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Die Inhalte
der Zeitschrift
»Dienst am Wort«
Herausgeber
Leseprobe 1
Erster Adventssonntag
Wachsam hoffend
Lesejahr A
Beitrag zum Evangelium

Einführung

In unserer Tradition symbolisiert der Anker die christliche Hoffnung. Er steht dafür, dass wir uns in Gott festmachen. Denn Gott schenkt uns Halt und Zuversicht, besonders in den Stürmen des Lebens.
Ein Bild für unsere Hoffnung könnte aber auch ein kleines Kind sein. Ein Kind, das sich erwartungsvoll nach vorne beugt, schaut und lauscht, ob schon etwas zu hören ist, ob er schon kommt, ob es gleich losgeht.
In der Adventszeit halten wir Ausschau nach Gott, lauschen den Schritten, die von seiner Nähe künden – erwartungsvoll und hoffend.

Kyrie-Ruf

Herr Jesus, durch das Stimmengewirr unserer Zeit lauschen wir auf dein Wort und hören deine Stimme.
Herr, erbarme dich.

Herr Jesus Christus, durch die Bilderflut unserer Welt schauen wir aus nach dir und erkennen dein Bild im notleidenden Menschen.
Christus, erbarme dich.

Herr Jesus, durch das Leid der Welt hindurch strecken wir uns dir entgegen und ergreifen deine Hand.
Herr, erbarme dich.

Tagesgebet

Gott, in dem unsere Hoffnung gründet,
du bist uns in Jesus, deinem Sohn, nahegekommen und wirst am Ende
der Zeit durch ihn alles vollenden.
Lass uns in dieser Zeit so leben, dass unser Reden und Handeln von der
Vision einer erlösten Welt Zeugnis gibt, auf die hin wir leben.
Darum bitten wir durch Jesus Christus, deinen Sohn, unseren Herrn und
Gott, der in der Einheit des Heiligen Geistes mit dir lebt und wirkt in
Ewigkeit.

Liedvorschläge

Gesang zur Eröffnung
GL 225 »Wir ziehen vor die Tore der Stadt«

Antwortgesang mit Ruf vor dem Evangelium
GL 549 »Es wird sein in den letzten Tagen« und GL 174/8 »Halleluja«

Gesang zur Gabenbereitung
GL 221 »Kündet allen in der Not«

Gesang zur Danksagung
GL 231 »O Heiland, reiß die Himmel auf«

Schlusslied
GL 552,1–5 »Herr, mach uns stark im Mut, der dich bekennt«

Vorüberlegungen

Die apokalyptische Rede Jesu lässt von ihren Bildern her Ängste wach werden, die auch unsere Zeit kennt. Sie wirft zudem ein Licht auf unsere »Gesellschaft der Angst«, die der Philosoph Byung-Chul Han in einem seiner Bücher skizziert und der er den »Geist der Hoffnung« entgegensetzt. Die Gedanken dieses Autors können helfen, in der Wachsamkeit, zu der Jesus mahnt, jene Hoffnung zu entdecken, die von anderswoher kommt, die Leid und Verzweiflung nicht ausblendet und die zu kraftvollem Handeln ermutigt.

Predigt
Zum Text: Mt 24,37–44 (Evangelium)

Die Angst geht um: Apokalyptische Szenarien heute …

»Die Angst geht um wie ein Gespenst. Permanent werden wir mit apokalyptischen Szenarien konfrontiert: Pandemie, Weltkrieg und Klimakatastrophe. Immer dringlicher wird der Weltuntergang oder das Ende der menschlichen Zivilisation heraufbeschworen. Die sogenannte ›Doomsday Clock‹, die Weltuntergangsuhr, steht 2023 auf 90 Sekunden vor zwölf. So nah an der Zwölf soll ihr Zeiger noch nie gestanden haben.« Mit diesen Ausführungen eröffnet der Philosoph Byung-Chul Han sein Buch »Der Geist der Hoffnung wider die Gesellschaft der Angst«. »Das weitverbreitete Klima der Angst erstickt jeden Keim der Hoffnung« schreibt er weiter. »Mit der Angst macht sich eine depressive Stimmung breit.« Dann geht er aber der Hoffnung auf den Grund, in einem Gang durch Philosophie und Literatur. Er grenzt sie ab gegenüber einem bloßen Optimismus und dem sogenannten »positiven Denken« und beschreibt schließlich Hoffnung als tatkräftige Lebensform voll Elan.

