangelium nicht gäbe. Wie viele Menschen hat es doch aufgerichtet, wie vielen hat es Kraft zum Aufstehen, zum Hinstehen gegeben, Trost im Loslassen, Befreiung aus Verhärtung; wie viele hat es auferweckt aus dem Tod der Liebe!? Und es ist die Kirche – die selbst oft genug das Evangelium verraten hat; es ist die Kirche, ohne die das Evangelium nicht verkündet worden wäre. »Selig, wer an mir keinen Anstoß nimmt!«

Die kleinen Anfänge

Wir stehen im Advent. Vielleicht ist er für viele entleert und zu einer bloßen Wartezeit auf Weihnachten geworden – eine Wartezeit, die eigentlich schon keine mehr ist, weil es ja schon wochenlang weihnachtlich säuselt. Wenn wir den Advent ernst nehmen, dann ist er viel mehr als bloß ein Vorspann zu Weihnachten; dann öffnet er uns die Augen dafür, dass unser ganzes Leben im Advent steht. Die letzte Erfüllung werden wir erst am Ziel unseres Lebens finden, wenn »Gott alles in allem sein wird« und die große Vision auf der letzten Seite der Heiligen Schrift wahr wird: »Ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde …«
Die Erlösung en gros steht noch aus, aber en detail beginnt sie jeden Tag neu, wo wir Gott Platz machen in unserem Leben: Ich höre hin, was der andere sagen will; ich achte auf Kritik, ohne gleich zurückzuschießen; ich lerne mit einer Unzuträglichkeit zu leben; ich fange an, das Stachlige eines Menschen nicht unausstehlich, sondern sogar etwas sympathisch zu finden; ich bleibe dabei, mich zu engagieren, auch wenn kaum ein Dank kommt …
Adventlich leben heißt: Gott ankommen zu lassen, gerade in den kleinen Zeichen, ja auch im Unvollkommenen den Charme Gottes zu erkennen.

Die Fragen und Zweifel bleiben

»Dein Reich komme!« werden wir auch an Weihnachten noch beten. Weihnachten wird ja leicht zur Enttäuschung, wenn es von Übererwartungen erdrückt wird: als müsse da der Himmel auf die Erde herabkommen und alles sich in Harmonie auflösen. Weihnachten wird umso wahrer und echter, je mehr es eine Station im Advent unseres Lebens ist, die uns die Augen öffnet für die Zeichen Gottes mitten im Lebensgedränge.
Manchmal freilich scheinen uns die Zeichen Gottes allzu klein – und im Blick auf das, was Menschen oft in dieser Welt durchmachen, bleibt der Zweifel stehen, ob Gottes Verheißung nicht doch kraftlos und leer ist. Die Frage des Johannes: »Bist du es, der da kommen soll …?«, die Frage von Maria: »Wie soll das geschehen?«, bleibt auch dem Glaubenden heute nicht verwehrt.
Ja, in so mancher Hinsicht gleicht die Situation der Kirche der des Johannes, der aus dem Gefängnis heraus fragt »Bist du es wirklich …?« Ja, Herr, Gott, hast du wirklich das Heft in der Hand? Können wir denn deiner Verheißung trauen? Stehen wir nicht auf verlorenem Posten in der Welt? Sind wir nicht wie gebunden und gefesselt, immer in Beweisnot, wenn wir die Hoffnung hochhalten?

Platzhalter Gottes sein

Auch wir als Kirche stehen im Advent und müssen wie Johannes lernen: Nicht um unseren Platz in der Welt geht es, sondern darum, Gott Platz zu machen. Darum ist es auch so eine Sache mit dem Nachweis, wie wichtig und wertvoll die Kirche, das Christentum für die Gesellschaft ist. So richtig durchschlagend sind die Argumente nicht. Immer lässt sich auch etwas dagegen sagen. »Selig, wer an mir keinen Anstoß nimmt!« Nicht auf die mehr oder weniger vollen Kirchen an Weihnachten haben wir zu verweisen, nicht auf die Unentbehrlichkeit der Kirche für das Wertebewusstsein, sondern auf Gottes oft verborgenes Wirken: »Sagt, was ihr hört und seht: dass Blinde sehen, Lahme gehen, Gebeugte aufgerichtet werden und Armen die gute Botschaft gebracht wird!«
Dazu braucht es Menschen, die – wie der Prophet sagt – »die erschlafften Hände stark machen und die wankenden Knie fest; die den Verzagten sagen: Habt Mut, seht euer Gott!« (Jes 35,3f). Es braucht Menschen, die kein Schilfrohr sind, das nach dem Wind schwankt, sondern Menschen, die wie Johannes die Hoffnung auch in den Wüsten des Lebens hochhalten: »…bis du kommst ins Herrlichkeit!«

Thomas Keller

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