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Die Inhalte
der Zeitschrift
»Dienst am Wort«
Herausgeber
Leseprobe 2
23. Sonntag im Jahreskreis
»Was immer du tust, handle klug und bedenke das Ende«
Lesejahr C
Beitrag zum Evangelium

Einführung


Am Sonntag kommen wir als Gottes Familie zusammen. Er ist uns Vater und Mutter, und wir sind einander Schwestern und Brüder. Wir haben einander nicht ausgesucht, aber wir gehören zusammen, weil uns dasselbe Wort Gottes trifft. Es ermutigt uns auf unserem Weg. Es gibt uns Halt und Orientierung. Es fordert uns heraus, auf dem Weg der Liebe zu Gott und den Menschen immer weiter auszuschreiten. Uns voran geht Jesus, Gottes Sohn und unser Bruder.

Kyrie-Ruf

Herr Jesus Christus, du hast alles verlassen, um uns die frohe Botschaft zu bringen.
Herr, erbarme dich.
Du machst uns zu deinen Weggefährten, die Armut und Reichtum mit dir teilen.
Christus, erbarme dich.
Du gehst uns voran, und wir folgen dir nach ins irdische und ins ewige Leben.
Herr, erbarme dich.

Tagesgebet
Gott,
von dir kommt alles, was wir sind und haben. Du sorgst für uns und erhältst uns am Leben.
Lass uns im Vertrauen auf dich unsere Wege gehen. Gib uns den Geist der Klugheit und der Stärke, damit wir erkennen, was recht ist, und es mit deiner Hilfe auch tun.
Darum bitten wir durch Jesus Christus.

Liedvorschläge
Gesang zur Eröffnung
GL 455,1–4 »Alles meinem Gott zu Ehren«
Antwortgesang mit Ruf vor dem Evangelium
GL 429,1–2 »Gott wohnt in einem Lichte« und GL 174/6 »Halleluja«
Gesang zur Gabenbereitung
GL 425,1–5 »Solang es Menschen gibt auf Erden«
Gesang zur Kommunion
GL 377,1–2 »O Jesu, all mein Leben bist du«
Dankhymnus/Schlusslied
GL 456,1–4 »Herr, du bist mein Leben«

Vorüberlegungen


Zum Text: Lk 14,25–33 (Evangelium)


Das Doppelgleichnis vom Turmbau und vom Feldzug gehört zum Sondergut des Lukas. Es ist geeignet, der Nachfolgeforderung Jesu nicht ihre Radikalität, wohl aber den Anschein der Irrationalität zu nehmen. Entschiedene Nachfolge, die bereit ist, alles andere aufzugeben, ist gleichwohl kein kopfloses Abenteuer, sondern will wohlüberlegt sein. Damit ist aber auch klar, dass die bettelarme Lebensweise Jesu ohne familiäre Bindungen nicht das einzige Modell der Jüngerexistenz darstellen kann. Die Überlegung, ob man Jesu Lebensstil teilen kann und will, hat nur dann einen Sinn, wenn es anerkannte Alternativen dazu gibt. Der Evangelist Lukas verabsolutiert seine Armenfrömmigkeit nicht, sondern lässt auch andere Wege der Nachfolge Jesu gelten.

Predigt


Die eigene Familie hassen »Wenn jemand zu mir kommt und nicht Vater und Mutter, Frau und Kinder, Brüder und Schwestern, ja sogar sein Leben gering achtet, dann kann er nicht mein Jünger sein.« Das ist Jesus, wie wir ihn kennen: radikal, entschieden, kompromisslos. Dabei formuliert die deutsche Einheitsübersetzung noch harmlos. Im griechischen Urtext geht die Geringschätzung bis zum Hass: Wer Jesu Jünger werden will, muss seine Familie und sein Leben buchstäblich hassen, als wären sie für ihn gestorben. Angesprochen sind übrigens nur die Männer. Dass Frauen ihre Männer hassen und im Stich lassen, um Jesu Jüngerinnen zu werden, wird mit keiner Silbe erwähnt. Das also ist Jesus, wie wir ihn kennen – und lieben? Wohl kaum! Jesu Hass auf die Familie wirkt abstoßend und verstörend, und das noch mehr, wenn man bedenkt, dass hier Männer aufgefordert werden, ihre Frauen und Kinder im sicheren Elend sitzenzulassen. Damals galt die Familie mehr als der Einzelne, der ohne seine Familie nichts und niemand war. Das ist heute zwar nicht mehr so, aber der Skandal bleibt: Jesus ruft seine angehenden Jünger zum verantwortungslosen Handeln ihren Nächsten gegenüber auf, die auf Gedeih und Verderb von ihnen abhängig und auf sie angewiesen sind. Da gibt es gar nichts schönzureden.

Eine neue Familie gründen

Trotzdem kann man Gründe für ein solches Verhalten finden. Die Familie gibt Geborgenheit und Schutz, aber sie engt auch ein, weil sie mit ihren festen Gewohnheiten oft kaum Platz für Neues lässt. Wer sich ganz in der Familie einsperren lässt, wird nur selten den Aufbruch zu neuen Ufern wagen. Und doch tut der Aufbruch zuweilen not, damit das Leben nicht in Stein erstarrt, sondern verlockend und lebenswert bleibt. Brüche, Verletzungen und Enttäuschungen bleiben dabei nicht aus. Aber wenn sie überwunden werden können, öffnen sich neue Horizonte, in denen sich das Leben weiter entfalten kann. Die Männer, die Jesus in seine Nachfolge rief, haben ihre Familien verlassen und zugleich eine neue Familie gegründet. In der Familie der Jünger Jesu haben viele einen Platz gefunden, die aus den Familien- und Clanstrukturen der damaligen Zeit herausgefallen waren, weil sie als Sünder oder Aussätzige galten. Zu dieser Familie Gottes gehörten dann bald auch Frauen, die dadurch ihrer gesellschaftlichen Bevormundung entflohen und als Jüngerinnen Jesu eine gewisse Selbstständigkeit erlangten. Wären alle brav zu Hause geblieben, hätte es für diese Menschen niemals eine befreiende Perspektive gegeben.