… und im Evangelium

Was wir heute im Evangelium gehört haben, kann auch Angst machen. Die apokalyptischen Szenarien, mit denen Jesus schon in den Versen davor seine Jünger konfrontiert: die Zerstörung des Tempels, Kriege und Kriegsgerüchte, Hungersnöte und Erdbeben, Verfolgung und Gewalt. All das werden sie erleben. Aber noch entscheidender: Das Kommen des Menschensohnes, das Ende der Zeit steht bevor. Und dann, im heutigen Evangelium, beschreibt er, wie diese Katastrophe plötzlich und mitten im geschäftigen Leben über die Menschen kommen wird. Was Jesus da sagt, weckt Bilder in uns. Von Erdbeben- oder Flutkatastrophen, die über Menschen nichtsahnend und unvorbereitet hereingebrochen sind. Von zerstörten Städten oder von Getöteten und Verwundeten in den Kriegsregionen dieser Welt. Von dramatischen Unfällen, wo einer umkam, der andere nicht, und die Frage bohrt: »Warum er und nicht ich?« Von unserem Mühen, das Leben abzusichern und uns gegen alle möglichen Gefahren zu versichern. Ja, Jesu Worte im heutigen Evangelium können Angst machen oder Ängste wachrufen, die wir kennen, die uns plagen oder immer wieder beschleichen.

Angst erstickt das Leben …

Angst wirkt. Das beschreibt Byung-Chul Han in seinem Buch ebenso. Sie treibt in die Enge. Sie schürt Egoismus und Hass. Sie erstickt das eigentliche Leben. Sie lässt die Gesellschaft zu einer Überlebensgemeinschaft verkommen, in der Solidarität, Freundlichkeit und Empathie erodieren und letztlich die Demokratie gefährdet ist. Denn »die Angst ist ein beliebtes Herrschaftsmittel«, das Populisten wirksam einzusetzen wissen. Angst ist nicht konstruktiv. Sie führt nicht in die Zukunft. Sie versucht nur zu bewahren. Sie ist nicht offen für Neues.
Was es heute braucht, ist der Geist der Hoffnung. Und diese Hoffnung, so der Philosoph, »geht weit über das passive Erwarten und Wünschen hinaus. Begeisterung und Elan sind ihre Grundzüge. … Ihr wohnt eine Entschlossenheit zum Handeln inne. … Sie schärft unsere Aufmerksamkeit für das Noch-Nicht-Seiende, für das Noch-Nicht-Geborene, das am Horizont der Zukunft aufdämmert.«

… Hoffnung hält wach

Hoffnung hält also wach, möchte ich da sagen. Hoffnung lässt aufmerksam und bewusst leben. Damit bin ich bei unserem Evangelium. Dort mahnt Jesus: »Seid also wachsam! Haltet euch bereit!« Hier geht es nicht um ängstliches Achtgeben und Aufpassen. Nicht darum, auf der Hut zu sein, um nicht selbst unter die Räder zu kommen. Auch nicht um ängstliche Sorge, wie ich denn alles recht machen kann, dass ich am Ende auf der richtigen Seite stehe. Hier geht es um Hoffnung. »Denn der Menschensohn kommt.« In der apokalyptischen Sprache, die Jesus hier gebraucht, hat das mit etwas Neuem, mit Erlösung, mit Vollendung zu tun. Die aber eben nicht ohne Katastrophe, Kampf, Ringen, ohne die dunklen Seiten des Lebens, Angst und Verzweiflung auf uns zukommen werden. Bei Hoffnung geht es mehr als um die Erfüllung von Wünschen, die Befriedigung von Bedürfnissen, die Lösung von Problemen, die Optimierung meiner Selbst, den Fortschritt der Gesellschaft. Hoffnung geht weit über diese Welt hinaus. Sie kommt von anderswoher. »Sie beugt sich vor, um zu horchen und zu lauschen«, wie Byung-Chul Han sagt. Wenn Jesus also mahnt, wachsam zu bleiben, dann lädt er im selben Atemzug ein, hoffend zu bleiben. 

