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»Dienst am Wort«
Herausgeber
Leseprobe 2
Dritter Adventssonntag
Die Unbegreiflichkeit Gottes aushalten
Lesejahr A

Beitrag zur Lesung

Einführung

Es ist schön mitzuerleben, wenn Kinder sich ungeduldig und erwartungsvoll auf Weihnachten freuen. Eine wertvolle Erfahrung auch für Erwachsene. Doch um eine solche Erwartungshaltung geht es nicht in den Schrifttexten vom dritten Adventssonntag.
Es sind Texte, hineingesprochen, hineingeschrieben in dramatisch-aufgewühlte Situationen, in denen sich die Menschen damals befanden. In der ersten Lesung zeichnet Jesaja ein starkes Bild der Hoffnung inmitten von Resignation und Hoffnungslosigkeit. Advent! In der zweiten Lesung wirbt der Verfasser des Jakobusbriefes um geduldiges Warten inmitten aller Ungeduld der frühen Christen, wann denn endlich ihr Meister »wiederkommt«. Advent! Der Evangelist Matthäus überliefert uns die Antwort Jesu auf die Frage Johannes des Täufers nach dessen Identität. In guter prophetischer Tradition antwortet Jesus mit Bildern voller Zuversicht und Hoffnung. Advent!
Die Zeiten heute sind andere. Doch die Spanne zwischen Verzweiflung und Zuversicht ist geblieben. Advent!

Predigt
Zum Text: Jak 5,7–10 (2. Lesung)

Der biblische Hintergrund

Ungeduldig wartete die frühe Kirche auf die »Wieder-Ankunft« Jesu Christi. Doch je länger sich das hinauszögerte, umso schwerer und anstrengender wurde für sie das Durchhalten. Damit einher ging die ständige Versuchung, im Glauben schwach zu werden, im lebendigen Christsein nachzulassen.
In dieser Situation macht der Jakobusbrief Mut, die nahe Ankunft des Herrn geduldig zu erwarten: »Haltet aus! Macht euer Herz stark!« Das erinnert an die Selbstzusage Jesu am Schluss der Offenbarung: »Ja, ich komme bald.« (Offb 22,20)

Und 2000 Jahre danach?

Die »Wiederkunft« des Herrn lässt nach wie vor auf sich warten. Die heutige Christenheit neigt eher dazu, diese Erwartung auf sich beruhen zu lassen – zumindest hierzulande. Und die »Amtskirche« ist in weiten Teilen zu sehr mit sich selbst und ihrem hierarchischen Erhalt beschäftigt, als dass sie sich ernsthaft dieser Advents-Erwartung stellen könnte.
Doch wenn ich täglich die Bilder von unsäglichem Leid und Elend sehe und ich nicht einer letzten Sinnlosigkeit das Wort rede – dann gibt es für mich nur eine Hoffnung: Das kann und darf und wird nicht so weitergehen. Wenn schon nicht jetzt erkennbar – dann auf jeden Fall in Gottes neuer Welt. Und ich möchte manchmal die letzte Bitte der Bibel laut hinausschreien: »Komm, Herr Jesus!« (Offb 22,20) Mach dem unsäglichen Elend unzähliger Menschen und dem Leid der geschundenen Natur ein Ende! Wohl wissend und mir eingestehend: Wann das geschieht, weiß niemand, das weiß allein Gott.

Was es auszuhalten gilt

Vieles in unserem Leben und in der weiten Welt bleibt unverständlich. Gottes Wege und Gedanken bleiben für uns unergründlich. Seine Pläne können wir letztendlich nicht begreifen und nicht verstehen. Das gilt es auszuhalten. Von dem Theologen Karl Rahner (1904–1984) stammt die Einsicht: »Glauben heißt: Die Unbegreiflichkeit Gottes ein Leben lang aushalten.«
Diese Spanne versuche ich auszuhalten: Ich kenne die Verzweiflung darüber, was Schlimmes in unserer Welt passiert. Und ich habe ebenso die Hoffnung, dass sie, was immer geschieht, keinem blinden Schicksal folgt und keiner unabwendbaren Gesetzmäßigkeit. Dass am Ende von Zeit und Geschichte nichts kommt, was uns Angst machen will. Sondern dass uns am Ende ein menschliches Gesicht anschaut – Jesus, und mit ihm ein unendlich liebender und menschenfreundlicher Gott. Dass die unvorstellbar herrliche Zusage eintrifft: »Geliebte, jetzt sind wir Kinder Gottes. Doch ist noch nicht offenbar geworden, was wir sein werden. Wir wissen, dass wir ihm ähnlich sein werden, wenn er offenbar wird; denn wir werden ihn sehen, wie er ist.« (1 Joh 3,1–3)

… und konkret für heute

Um im biblischen Bild zu bleiben: »Geduldig warten« heißt durchaus, den Spagat aushalten zwischen Erfüllung und Enttäuschung. Heißt für mich auch, versuchen, offen zu bleiben für neue Erfahrungen, mich überraschen zu lassen und mir dabei möglichst treu zu bleiben. Nicht, dass alles in meinem Sinne gut ausgeht, aber ich hoffe, dass etwas einen Sinn hat, egal wie es ausgeht, und dass Gott mir gut will.
»Geduldig warten« heißt auch: Wir sollen den Mut nicht verlieren und auch in schwierigen Zeiten beständig bleiben. Wir sollen uns nicht verführen und nicht verrückt machen lassen. Was auch immer passiert – die Botschaft Jesu ist zu jeder Zeit Evangelium, Gute Nachricht, Frohe Botschaft, eine Botschaft, die von der Angst vor der Zukunft befreien möchte. Advent!

Fürbitten

Die »Ankunft des Herrn« erwarten kostet seit jeher viel Geduld und Durchhaltevermögen. Das geht allzu oft einher mit Resignation oder abnehmender Erwartungshaltung. Auch wir sollen heute nicht locker lassen: »Haltet geduldig durch! Macht eure Herzen stark!« Wir bitten:

– Für die Schöpfung, die völlig aus den Fugen geraten ist durch menschliche Gewinnsucht und Machtgier.
(Komm, Herr Jesus!)
– Für die Mächtigen, die nicht nur machtbesessen, sondern verhandlungsbereit sind und nach Wegen zum Frieden suchen.
– Für die Opfer der vielen sinnlosen Kriege, die ermordet, verletzt, vertrieben, verängstigt und vergessen wurden.
– Für die Menschen, die gesellschaftlich geächtet oder benachteiligt werden wegen ihrer Überzeugung, ihrer sexuellen Orientierung, wegen körperlicher oder geistiger Einschränkung.
– Für die Kirche, die immer noch gespalten und von Krisen geschüttelt ist und oft weit weg von den Sorgen und Nöten der Menschen.
– Für unsere Toten, die zu früh gehen mussten, die unversöhnt verstorben sind, die gläubig und hoffend gehen durften.

Komm, Herr Jesus, so rufen wir. Voll Vertrauen und Hoffnung hören wir Jesus, schauen sein Tun und erbitten seinen guten Geist. Amen.

Michael Broch 



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