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»Dienst am Wort«
Herausgeber
Leseprobe 2
30. Sonntag im Jahreskreis
Die Sorge um Arme, Fremde, Unterdrückte und Flüchtende ist Chefsache
Lesejahr A
Beitrag zur Lesung

Einführung


Wir haben uns zusammengefunden, um auf Gottes Wort zu hören, ihn anzubeten und das gemeinsame Mahl zu feiern, das unser Herr gestiftet hat. Wir feiern – mit einem Wort – die Menschenfreundlichkeit unseres Gottes. Das hat unweigerlich Konsequenzen für unser Leben. Darauf macht uns heute ein Lesungstext aus dem zweiten Buch Mose aufmerksam. Zunächst grüßen wir unseren Herrn Jesus Christus in unserer Mitte und rufen um sein Erbarmen.

Predigt

Zum Text: Ex 22,20–26 (1. Lesung)


Hintergrund der vorliegenden Rechtssammlung

Vom Verhalten gegenüber den Fremden, vom Umgang mit den Armen und Wehrlosen, von Schuldnern und Zinsen ist in der heutigen Lesung die Rede. Themen, die hochaktuell sind. Ich bin sicher: Jeder und jede von uns hat aus den Nachrichten der letzten Wochen sofort eine Reihe von Beispielen parat, ganz konkret aus unserer näheren oder weiteren Umgebung. Die Aktualität dieses alten Textes ist erstaunlich, denn die Lesung stammt aus dem Bundesbuch des Volkes Israel, das vor etwa 2700 Jahren entstand und die älteste Rechtssammlung der Bibel enthält. Das hauptsächliche Anliegen war der Schutz der sozial und rechtlich Schwachen. Damals schon gab es große Flüchtlingsströme, mit denen das Volk Israel zurechtkommen musste. Diese Rechtssammlung wollte Menschen schützen, die keine Stimme in der Gesellschaft hatten: die Zugezogenen und Flüchtlinge, die Witwen und Waisen, deren Zahl gerade in Zeiten des Krieges stets zunahm, die Verarmten und Verschuldeten. Diese Menschen hatten keine Möglichkeit, sich vor Gericht Recht zu verschaffen. Die Liebe zu den Fremden gehört für Israel zum Gebot der Gottes- und Nächstenliebe, welches das Herzstück der ganzen biblischen Botschaft bildet. Unter Fremden versteht die Bibel Menschen, die an einem Ort leben, wo sie weder Verwandte noch Grundbesitz haben – also sowohl Israeliten als auch andere Volksangehörige. Fremde hatten damals ähnliche Probleme wie heute. Fremde, die sich vorübergehend im Land aufhielten, genossen Gastrecht. Vergleichbar mit Touristen heute. Schwieriger war es für Fremde, die sich im Land niederließen, zum Beispiel Flüchtlinge. Sie hatten weder Gastrecht noch das Recht der Bürger. Sie waren also rechtlos. Die galt es besonders zu schützen, ebenso wie die rechtlosen Waisen und Witwen. So viel zum Hintergrund der heutigen Lesung aus dem zweiten Buch Mose.

