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Die Inhalte
der Zeitschrift
»Dienst am Wort«
Herausgeber
Leseprobe 1
Mariä Aufnahme in den Himmel
Maria lauretanisch
Lesejahr A – B – C
Beitrag zur Lesung und zum Evangelium

Einführung

Auf dem Weg vom Tod zu unvergänglichen Leben hinüber ist Jesus, der Herr, nicht allein geblieben. Wo immer ein Mensch ohne Vorbehalt den Glauben an diesen Herrn lebt, darf er auch diesen Weg gehen. Für wie viele das schon gilt, wissen wir nicht. Doch von der Gottesmutter Maria dürfen wir dessen gewiss sein, weil sie schon das Lukas-Evangelium schlicht als diejenige bezeichnet, die geglaubt hat, dass sich erfüllt, was der Herr ihr sagen ließ. Im Blick auf Maria dürfen wir deshalb für alle, die uns schon verlassen haben, aber auch für uns selbst hoffen, einmal dorthin zu gelangen, wo Maria schon jetzt in der Herrlichkeit Gottes lebt.

Kyrie-Ruf
GL 163/8 »Herr Jesus, auferstanden von den Toten«

Tagesgebet
Lebendiger Gott,
am Tag des Heimgangs der Gottesmutter Maria danken wir dir für das Große, das du an ihr getan hast.
Wenn unser eigener Weg einmal zu Ende geht, nimm auch uns zu dir auf, damit wir zusammen mit Maria und allen Heiligen das nie mehr endende Osterfest feiern.
Dir sei Lob und Preis durch Jesus Christus, deinen Sohn, unsern Herrn, der mit dir lebt und wirkt in Ewigkeit.

Liedvorschläge
Gesang zur Eröffnung
GL 522,1–3 »Maria aufgenommen ist«
Antwortgesang
GL 649/2 »Behüte mich, Gott, behüte mich« mit 649/3 (Psalm 16)
Ruf vor dem Evangelium
Melodie GL 644,1 mit Text:
V/A Maria ist erhoben, Halleluja, Halleluja.
V: Sie ist gesegnet unter den Frauen.
A: Halleluja, Halleluja.
V: Ehre sei dem Vater und dem Sohne und dem Heiligen Geiste.
A: Maria ist erhoben, Halleluja, Halleluja.
Gesang zur Gabenbereitung
GL 526,1–4 »Alle Tage sing und sage«
Gesang zur Kommunion
GL 536,1.3.5 »Gegrüßet seist du, Königin«
Dankhymnus/Schlusslied
GL 525,1–4 »Freu dich, du Himmelskönigin«

Vorüberlegungen

Zum Text: 1 Chr 15,3–4.15–16; 16,1–2 (Erste Lesung Vorabend) und Lk 1,39–56 (Evangelium)

So genannte Fernstehende wundern sich manchmal, dass und warum gerade in der katholischen und auch in der orthodoxen Tradition die Verehrung der Gottesmutter Maria eine so bedeutsame Rolle spielt. Kulturkritisch beflissene Geister bemerken dazu gerne, dass sich auf diese Weise das Prinzip des Weiblichen mitten in diesen männerzentrierten Traditionen, die auch noch die Dreifaltigkeit maskulin auffassen – der Vater, der Sohn, der Geist – sein ureigenes Recht holt (ohne dass das die Repräsentanten dieser Männerkirchen so recht merkten).
Ungleich bedeutsamer scheint mir aber eine andere Sicht dieses Phänomens der Marienverehrung: In ihm macht sich etwas geltend, was Zeiten und Kulturräume übergreift und die christliche Tradition auch mit anderen Religionen verbindet, wenngleich es im Raum des Christlichen so konkret wie nirgends anders fassbar geworden ist. Ein Schüler des Philosophen Friedrich Wilhelm Joseph Schelling, der heute völlig unbekannte Ernst von Lasaulx, hat das auf die ein wenig pathetische Formel gebracht, das Katholische sei älter als die Schöpfung. Das mag des Überschwangs etwas zu viel sein, ganz falsch ist es nicht, wenn man »katholisch« recht versteht als: »das Ganze einbegreifend« oder »auf das Ganze bezogen«, was Menschen je auf ihrer Wegen der Gottessuche bewegte und bewegt.

