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»Dienst am Wort«
Herausgeber
Leseprobe 2
Zweiter Adventssonntag
Sind wir bei Trost?
Lesejahr A
Beitrag zur Lesung

Einführung


Auch wenn es so aussieht, als ob die Menschen in unseren Breiten immer kirchenferner und womöglich auch glaubensferner werden – die Adventszeit kann Türen öffnen, die sonst eher verschlossen bleiben. Die Symbolik von (Kerzen-)Licht im Dunkel, der vertraute Klang der adventlichen Melodien und Lieder bringen die Hoffnung zum Schwingen, dass der Gott unseres Lebens uns nicht in der täglichen Tretmühle verloren gibt, sondern uns entgegenkommt, ja »Heil und Leben mit sich bringt«. Also: »Macht hoch die Tür, die Tor macht weit!«

Predigt


Zum Text: Röm 15,4–9 (2. Lesung)

»Bist du noch bei Trost!?« sagen wir, wenn einer aus Rand und Band ist. Ungetröstet sind wir wie aus den Fugen. Wir können nicht leben, ohne getröstet zu werden. Wohl kennen wir alle Situationen in unserem Leben, in denen wir uns nach Trost gesehnt haben und sehnen, auch wenn wir es nicht nach außen zugeben wollen. Und manche und mancher ist schon erschrocken, wie plötzlich sich Abgründe von Trostlosigkeit im Leben auftun können.

Kein Trostpflaster


Was gibt uns Trost? Nicht billigen Trost, der sich ja schnell als Vertröstung entlarvt; kein Trostpflaster, mit dem man nur abgefertigt wird. Die Mutter eines behinderten Kindes sagte mir einmal: »Die Schlimmsten sind die, die einen trösten wollen.« Sie meinte Menschen, die schnell Trostworte parat haben, bei denen man aber das Gefühl hat, dass sie sich damit den anderen mit seiner Not nur vom Leib halten wollen – und ihn so nur noch tiefer in Isolation hineinstoßen. »Lästige Tröster seid ihr allesamt«, sagt Hiob zu seinen Freunden, die sein Elend mit vielerlei Trostworten und Erklärungen zudecken wollen. Was gibt uns wirklichen Trost?

Trost durch Treue

In unserer deutschen Sprache kommt das Wort »Trost« und das Wort »Treue« aus derselben Wurzel. Sie gehören innerlich zusammen! Nur der kann mich wirklich trösten, von dem ich spüre, dass er treu an meiner Seite bleibt. Im Lateinischen heißt »trösten« consolari, zu deutsch: mit (con) dem sein, der allein (solus) ist. Wir haben es schon als Kind erfahren, als man Zahnweh hatte und zur Mutter ging, die dann nicht sagte: Das ist nicht so schlimm, nimm dich halt zusammen!, sondern einfach die Hand auf die Backe legte und zum Zahnarzt mitging. Dann waren wir getröstet und konnten die Schmerzen tragen.

Wo bleibst du, Trost der ganzen Welt?

Das Trostwort, das wir einem anderen sagen, bekommt also erst Kraft, wenn wir ihm zu spüren geben: Ich fühle mit dir, ich bin an deiner Seite! Wenn alle dich verlassen, ich verlasse dich nicht! So aber spricht Gott selber! So ist ja seine Art, zu trösten: »Wie eine Mutter ihr Kind tröstet, so tröste ich euch«, heißt es beim Propheten Jesaja (Jes 66,13). »Gott des Trostes« nennt ihn Paulus in seinem Brief an die Römer (wir haben die Stelle gehört). Ja, es gibt Wunden, die nur Gott heilen kann, Tränen, die nur er abwischen kann. Und so singen wir in diesen Adventstagen: »Wo bleibst du, Trost der ganzen Welt!?« (GL 231,4) und bauen auf das wunderbare Wort aus der Offenbarung des Johannes: »Er wird alle Tränen aus ihren Augen wischen!« (Offb 21,4)

