archivierte Ausgabe 7/2019 |
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Herausgeber |
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Leseprobe 1 |
30. Sonntag im Jahreskreis |
Richtig stolz sein dürfen! |
Lesejahr C |
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Beitrag zum Evangelium
Einführung
Wie bekomme ich ein starkes Rückgrat, einen aufrechten Gang, um mich in dieser Welt behaupten zu können? Ist das als Christ überhaupt erwünscht oder steht uns die Demut besser zu Gesicht? Im heutigen Gleichnis Jesu über einen aufrechten Pharisäer und einen demütigen Zöllner werden wir mit dieser Frage konfrontiert. Für einen gesunden Rücken wenden wir uns an den Arzt. Geht es aber um eine Mitte zwischen einem aufrechten Rückgrat und einer angemessenen demütigen Lebenshaltung ist möglicherweise Jesus als der Heiland ein guter Adressat. Wenden wir uns voll Vertrauen an ihn.
Kyrie-Ruf Herr Jesus Christus, du verkündest eine bewegende und heilende Botschaft. Herr, erbarme dich. Herr Jesus Christus, du wendest dich dem Verlorenen und den Schwachen zu. Christus, erbarme dich. Herr Jesus Christus, du ermutigst zu aufrechtem und erfülltem Leben. Herr, erbarme dich.
Tagesgebet Gott, du bist uns Vater und Mutter. Wir sind hier zusammengekommen, dein lebendiges Wort zu hören, zu singen und zu feiern. Wir sind hier, wie wir nun einmal sind: gesegnet und begabt, bedrückt und mit manchem belastet. Aus uns wissen und können wir viel, aber wir wissen auch: Deine Gnade muss ergänzen, was fehlt. So halten wir dir hin, was uns jetzt bewegt und vertrauen durch Christus unseren Herrn.
Liedvorschläge Gesang zur Eröffnung GL 489,1–3 »Lasst uns loben, freudig loben« Antwortgesang mit Ruf vor dem Evangelium GL 481,1.5 »Sonne der Gerechtigkeit« und GL 174/7 »Halleluja« Gesang zur Gabenbereitung GL 427,1–2 »Herr, deine Güt ist unbegrenzt« Gesang zur Kommunion GL 210 »Das Weizenkorn muss sterben« Dankhymnus/Schlusslied GL 385,1–3 »Nun saget Dank und lobt den Herren«
Meditation
Wo stehe ich Gott hier in deiner Kirche hinten oder vorne einsam oder gemeinsam fern oder nah bei dir
Wie stehe ich Gott hier in deiner Kirche gebeugt oder aufrecht still oder laut fern oder nah bei dir
Und du selbst Gott wo stehst du in deiner Kirche nah und fern enttäuscht und stolz berührt und erfüllt menschlich nah
Sei uns gnädig, Herr!
Vorüberlegungen
Zum Text: Lk 18,9–14 (Evangelium)
Wer ist vor Gott gerecht? Wer kann in das Reich Gottes eingehen? Auf diese Fragen versucht Lukas in der Komposition dreier Erzählungen Antworten zu geben: In unserer heutigen Perikope vom Pharisäer und Zöllner, danach in der Erzählung der liebenden Aufnahme der Kinder und schließlich vom Versagen des vornehmen Reichen behandelt Lukas die Einlassbedingungen in das Reich Gottes. Im ersten Teil werden uns hierzu die unterschiedlichen Gebetsmotivationen eines Pharisäers mit einem Dankgebet und eines Zöllners mit einem Bittgebet vor Augen geführt. Dabei wird die demütige Haltung des sündigen Zöllners gerechtfertigt, während die stolze Haltung des Pharisäers, der sich an das Gesetz hält, abgewertet wird. Allerdings verurteilt der Erzähler dabei nicht das vom Pharisäer Geleistete, wie das zweifache Fasten und das Spenden des zehnten Teils seines Vermögens, auch nicht seine sonstige korrekte Lebensführung. Ebenso wenig lobt er auch nicht die angedeuteten Sünden des Zöllners beim Steuereintreiben. Darüber bleibt das Urteil offen. Vielmehr richtet er die Aufmerksamkeit des Lesers auf die damit einhergehende vergleichende Haltung des Pharisäers in seiner positiven Selbsteinschätzung und der abwertenden Fremdeinschätzung der Taten des Zöllners, dessen Bewusstseinslage und Lebensumstände er nicht kennt. Der Monolog des Pharisäers der Selbstzufriedenheit, die Gott keinen Raum gibt, müsste aus lukanischer Sicht geändert werden, ohne sein rechtes Tun zu unterlassen. Das Dankgebet über sein scheinbar gelungenes Leben sollte weniger um sich selbst kreisen, als vielmehr auf Gott hin ausgerichtet werden. Im griechischen Text heißt es überraschenderweise: »Er betete zu sich selbst!« In dieser Haltung scheint für Gottes Mitwirken und Bereitschaft, seine Gnade schenken zu wollen, kein Platz zu sein. So kann der »Gerechte« nicht als gerechter nach Hause zurückkehren, der »Sünder« schon. Welch provozierende Aussage!