Predigt

Auf nach Loreto


Zahllose Male seit Jahrhunderten gebetet und gesungen, hundertfach vertont – viele von Ihnen kennen das Gebet, von dem ich spreche, es steht auch in unserem Gotteslob, Nr. 566: Die Lauretanische Litanei, Anrufungen der Gottesmutter Maria, benannt nach dem lateinischen Namen des Ortes, wo sie wohl entstand, dem Städtchen Lauretana, italienisch Loreto. Das ist einer der wichtigsten Pilgerorte der katholischen Welt, weil sich dort in der großen Basilika die Santa Casa befindet, das Heilige Haus aus Nazaret, in dem Maria aufwuchs und vom Verkündigungsengel besucht wurde und das der Legende nach von Engeln nach Loreto gebracht worden sein soll.

Seltsame Invokationen


Diese Lauretanische Litanei besteht aus drei großen Strophen: Die erste ruft Maria auf vielfältige Weise als Mutter an, die dritte nennt sie ebenso vielfältig Königin aller Heiligen. Die mittlere Strophe aber umfasst Anrufungen, die uns rätselhaft vorkommen mögen, so etwa: Du geheimnisvolle Rose, du starker Turm Davids, du Morgenstern usw. Etliche dieser Anrufungen gehen auf das Alte Testament zurück. Und eine davon hat mit der (ersten) Lesung zu tun, die wir vorhin gehört haben: Maria, du Bundeslade Gottes, bitte für uns!

Maria als Bundeslade

Bundeslade? Was hat Maria mit der Bundeslade des Alten Testaments zu tun? Seit das Evangelium verkündigt wird, haben die Prediger nach Zusammenhängen zwischen dem Alten und dem Neuen Testament gesucht. Denn sie wussten ja: Jesus war Jude. Sein Gott war der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, wie er mehrfach selbst sagt. Das bedeutet: Er steht mit seiner Lebensgeschichte ganz und gar im Strom des Glaubens seines Volkes Israel. Daher finden sich – so dachten schon die frühen Prediger – in den Überlieferungen des Alten Bundes Hinweise, Ahnungen, gleichsam Vorausbilder, die bereits auf Christus hindeuten. Und dazu gehört auch die Verbindung von Maria und der Bundeslade.

Beweglicher Tempel en miniature


Die Bundeslade gilt dem Volk Israel seit der Zeit des Auszugs aus Ägypten und der Wanderung ins gelobte Land als das Heiligste des Heiligen: Auf Gottes Geheiß wird sie aus Holz angefertigt und vergoldet, sozusagen ein kleiner tragbarer Tempel. In ihrem Innern befinden sich die zwei Steintafeln mit den Geboten Gottes vom Sinai und der Stab Aarons, mit dem dieser Bruder des Mose immer wieder Wunder wirkte. Das ist zunächst ein wunderbares Inbild, wer und wie dieser Gott, um den es da geht, ist: Er ist ein mitwandernder Gott, einer, der treu mit seinem Volk zieht, seine Wege und Geschicke teilt. So ist die Lade Sinnbild des unkündbaren Bundes, den Gott mit seinem Volk geschlossen hat. Später wird die Bundeslade dann im Bundeszelt stehen, von dem unsere Lesung erzählte. Und noch später im Tempel von Jerusalem. Der berühmte englische Kardinal Newman sagte einmal über sie: »Sie wird Haus oder Palast genannt, weil sie die Wohnung des großen Königs, die Wohnung Gottes selbst war.« (Newman, John Henry: Der Maimonat, Mainz 1921, 15.) So hüllt die Bundeslade die wunderbare Gegenwart Gottes ein und trägt sie durch Welt und Zeit.

Lebens-Trägerin Maria

Genau darin erblickten die Kirchenväter und dann die Verfasser der Lauretanischen Litanei ein Vorausbild Mariens: Klein und unscheinbar wie die Bundeslade hüllt ihr Leib den kommenden Gottessohn ein, sie trägt ihn durch ihre kleine Welt, zuerst zu ihrer Verwandten Elisabet, dann nach Betlehem. Darauf dann nach der Geburt trägt sie ihn immer noch, ihn vor den Häschern des Herodes verbergend, nach Ägypten und wieder zurück. Wahrlich ein wandernder menschlicher Tempel, der das Allerheiligste – Gottes Gegenwart in Fleisch und Blut – birgt und beschützt.
So wird Maria zum menschlichen Inbild und Sinnbild der Gegenwart des Lebens, das von Gott kommt. Aus ihr kommt jenes Leben, das nie mehr vergehen wird, jener, der von sich sagen wird: Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben. Jenes Leben, das darin besteht, dass ein Mensch sich diesem Jesus gänzlich anvertraut, indem er auf das hört, was er von Gott und vom Leben sagt, und indem er das tut, was dieser Jesus tut, also in seine Nachfolge eintritt. Wer beides ganz tut, gewinnt dieses ewige, unvergängliche Leben, in das alles eingeht, was dieser Mensch einst mit Leib und Seele, gesucht, getan, gelebt und gelitten hat. Der Kirchenvater Augustinus hat das einmal in einen kühnen Spruch gefasst, Er schrieb mit Blick auf Maria und die Gläubigen – also auch uns: »Plus est, quod est in mente, quam quod portatur in ventre.« [Was im Geist ist, ist mehr als das, was im Leib getragen wird]. (Augustinus: Sermo XXV. De verbis evangelii Matth. XII, vers 41–50. Patrologia Latina 46. Sp. 938.)