Wachsam hoffend leben

Wie das gehen kann? In einer Hoffnungsgemeinschaft. Angst lässt Menschen sich oft zurückziehen oder in eher problematischer Weise – populistisch, aggressiv – sich zusammenfinden. In einer Hoffnungsgemeinschaft wie der unseren ermutigen sich Menschen und stärken sich gegenseitig. Durch das Erzählen von Gott, der unserer Hoffnung einen Grund gibt. Durch die Hoffnungsvisionen, die uns die Bibel, vor allem Jesu Botschaft, geben. Durch das Zeugnis, wie wir ganz konkret unsere Hoffnung leben. Deshalb ist Glaubensgemeinschaft – in welcher Form auch immer – so wichtig. Dann in unserer Gottesbeziehung. In unserer Beziehung zu dem, der uns Hoffnung schenkt, die über dieses Leben hinausreicht. Mit ihm betend in Verbindung zu bleiben, lässt die Hoffnung nicht zugrunde gehen. Gerade in Zeiten der Angst, der Verzweiflung. Schließlich im Dienst an den Menschen. Darauf weisen Jesu Worte hin, die dem heutigen Evangelium folgen. Im Hier und Heute als treuer und kluger Knecht leben, meine Aufgabe erfüllen, meine Verantwortung wahrnehmen. Als ob der Herr gleich nachher kommen würde. Und dabei erfahren, wie das die Welt prägt, wie ich zu einem guten und menschlichen Miteinander beitragen kann. Wie Empathie, Solidarität und Freundlichkeit sogar den Hass und die Angst überwinden können. So können wir wachsam hoffend leben und vielleicht den Klimawandel der Angst auf ein Maß begrenzen, das uns nicht nur überleben, sondern wirklich leben lässt.

Fürbitten

Gott, mit unserem Herrn Jesus Christus stehen wir vor dir und bringen dir, was Menschen ängstigt und Sorgen macht:

– Die Sorgen derer, die sich in unserer Kirche engagieren, die fragen, wie es weitergeht, welche Veränderungen notwendig sind. – Stille –
(GL 365 »Meine Hoffnung und meine Freude«)
– Die Ängste derer, die in Städten leben, auf die immer wieder Bomben fallen, und die Ängste derer, die als Soldatinnen und Soldaten kämpfen müssen. – Stille –
– Die Sorgen derer, die nicht wissen, wie sie ihre Kinder ernähren sollen und wo sie einen sicheren Ort zum Leben finden. – Stille –
– Die Ängste derer, die von einer schlimmen Krankheit heimgesucht sind, und die Ängste derer, die als Angehörige und Freunde zu ihnen gehören. – Stille –
– Die Sorgen derer, die ihren Arbeitsplatz verloren haben, und die Sorgen derer, die von ihrer Arbeit nicht wirklich leben können. – Stille –
– Die Ängste derer, die wissen, dass sie bald sterben werden, und die Ängste derer, die sie loslassen müssen. – Stille –

Gott, in Jesus Christus schenkst du uns Hoffnung, die über diese Welt hinausreicht und die uns in dieser Welt in der Kraft deines Geistes handeln lässt. Wir danken dir, heute und in Ewigkeit.
Amen.

Klaus Kempter

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