Predigt
Die erwartete Demut der Christen
Gibt es etwas in Ihrem Leben, auf das Sie stolz sind? Und wie schnell fällt Ihnen dazu etwas ein? Sind wir diesbezüglich nicht eher zurückhaltend? Dürfen wir das überhaupt, als Christen stolz sein? Viele von uns haben es anders gelernt. Zu unserem Bild passt vermutlich eher die Demut: Christen müssten demütig sein, die letzten Plätze einnehmen. Dies könnte man schon bezüglich der Platzwahl der Besucher in unserer Kirche so ableiten, dass sie seltsamerweise die hinteren Reihen bevorzugen trotz der besseren Sicht in den vorderen.
Die Zurückhaltung des Zöllners, der Stolz des Pharisäers
Im ersten Blick auf das heutige Evangelium werden wir zu dieser Haltung ermutigt: Der zurückhaltende Zöllner wird uns als Vorbild vor Augen geführt, der sich hinten im Tempel stehend demütig auf die Brust schlägt und von Jesus dafür gelobt wird. Erlauben Sie mir aber die Frage: Ist das, was der Pharisäer tut, nicht auch eines Lobes wert? Er fastet zweimal in der Woche und gibt den zehnten Teil seines Einkommens. Wer schafft das schon? Er haut keinen übers Ohr, prahlt nicht einmal mit dem, was er tut, denn er ist ganz leise. Leise spricht er die Worte im Tempel, nur still vor sich und vor Gott. Soll das etwa schlecht sein? Er tut viel Gutes und Richtiges. Darf er das nicht auch vor Gott sagen? Wenn uns etwas gut gelingt? Dürften wir es nicht zeigen, und sogar etwas stolz sein? Uns selbst auf die Schultern klopfen? Seltsamerweise fällt es vielen oft nicht leicht, mit einem Lob angemessen umzugehen. Wir kennen die Antwort: »Ach, das ist doch nicht der Rede wert!« Ist das nicht eine übertriebene Bescheidenheit? Besser wäre zu sagen: »Das freut mich, danke, ich fand es auch ganz gut.« Dürften wir dieses gute Gefühl sogar bezüglich unserer Kirche zulassen und dazu stehen, dass sie einerseits Schuld auf sich geladen und gleichzeitig aber Großartiges geleistet hat? Vermutlich entspricht diesem »gleichzeitig« auch unser persönliches Leben mit unseren Stärken und Schwächen. Christsein kann nicht bedeuten, grundsätzlich mit hängendem Kopf, demütig, schuldbewusst in die Welt zu blicken. Was gut ist, muss von uns selbst wertgeschätzt werden, wir dürfen auch stolz auf etwas sein! Dennoch macht uns dieses Evangelium auf zwei kritische Aspekte aufmerksam, weswegen die Pharisäer Jesus auf die Palme bringen:
Das eigentliche Problem des Pharisäers
Erstens ist der Pharisäer überzeugt, dass er nur aus eigener Kraft und dem Einhalten der Gesetze vor Gott gerecht werden kann. Dabei handelt es sich wohl um ein Selbstwertgefühl, welches nur im Bemühen um Korrektheit entsteht. Der zweite Aspekt verbirgt sich in seiner inneren Haltung, die ihn sagen lässt: »Ich danke dir, Gott, dass ich nicht so bin wie dieser Zöllner dort.« Es ist nur ein Satz, der alles zunichtemacht, was er mit seinem Tun und all seiner Anstrengung erreicht hatte. Weil er dabei seine innere Einstellung offenlegt, den anderen dabei abzuwerten.
