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Die Inhalte
der Zeitschrift
»Dienst am Wort«
Herausgeber
Leseprobe 2
Vierter Fastensonntag
Lesejahr C
Einführung
Wir sind unermüdlich unterwegs, stets betriebsam und dabei oft abgehetzt, müde und erschöpft. Doch hier dürfen wir ausruhen, zur Ruhe kommen und ankommen bei dem, der uns Lebenskraft und Lebensfülle schenkt. Wir dürfen uns neu gesagt sein lassen, dass Gott uns entgegenkommt, wenn wir uns verlaufen haben, dass er uns annimmt trotz unseres Versagens. Er richtet uns auf und setzt uns ins rechte Licht. Dann erkennen wir, wer wir wirklich sind: von Gott Geliebte, und wohin wir eigentlich unterwegs sind: zu seinem Reich. Möge er uns nun seinen Liebesdienst erweisen und uns mit seinem reichen Erbarmen beschenken.

Kyrie-Ruf
GL 495/4 »Herr Jesus, du rufst die Menschen zur Umkehr«

Tagesgebet
Allmächtiger Gott,
du weißt um uns, du bist mit unserem Inneren besser vertraut als wir selbst. Du weißt, wie sehr wir der Umkehr bedürfen, du kennst unsere Schwachheit und Schuld. Und doch weist du uns nicht ab, du weichst uns nicht aus, sondern hast uns in deinem Sohn Jesus Christus zurückgeholt und deine Versöhnung geschenkt.
Ihm, Christus, wollen wir in diesen Tagen vor Ostern ganz bewusst unser Herz öffnen, der mit dir lebt und herrscht in alle Ewigkeit.

Liedvorschläge
Gesang zur Eröffnung
GL 165 »Sag ja zu mir, wenn alles nein sagt«
Antwortgesang mit Ruf vor dem Evangelium
GL 723/3 »Preiset den Herrn zu aller Zeit« mit 723/4,1–6 (Psalm 34) oder
GL 909 (Diözesanteil Freiburg und Rottenburg-Stuttgart) »Wo die Güte und die Liebe wohnt« und
GL 173/1 »Lob sei dir, Herr, König der ewigen Herrlichkeit« mit Kantorenbuch 155,6 (Lk 15,18)
Gesang zur Gabenbereitung
GL 622 »Hilf, Herr meines Lebens«
Gesang zur Kommunion
GL 483 »Wir rühmen dich, König der Herrlichkeit«
Dankhymnus
GL 473 »Im Frieden dein, o Herre mein« oder
GL 832 (Diözesanteil Freiburg und Rottenburg-Stuttgart) »Ein Danklied sei dem Herrn«

Fürbitten
Zu unserem Gott, der uns die Treue hält und den Weg in die Freiheit mit uns geht, rufen wir:

– Schenke uns, deiner Kirche, in diesen Tagen Mut zur Umkehr, zur Versöhnung und zum Neuanfang. Mach uns empfänglich für dein heilendes Wort und hilf uns, im Glauben und Gebet einander beizustehen.
(Gott, komm uns entgegen.)
– Lass die Jugendlichen unserer Gemeinde, die sich auf die Erstkommunion und Firmung vorbereiten, dich als den Grund ihres Lebens und ihrer Freiheit erkennen und wecke in ihnen die Kräfte des Glaubens.
– Schenke du allen Eltern Geduld und Trost, die vor ihrem Haus nach verlorenen Söhnen und Töchtern Ausschau halten. Schenke ihnen den Geist des Friedens, damit Rache der Versöhnung weicht.
– Lass alle, die mit ihrer eigenen Vergangenheit nur schwer umgehen können, bei dir Heimat und Ruhe finden.
– Lass unsere Verstorbenen deine Barmherzigkeit erfahren und teilhaben am ewigen Hochzeitsmahl im Reich deines immerwährenden Friedens.

Gott, wo du auf uns wartest, wird das Leben zum Fest. Dafür danken wir dir, jetzt und an jedem Tag unseres Lebens, bis in Ewigkeit. Amen.

