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»Dienst am Wort«
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Leseprobe 2
Pfingstsonntag
Was ändert sich durch den Heiligen Geist?
Lesejahr A – B – C
Beitrag zur Lesung

Einführung


Wussten Sie, dass »Demenz« übersetzt bedeutet: »weg vom Geist«? Demenz heißt, dass jemand die Kraft des Geistes verliert, dass Orientierung und Gestaltungskraft verloren gehen. Erst wenn diese Fähigkeiten schwinden, merken wir, für wie selbstverständlich wir sie halten. Pfingsten könnten wir als das Fest »hin zum Geist« bezeichnen. Das Pfingstfest rückt in den Mittelpunkt, dass Gott durch seinen Geist Menschen belebt und leitet. Seine Geistkraft will Energie und neue Ideen in uns wecken. Sie rüttelt an verschlossenen Türen und lässt Aufbruch spürbar werden.

Predigt

Zum Text: Apg 2,1–11 (1. Lesung)

Gottes Geist erfasst Menschen und belebt sie


Geschichte vom Geist. Es ist eine Geschichte voller großartiger Bilder und Anschaulichkeit. Sie zeigt, was geschieht, wenn der Geist Gottes Menschen erfasst und sie bewegt. Dabei wird nicht nur eine Geschichte von damals erzählt, sondern auch eine von heute

Beginnen wir damals. Damals saßen die Jünger, also die berufenen elf Apostel plus der für Judas nachgewählte Matthias beieinander. Sie saßen zusammen mit den Frauen und Maria, der Mutter Jesu, und seinen Brüdern (Apg 1,13f). Es waren also Männer und Frauen versammelt. Sie alle hatten Jesus gekannt, ihr Leben an ihm ausgerichtet und kämpften mit Trauer und Ratlosigkeit über seinen Tod. Von Mission und Aufbruch keine Spur. Es war eher so, dass man einander in der Abgeschiedenheit Beistand leistete, betete und versuchte zu verstehen, was geschehen war.

Gottes Geist als unverfügbare Kraft


In diese Situation platzte nun der Heilige Geist. Keiner öffnete ihm höflich die Tür. Keine rief ihn herbei. Der Geist kam plötzlich, und er kam heftig. Wer die Lesung aus der Apostelgeschichte hört, kann den Wind rauschen hören. Türen schlagen, Fenster öffnen sich. Ein Brausen fährt durch das Haus. Man kann sich vorstellen, wie alle auf die Füße springen und sich umschauen. Der Sturm fährt durch ihre Gewänder, ihre Haare, das Gesicht. Richtig durchgepustet werden sie.

Gottes Geist ist individuell erfahrbar: für Männer und Frauen

Und damit nicht genug. Es ist nicht nur eine gemeinschaftliche Erfahrung, die sich hier vollzieht. Es ist auch eine individuelle. Auf jeden und jede von ihnen ließ sich eine »Zunge wie von Feuer« nieder. Männern und Frauen wird dieses Zeichen zuteil. Männer und Frauen werden von diesem Geist erfasst und empfangen den Heiligen Geist.

Gottes Geist bleibt nicht unbemerkt

Offensichtlich war das alles kein leises und friedliches Geschehen. Die Apostelgeschichte spricht von einem Getöse. Es ist nicht nur drinnen in der guten Stube zu vernehmen, sondern auch draußen. Menschen versammeln sich, schauen, was los ist, und sind fassungslos vor Staunen.

Die vom Geist Erfassten können in verschiedenen Sprachen reden. Sie werden von Menschen aus unterschiedlichen Kulturen und Sprachräumen verstanden. Allen verkünden sie Gottes große Taten.

Auch aus heutiger Sicht ist das ein wunderbares Bild: Menschen, die Jesus nachfolgen, wecken Staunen und Fragen. Sie haben etwas zu sagen. Sie werden verstanden, können Sprachbarrieren überwinden und wirken durch und durch lebendig.

Die Apostelgeschichte knüpft an Vorstellungen des Alten Testaments über die Geistkraft Ruach an

Mag sein, dass Lukas, der Verfasser der Apostelgeschichte, die Ereignisse bunter malt, als sie waren. Seine Schilderung des Geistes passt aber ohne weiteres zu dem, was wir bereits im Alten Testament über den Geist erfahren. Dort heißt der Geist »Ruach« und ist weiblich.

Diese Ruach, die Geistkraft, finden wir im Alten Testament in unterschiedlichen belebenden Wirkweisen wieder. Da ist vom Wind die Rede, der kommt und geht. Mal ist er stark, mal schwach, jedenfalls unverfügbar und vom Menschen nicht lenkbar. Er weht, wo er will, ist Werkzeug Gottes. In seiner Unverfügbarkeit ist er Zeichen der Allgegenwart und Unverfügbarkeit Gottes.

Bewegte Luft und Lebensatem als Wirkung des Geistes


Wer dem Klang des Wortes »Ruach« lauscht, kann durch den Wortklang geradezu das Geräusch bewegter Luft hören. So wundert es nicht, das Ruach auch für den Lebensatem steht. Durch diesen Atem wird der Mensch lebendig und kann handeln. Gott schenkt ihm Lebenskraft. Der Atem durchströmt uns und gibt uns Energie. So können wir aktiv sein. Wir werden nicht nur bewegt, sondern wir bewegen. Der Geist kann dabei Antreiber und Kraft sein.

In der Menschheitsgeschichte hat sich so mancher vom göttlichen Geist anregen und aktivieren lassen. So heißt es von Micha, dass er als Prophet einstand für das Recht. Er sagte: »Ich aber, ich bin voller Kraft, ich bin erfüllt vom Geist des Herrn, voll Eifer für das Recht und voll Mut, Jakob seine Vergehen vorzuhalten und Israel seine Sünden« (Micha 3,8).