In unserem Alltag und in der Kirche
Ist es nicht seltsam, dass dies häufig in unserem Alltag passiert? Jugendliche werten Erwachsene ab und dies geschieht auch umgekehrt. Manche Eltern tun dies, indem sie ihre Kinder mit anderen vergleichen und entsprechend bewerten. Politische Parteien tun dies. Müssen sie das? Religionen, Konfessionen, fromme und laue Christen sind davor nicht geschützt. Oft wird ein gutes Miteinander durch ein abwertendes Gegeneinander verhindert. Hier liegt wohl der Knackpunkt: wenn wir unseren Selbstwert auf der Abwertung anderer aufbauen, indem wir unsere Mitmenschen auf ihre Schwächen reduzieren, um so unsere Stärken hervorzuheben. Ist dieses ständige Ringen, gesehen zu werden, zu stark in unser Menschsein hineingeprägt worden? »Wer sich selbst erhöht …«, sagt Jesus. Dies ist nur im Vergleich mit Schwächeren möglich. Eine Selbsteinschätzung, die einhergeht mit einer Fremderniedrigung! Das ist der eigentliche Kritikpunkt Jesu! Daran müssen wir uns messen, im Blick auf unser privates Umfeld wie auch bezüglich unserer Kirche. Dass jemand wie der Pharisäer etwas in seinem Leben bewirkt und erreicht, ist wunderbar! Christen dürfen Karriere machen und erfolgreich sein, erste Plätze einnehmen, selbst in den vorderen Bankreihen der Kirche. Und sie dürfen »richtig« stolz sein! Dies ist an keiner Stelle Thema der Kritik. »Ja, das kann ich und ich freue mich daran«! Richtig!
Das richtige Maß
Ein hilfreicher Schlüssel könnte demnach folgender sein: Wir teilen das Lob und die Wertschätzung in unserem Innersten, indem wir doppelt fühlen und beten dürften: »Ich danke dir Gott für diese und jene Gabe, die du mir zur Verfügung stellst. Mir ist bewusst, dass ich dabei beschenkt werde und deine Gnade im Spiel ist!« »Gleichzeitig danke ich auch mir selbst, mindestens darin, dass ich dich nicht daran hindere, deine Gnade auch durch meinen Beitrag fruchtbar werden zu lassen!« Sei mir dabei gnädig, Herr! Amen!
Fürbitten Gott, wir dürfen deine Partner sein und mitwirken an deinem Reich. Du stehst zu uns und zu deinem Bund. Dich bitten wir mit den Worten des Zöllners: Gott, sei uns gnädig.
- Für die Bereitschaft, ehrlich auf eigene Schuld und unsere Schwächen zu blicken und sie durch unser Tun und deine Gnade verwandeln zu lassen. (Gott, sei uns gnädig.) - Für einen angemessenen Blick auf unsere Stärken und das eigene Können und um die Dankbarkeit und Freude, dies als deine Gabe zur Verfügung zu stellen. - Für die verschiedenen Kulturen und Religionen in unserem Land. Schenke den Gläubigen ein wertschätzendes Miteinander. - Für die Menschen in den benachteiligten Regionen unserer Erde. Um den Willen und die Kraft, uns stärker für ausgleichende Gerechtigkeit und Frieden einzusetzen. - Für unsere Verstorbenen, die in deinem Licht stehen und nichts mehr verschleiern können. Richte sie auf und lass sie in deiner Liebe geborgen sein.
Gott wir leben ganz aus deiner Gnade. Wandle uns zu Menschen, die deiner Gerechtigkeit die Wege bereiten. Durch Christus, unseren Herrn. Amen.
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Markus Hirlinger |
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