Erst denken, dann handeln


Freilich gibt es in der Nachfolge Jesu nicht nur einen, sondern viele Wege. Wir kennen oft nur den radikalen Jesus, der für seine Sache eine Entscheidung ohne Wenn und Aber verlangt. Der Evangelist Lukas zeigt uns heute indes noch einen anderen Jesus: einen, der vor überstürzten Entscheidungen warnt, der überlegter Besonnenheit das Wort redet und dabei sogar kühle Berechnung empfiehlt. Darin unterscheidet sich Jesus kaum von anderen Weisheitslehrern der Antike. Sie alle raten dazu, die Folgen des eigenen Handelns von vornherein mitzubedenken, so wie es der früher oft zitierte lateinische Spruch zum Ausdruck bringt: »Was immer du tust, handle klug und bedenke das Ende.« (Lateinischer Text in: Gesta Romanorum, hg. v. Hermann Oesterley, Berlin 1872, S. 431,
Nr. 103 (95).) Ein ähnliches Wort wurde dem griechischen Philosophen Pythagoras in den sogenannten »Goldenen Sprüchen« zugeschrieben: »Überlege zuerst, bevor du handelst, damit nichts Dummes dabei herauskommt.« (Griechischer Text in: Anthologia lyrica Graeca, hg. von Ernst Diehl, Bd. 2, Leipzig 3/1950, S. 84, Z. 27.) Eine kurze Geschichte, die diese Ratschläge illustriert, war unter dem Namen des berühmten Fabeldichters Äsop im Umlauf: »Zwei Frösche lebten in einem Sumpf. Einmal trocknete er aus, und da suchten sie eine andere Bleibe. Als sie an einen Brunnen kamen, riet der eine dazu, einfach hineinzuspringen. Der andere aber sagte: ›Wenn aber auch hier das Wasser austrocknet, wie werden wir dann wieder herauskommen?‹ Die Geschichte lehrt uns, dass man nicht unüberlegt handeln soll.« (Äsop, Fabeln, hg. und übers. v. Rainer Nickel, Düsseldorf/Zürich 2005, S. 51, Nr. 43)

Jeder nach seiner Fasson

Dass man nicht unüberlegt handeln soll, das lehren auch Jesu Gleichnisse vom Turmbau und vom Feldzug. Sie sind deshalb besonders bemerkenswert, weil sie den Berufungserzählungen zuwiderlaufen, in denen die Jünger alles stehen und liegen lassen, um Jesus nachzufolgen. Davon kann hier keine Rede sein. Wer etwas anpacken will, soll nicht Hals über Kopf aufstehen und sich ins Abenteuer stürzen. Er soll sich zuerst hinsetzen und rechnen, ob seine Mittel für den Erfolg des Vorhabens ausreichen. Das gilt auch, wenn es um die Nachfolge Jesu geht. Es ist kein Zeichen von Unentschlossenheit, sondern von Klugheit, wenn man sich gründlich überlegt, ob man Jesu bettelarme Lebensweise wirklich mit ihm teilen kann oder ob der eigene Weg vielleicht ein anderer ist. Die beiden Gleichnisse lehren uns, dass es nicht nur eine Art und Weise gibt, als Jünger oder Jüngerin Jesu zu leben. Nicht jeder kann und muss Haus und Hof, Familie und Freunde hinter sich lassen, um alles auf die eine Karte zu setzen. Die bettelarme Lebensweise Jesu ist ein wichtiges Zeichen der Solidarität mit den Armen und Ausgegrenzten. Aber nicht jedem ist sie gegeben, und ein anderer hat eine andere Gabe, mit der er sich in den Dienst Jesu stellt, der gekommen ist, »um zu suchen und zu retten, was verloren ist« (Lk 19,10).

Fürbitten

Gott, wir leben in dieser Welt zwischen Hoffnung und Verzweiflung.
Wir vertrauen auf dich und werden doch von mancherlei Ängsten geplagt. Darum bitten wir:

- Gib den Familien einen festen Zusammenhalt in allen Lebenslagen: Lass sie Orte der Geborgenheit und der Freiheit sein.
(Wir bitten dich, erhöre uns.)
- Gib den Menschen, die wichtige Entscheidungen für ihr Leben zu treffen haben, die nötige Klugheit und gute Berater.
- Steh allen bei, die in Staat und Kirche, in Wirtschaft und Gesellschaft Führungspositionen innehaben: Lass sie gute Lösungen für die schwierigen Fragen unserer Zeit finden.
- Vollende das Leben der Sterbenden und lass unsere Verstorbenen bei dir ewige Heimat finden.

Gott, du erweist uns Tag für Tag deine Treue. Steh uns bei in aller Bedrängnis und lass uns deine Hilfe erfahren durch Christus, unseren Herrn. Amen.

Wilfried Eisele

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