Fastenzeit als Chance der Heimkehr
Vorüberlegungen
Zum Text: Lk 15,1–3.11–32 (Evangelium)

Das entscheidende Merkmal des Reiches Gottes ist die totale Vergebung aufgrund göttlicher Liebe, was Neubeginn, Freude und Freiheit nach sich zieht. Darum übt Jesus auch keine Askese, er schafft keine Sondersituation in der Wüste, vielmehr spiegelt sein Auftreten die Freude wider gleich einem Hochzeitsmahl.
Die Reich-Gottes-Gleichnisse im 15. Kapitel des Lukasevangeliums thematisieren den Schmerz über das Verlorene und die Freude über das Gefundene. Das Motiv variiert in verschiedenen Bildern und stets wird dabei offenbar, wie Gott seinen Feinden, den Sündern, gegenübertritt: Er lädt sie zur »Mahlgemeinschaft« ein – hier ereignet sich Reich Gottes. Gottes unbegreifliche Güte sprengt alle Kategorien menschlichen Normalverhaltens, das macht Jesus vor allem im Gleichnis vom verlorenen Sohn deutlich. Doch die bedingungslose Vergebung der Sünden wird für den älteren Sohn zum Problem – nur für ihn? Dieser Frage geht die Predigt nach.

Predigt

Gott ist anders!

Gott ist anders! – gibt Jesus den Schriftgelehrten und Pharisäern mit seinem Gleichnis unmissverständlich zu verstehen; Gott ist anders! – ruft Jesus all denen zu, die sich mit der verzeihenden Liebe Gottes schwertun; Gott ist anders! – denn er ist gegenüber dem Sünder immer schon einen Schritt voraus. Gott ist anders! – denn er kommt dem Sünder immer schon einen Schritt entgegen, wie der Vater im Gleichnis.
Das Problem ist der ältere Sohn
Doch der ältere Sohn versteht die Welt nicht mehr. Diese Haltung seines Vaters ist ihm fremd, unheimlich, anstößig. Der ältere Sohn versteht seinen Vater nicht mehr – so wenig, wie die Pharisäer und Schriftgelehrten den Gott verschwenderischer Liebe verstehen, den Jesus verkündet.
Anteile des älteren Sohnes hat wohl jeder und jede von uns in sich. Nur zu gut verstehen wir den älteren Sohn, der nicht zum Fest hineingehen will, weil er diese Art der Vergebung nicht nachvollziehen kann. Eine Vergebung, die dem Schuldigen zuvorkommt, die auf die Demütigung des heruntergekommenen Bruders bewusst verzichtet.
Obwohl im Hause seines Vaters, ist er, der ältere Sohn, jetzt draußen, er steht im Abseits, im Dunkeln. Die Rollen haben gewechselt: Der verlorene Sohn ist wiedergefunden und der daheimgebliebene Sohn droht nun verloren zu gehen.

Das Gleichnis mündet in unsere Lebensgeschichte

Auf den jetzt abseits sitzenden, älteren Sohn geht der Vater mit derselben Liebesgeste zu wie vorher auf dessen zurückgekehrten Bruder. Auch dem älteren Sohn gegenüber verhält sich der Vater zuvorkommend und bittet um die Teilnahme am Fest. In dieser einladenden und werbenden Geste drückt sich ebenso das uneingeschränkte Wohlwollen des Vaters aus. Aber das Ende des Gleichnisses bleibt offen. Hat sich der ältere Sohn doch noch zur Teilnahme an der Feier entschlossen? Wir wissen es nicht. Ob der ältere Sohn seine Haltung wohl noch geändert hat und ebenfalls umgekehrt ist, das erfahren wir nicht. Seine Geschichte wird nicht zu Ende erzählt, sie mündet ein in die Geschichte der Hörerinnen und Hörer – in unsere eigene Lebensgeschichte. Dort wartet der offene Schluss auf eine Antwort.
Das Gleichnis ist für die bestimmt, die sich mit der zuvorkommenden und bedingungslos verzeihenden Liebe Gottes schwertun; es ist für die bestimmt, die sich mit dem älteren Sohn identifizieren, sich in ihm ausgesprochen finden – wir sind gemeint.

Warum daheim bleiben?