Gott wendet sich Schwachen und Schutzbedürftigen zu


Mit welchen Ohren hören Sie diese Sätze? Sind es für Sie die lästigen Appelle, die viele inzwischen schon gar nicht mehr hören wollen? Manche sind es inzwischen schon leid und meinen, man solle sie damit doch in Ruhe lassen. Sich um Arme und Menschen auf der Flucht zu kümmern, solche Aufrufe sind inflationär und kosten zudem nichts. Sie sind wohlfeil und meist ohne Wirkung. Umgang mit Fremden, Zuwendung zu den Armen und Hilflosen – warum traktieren wir trotzdem diese Themen heute und immer wieder im Gottesdienst, in der Gemeinde, in der Kirche? Es gibt einen ganz einfachen Grund, warum Sie sicher sein können, dass Sie immer wieder gerade im Gottesdienst mit diesen Themen behelligt werden. Und dieser Grund wird in der heutigen Lesung besonders deutlich. Es heißt da sinngemäß: Wenn du Arme und Fremde ausbeutest und ausnützt und sie zu Gott schreien, dann wird er auf ihren Klageschrei hören und sein Zorn wird entbrennen. Und es werden die stärksten Drohungen formuliert, die die Bibel von Seiten Gottes kennt: Wer Schwache unterdrückt und ausbeutet, den droht Gott mit dem Schwert umzubringen. Die Sache Schutzbedürftiger ist zugleich die Sache Gottes. Daher ist Gottesdienst ohne diese Themen gar nicht denkbar. Wer etwas mit diesem Gott der Bibel zu tun haben will, der muss sich unweigerlich den Armen und Schutzlosen zuwenden.

Verbindliche Konsequenzen für Gemeinde und einzelne Glaubende

Das hat Konsequenzen für uns als glaubende Gottesdienstgemeinde und für jeden und jede Einzelne. Eine Gemeinde, die Gottesdienst feiert und sich nicht gleichzeitig um Arme und Schwache kümmert, ist höchst unglaubwürdig und widersprüchlich. Sie verrät die Sache Gottes, zu dem sie betet. Einer Gemeinde, die den Gott der Bibel verehrt, ist es nicht freigestellt, ob sie sich an die Seite von Armen und Schwachen stellt und für sie Partei ergreift. Das gehört vielmehr zu ihrem Wesen, weil es zum Wesen Gottes gehört. Bei denen, die an den Gott der Bibel glauben, darf die Sorge für Arme, Flüchtende und Fremde nie zu einem unverbindlichen Appell oder zu einer beliebigen Nebensache verkommen. Wer die Sorge für Arme hintanstellen oder gar ausblenden will, muss wissen, dass er damit Gott selber ausblendet. Zum Gott der Bibel zu beten, heißt immer auch, andere Menschen, besonders Arme und Schwache in den Blick zu nehmen. So wie es von Gott heißt, dass er mit ihnen mitleidet, so gehört originär zu unserem Glauben, mit Armen und Schwachen mitzuleiden und für sie einzustehen. Konsequent zu Ende gedacht gehören Zuwendung zu den Armen und Glaube an Gott so eng zusammen, dass Ausbeutung von Schwachen und Schutzlosen Lästerung Gottes bedeutet, also Blasphemie. Das Alte Testament deutet das Übertreten dieser Regeln als Gotteslästerung. Die liebevolle Hinwendung Gottes zu den Schwachen und Unterdrückten bildet den Maßstab für das Verhalten derer, die an ihn glauben.

Daran haben wir uns zu orientieren, wenn wir über Geflüchtete reden. Das ist die Vorgabe, wenn es um gerechte Verteilung von Gütern geht und im weitesten Sinn um das Zusammenleben in unserer Gesellschaft. Wie diese Menschenfreundlichkeit Gottes konkret umgesetzt werden kann, dafür hat sein Sohn Jesus Christus viele Beispiele geliefert.

Fürbitten

Guter Gott, du hörst die Schreie der Leidenden. Höre auch unser Rufen. Wir bitten dich:

- Für die Menschen, die unter Gewalt und Unrecht leiden oder Opfer von Missbrauch sind: Steh ihnen bei.
- Für alle, die Macht und Einfluss haben: Stärke ihren Mut, für die Schwächeren Partei zu ergreifen.
- Für unsere Gemeinden und die ganze Kirche: dass sie glaubwürdige Zeugen deiner Menschenfreundlichkeit werden.
- Für uns selber: Um den klaren Blick für Not und Elend anderer Menschen und um die Kraft, uns für sie einzusetzen.

Gott, du hast uns in deinem Sohn dein menschenfreundliches Gesicht gezeigt. Dafür danken wir dir und preisen dich alle Zeit. Amen.

Josef Birk

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