Der »Paraklet«

Aber das Wort vom kommenden Trost ist noch nicht die ganze Botschaft. Paulus schreibt: »Der Gott der Geduld und des Trostes schenke euch, eines Sinnes untereinander zu sein, Jesus Christus gemäß … Darum nehmt einander an, wie auch Christus uns angenommen hat.« Durch Christus hat Gott uns also schon jetzt seinen Trost gesandt – den Heiligen Geist, den »Parakleten« (wie es in der griechischen Ursprache des Evangeliums heißt): den Tröster, der bei uns bleibt und der uns befähigt, einander zu trösten. Ja, indem wir einander trösten, wird Gott unser Trost. Indem wir einander unsere Wunden zeigen und verbinden, wird Gott unser Arzt.

Trostort Kirche?

Für Paulus ist noch ein weiterer Gedanke wichtig. Er schreibt: »Der Gott … des Trostes schenke euch, dass ihr einträchtig und mit einem Munde Gott den Vater unseres Herrn Jesus Christus preist!« Indem wir hier zum Gottesdienst zusammenkommen, um Gott zu preisen, wird Gott unser Trost, strahlt uns das tröstende Antlitz Jesu Christi auf. Kirche ist der Ort, wo der Trost Gottes uns berührt. Der Prophet Jesaja sagt: »In Jerusalem findet ihr Trost«! (Jes 66,13); und er meint damit nicht einfach das geografische Jerusalem, sondern das »Jerusalem« hier und jetzt: die Gemeinde, die sich zum Lob Gottes versammelt.

Als Pfarrer trifft man ja nicht selten Menschen, die einem vorhalten: Ja, damals, als ich in Not war, da kam niemand von der Kirche! Und ich werde traurig über mich und über uns, weil wir offenbar im rechten Moment nicht zur Stelle waren. Und doch muss ich auch denken: Hättest du dich doch auch selber eingereiht in die Gemeinschaft derer, die sich einmütig zum Lob Gottes versammeln, zum Gottesdienst. In »Jerusalem« findest du Trost!
Freilich kann man auch ungetröstet aus einem Gottesdienst gehen. Vielleicht sind wir Kirchgänger selber oft nicht ganz bei Trost. Und doch wären wir wohl nicht hier, wenn wir nicht die Erfahrung machen würden, dass die Gemeinschaft des Gottesdienstes immer neu Quelle des Trostes ist. Hier werde ich getragen durch den Glauben und die Hoffnung der anderen, die mit mir auf die Treue Gottes und auf seinen Trost bauen. Hier erfahre ich, dass ich nicht allein meinen Weg gehe. Und ich weiß, dass der, der neben mir in der Kirche sitzt, mir draußen im Leben nicht mehr egal sein kann.

Fürbitten

Du Gott der Geduld und des Trostes! Sieh auf das Ungelöste und Ungetröstete unserer Zeit und Welt! Wir rufen zu dir: Herr, erbarme dich.

- Wir bitten für das Land, in dem Jesus geboren wurde und das bis heute durch Unfrieden und Gewalt zerrissen ist.
(Herr, erbarme dich)
- Wir bitten für die Menschen in den Kriegszonen unserer Welt: Stütze und bestärke alle Bemühungen um eine echte Friedensordnung.
- Wir bitten für die Kranken in den Häusern und Kliniken, für die dieser Advent besonders existentiell ist: Tröste sie durch deine Nähe.
- Wir bitten für die Trauernden und für alle, die Abschied nehmen müssen: Stärke ihren Lebensmut und lass sie helfende Hände ergreifen.
- Wir bitten auch für die, deren Leben nur Betrieb und Getriebensein ist: Stifte heilsame Unterbrechung, die aufatmen lässt.

Biete deine Macht auf, unser Gott, und komm, uns zu erlösen. So bitten wir durch Jesus Christus. Amen.

Thomas Keller

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