Ein Fest feiern mit dem und für den, der – aus eigener Schuld! – heruntergekommen, ganz nach unten gekommen ist? Sich mit dem und für den freuen, der einem den Rücken zugekehrt hat, der hoch hinaus wollte und nun – aus eigener Schuld! – ganz tief gefallen ist?
Wenn Versöhnung so einfach ist, warum sollte ich dann noch länger daheim bleiben? Warum sollte ich nicht auch ausziehen und auf eigene Faust leben? Wenn es je einmal schwierig werden sollte, dann kann ich jederzeit wieder heim zum Vater und ein großes Fest feiern.
Ist das nicht oft unsere Lebensdevise? Stehen wir nicht immer in der Gefahr, unser eigenes Leben leben zu wollen? Und leben wir nicht oft nach dem Motto: Am Ende bleibt ja notfalls immer die Vergebung von Sünde und Schuld?

Gott schenkt uns Freiheit

Der Vater im Gleichnis gibt der freien Entscheidung des jüngeren Sohnes Raum, händigt ihm sein Erbe aus, gibt ihm, was er verlangt. Gott schenkt uns die Freiheit, unser Leben auf eigene Faust zu leben. Er lässt uns die Freiheit, eigene Wege zu gehen, das Leben selbst in die Hand zu nehmen – notfalls auch ganz ohne ihn. Er lässt uns ziehen.
Gott schenkt uns Freiheit und die hat scheinbar keine Grenzen. Wir Menschen sind frei, uns von Gott abzuwenden, und selbst dann, wenn sich der gähnende Abgrund auftut, hält er uns nicht zurück. Wir können uns gegenseitig zu Henkern werden, machtbesessen und brutal gegen­einan­der vorgehen – lang ist die Blutspur faschistischer Regime des letzten ­Jahrhunderts und noch heute hat das gewaltsame Sterben kein Ende, weder im Irak noch in Afghanistan, weder in Palästina noch in Israel, weder im Libanon oder welche Namen die Kriegsgebiete dieser Welt noch tragen.
Freiheitsmissbrauch macht arm
Wir sind frei, auf Distanz zu Gott zu gehen, selbst zu bestimmen, wie wir unser Leben gestalten. Gott lässt uns die Freiheit, Nein zu sagen; Nein zu ihm selbst und Nein zu meinem Nächsten. Doch macht mich dieses Nein wirklich frei? Wenn ich ehrlich bin, spüre ich, wie mich dieses Nein einzwängt und gefangen nimmt. Ich spüre mitten in aller scheinbaren Freiheit eine unendliche Sehnsucht, die mehr sucht als mein eigenes Ich. Es ist eine Sehnsucht, die von der Ichsucht nicht satt wird, die mehr sucht als Eigennutz, Macht, Einfluss, Karriere und Glanz. Ich spüre mitten in aller scheinbaren Freiheit eine unendliche Sehnsucht nach Leben, nach Lebensfreude, nach einem Ort, wo das Leben zum Fest wird.
Ich spüre, wie leer alles wird, wo man nur noch auf Ansprüche pocht, Bedürfnisse geltend macht und alles mit der Brille der Effizienz, der Leistungssteigerung und Gewinnmaximierung betrachtet. Ich spüre, wie hohl alles wird, wo Anerkennung, Dank und Wertschätzung keinen Platz mehr haben. Ich spüre die Sehnsucht nach dem Daheim, nach dem Ankommendürfen, wo ich nicht mehr nach dem gefragt werde, was ich kann und bin, sondern wo ich angenommen bin – wahrhaft und wirklich.

Fastenzeit als Chance

Warum sollte die Fastenzeit nicht zu einer solchen Heimkehr werden – zu einem Weg heim zur Gemeinschaft mit Gott, dem Ziel unserer Sehnsucht und der Erfüllung unserer Freiheit? Ein Weg, der herausführt aus dem Gefängnis der Selbstsucht und aus der Angst, etwas verpassen zu können.
Nehmen wir die österliche Bußzeit als Anlass, die Verbundenheit mit Gott neu zu suchen und den Grund unserer Freiheit neu zu bedenken. Und wenn es uns dann gelingt umzukehren, uns Gott, dem Vater, zuzukehren, dann haben wir allen Grund, mit dem Vater auch einzutreten in den Festsaal und teilzunehmen am Fest des Lebens. Dann haben wir allen Grund Pascha – Ostern – zu feiern und uns, wie einst das Volk Israel nach der langen Wüstenwanderung, auszuruhen und Gott dankbar zu sein, weil er in Treue den Weg der Freiheit mit uns geht.

Christoph Böttigheimer

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