Von der Scheidung der Geister


Viele Prophetengeschichten zeugen von diesem göttlichen Geist, der sie antrieb, einen Standpunkt zu haben und für ihn einzustehen. Zugleich zeigt sich bereits hier, dass die Sache mit dem Geist nicht immer so eindeutig und klar ist, wie wir es gerne hätten. Das ist ja auch der Apostelgeschichte anzumerken.

Für die Jüngerinnen und Jünger ist klar, dass sich in diesem Brausen und den Feuerzungen vollzieht, was Johannes der Täufer und auch Jesus selber angekündigt haben: Der Geist Gottes kommt über sie. Für die Zuschauerinnen und Zuschauer, die die geistbewegten Jesusanhänger erleben, ist die Sache nicht so eindeutig. Sie staunen und wundern sich, das haben wir schon gehört. Wer in der Apostelgeschichte weiterliest, hört aber auch die Vermutung, dass die Jünger Jesu betrunken seien. – Man kann die ganze Angelegenheit offensichtlich von unterschiedlichen Seiten anschauen.

Was bedeutet all das für uns heute?

Gottes Geist kann durch jede und jeden von uns wirken

Deutlich wird, dass den Geist jede und jeder empfangen kann. Petrus selber macht das deutlich, als er kurze Zeit später seine erste Ansprache in der Öffentlichkeit hält. Dabei zitiert er den Propheten Joël, der Gottes Wort so übermittelt: »Ich werde von meinem Geist ausgießen über alles Fleisch. Eure Söhne und eure Töchter werden prophetisch reden, eure jungen Männer werden Visionen haben und eure Alten werden Träume haben« (Apg 2,17).

Für Petrus wie den Propheten Joël ist klar: Der Geist Gottes kann über alle kommen, über Junge und Alte, über Männer und Frauen. Gott kann in jeder und jedem wirken.

Gottes Geist weckt Träume

Deutlich wird auch: Der Geist Gottes zementiert nicht, er weckt neue Ideen, Träume, Visionen. Der Prophet Joël geht fest davon aus, und auch die Freunde Jesu erleben das in der Apostelgeschichte. Nach dem Geistempfang treten sie hinaus. Sie haben den Mut, von Jesus öffentlich zu erzählen und neue Wege zu gehen. Die Geistkraft weckt eine neue Sprachfähigkeit in ihnen und Mut. Lebendigkeit geht von diesen begeisterten Jüngerinnen und Jüngern aus.

Schauen wir auf das Wirken von Ruach und Geistkraft in der Bibel, stellt sich die Frage: Was weckt unsere persönlichen und kirchlichen Lebensgeister? Was dient dem Leben? Wo fühlen wir uns lebendig? Und warum schaffen wir nicht mehr Orte und Gelegenheiten, wo Menschen sich persönlich und in christlicher Gemeinschaft lebendig fühlen? Wie müssen wir die Rahmenbedingungen gestalten, damit wir unsere Potentiale entfalten – zum eigenen Wohl und zum Wohl der Gemeinschaft?

Die Geistkraft als Wegweiser in kritischen Situationen


Der Heilige Geist/die göttliche Geistkraft hat noch lange nicht ausgedient. Sie kann auch uns erfassen. Lukas, der Schreiber der Apostelgeschichte, hielt jedenfalls sehr viel vom Heiligen Geist. In seinem Werk, das sein Evangelium und die Apostelgeschichte umfasst, verwendet er das griechische Wort für Geist »Pneuma« 100 Mal, davon 70 Mal allein in der Apostelgeschichte. Wenn es um Weichenstellungen geht, wenn der Lauf der Geschichte auf dem Spiel steht, dann sieht Lukas den Geist als Lotsen wirken. Immer sind es Geschichten, die Mut machen möchten.

Auch uns ist diese Geistkraft Gottes in Taufe und Firmung zugesprochen. Entdecken wir sie in unserem Leben. Lassen wir uns durch sie leiten und beleben.

Fürbitten

Guter Gott, suchen wir das Beständige und Felsenfeste oder sind wir auch offen für Wandel und Entwicklung? Diese Frage stellte sich den Jüngerinnen und Jüngern beim Pfingstfest, sie stellt sich aber auch uns heute. Wir bitten dich:

- Du bist spürbar im Wind, der uns ins Gesicht weht. Widerspruch und Kritik erschrecken uns, zugleich sind sie eine Chance zu wachsen. Schenke uns Mut, auch auf Unangenehmes zu hören.
(GL 312/2 »Sende aus, deinen Geist«)
- Du schenkst uns Atem, damit wir leben. Dein Schöpferatem belebt und weckt Kräfte. Hilf uns, Erstarrtes in unserem Leben, aber auch in unserer Kirche abzulegen, um Raum für neues Leben zu schaffen.
- Du ermutigst Menschen zum Einsatz für eine bessere Welt. Stärke alle, die sich einsetzen für die Bewahrung der Schöpfung und für Lebensbedingungen in Freiheit und Gerechtigkeit.
- Du siehst jeden Menschen und möchtest allen Orientierung geben durch deinen Geist. Sei uns Lotse in schwierigen Situationen, damit wir den richtigen Weg erkennen und einschlagen.
- Du schenkst Frauen und Männern, Jungen und Alten Gaben und Fähigkeiten. Gib uns den Mut, diese Fähigkeiten zu entfalten und beieinander anzuerkennen.

Guter Gott, du bist Geist, und deine Geistkraft durchdringt die Erde. Wecke in uns Lebenskraft und Mut zum Aufbruch, damit die Erde die Gestalt annimmt, die du ihr zugedacht hast. Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn. Amen.

Beatrice Dörner

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