Geistliche Ausfaltungen


So ist Maria zur menschlichen, mit Sinnen wahrzunehmenden Überbringerin des unvergänglichen Lebens geworden, das von Gott kommt und an dem sie selbst eben dieses Botendienstes wegen auf herausragende Weise Anteil hat. Dem hat unser Glaube auf vielfältige Weise Ausdruck verliehen. Es beginnt damit, dass wir Maria »Gottesgebärerin« nennen. Es setzt sich darin fort, dass Maria seit je in allen Nöten als die große Fürbitterin angerufen wird, gerade in den Gebrechen, die oft unser irdisches Dasein beschweren – denken Sie nur an die buchstäblich nicht mehr zählbaren Votivgaben oder Votivbilder an den großen Marien-Wallfahrtsorten, in Altötting, in Kevelaer, in Lourdes und Fatima. Oder nehmen Sie die Verehrung der Jungfrau von Guadalupe in Mexico-City, dem größten Marienwallfahrtsort der Welt.
Und es endet damit, dass wir am heutigen Fest Mariä Himmelfahrt die Aufnahme der Gottesmutter in den Himmel mit Leib und Seele feiern – weil wir aus der Heiligen Schrift gewiss sein dürfen, dass ein Mensch, der wie Maria ganz geglaubt, also ohne Vorbehalt für Gott ganz Ohr war, also auf ihn gehört und für ihn gelebt hat, – dass ein solcher Mensch auch mit allem, was zu diesem seinem auf Gott gerichteten Leben gehört, also auch dem Leib, in Gottes Ewigkeit eingegangen ist.

Maria katholisch, weil interkulturell


Gerade an der eben erwähnten Jungfrau von Guadalupe leuchtet dabei noch etwas in besonderer Weise auf. Sie wird liebevoll »Morena«, also Mohrin genannt, weil ihr Bildnis sie dunkelhäutig zeigt. Maria, so die Überlieferung, ist damals einem jungen Indio in Gestalt eines dunkelhäutigen Mädchens erschienen, just an einem Ort, wo vorher die aztekische Göttin Tonantzin verehrt wurde. »Tonantzin« heißt übersetzt »verehrte Mutter« und war die wichtigste Göttin im vorspanischen Mexiko als Göttin des Lebens. Für Christinnen und Christen ist das mit dieser Gestalt verbundene uralte Suchen nach dem Leben und die Ehrfurcht vor ihm gleichsam in die Gestalt Mariens eingeflossen und hat in ihr sozusagen einen geistigen Ort gefunden. Ganz ähnlich in Kuba, wo Maria bis heute die Züge der »Patcha Mama« trägt, der Mutter Erde, und auch in ihrer Gestalt dargestellt wird. Oder im Ägypten der Antike die Göttin Isis, mit ihrem Sohn, dem Horus-Knaben, auf dem Arm, auf der Mondsichel stehend und manchmal eine Schlange niedertretend – auch sie einst die Göttin des Lebens und der Todesüberwindung. Für Christinnen und Christen ist das alles kein heidnischer Unfug, sondern so etwas wie ein ahnungsvolles Vorausbild und Vorspiel dessen, was wir uns in Maria als geschenkt glauben.

Marienverehrung als Protestzeichen


So vermag uns Maria gerade im Sinnbild der Bundeslade des Gottes, der treu mit seinen Geschöpfen geht und ihr Leben schützt, mit Menschen anderer Kulturen und Religionen verbinden und an die so unantastbare wie unverlierbare Würde unseres irdischen, endlichen Daseins zu erinnern. Das heutige Fest von Herzen zu feiern, heißt darum auch so viel wie: nicht zulassen können, dass menschliches Leben verachtet, vertrieben, vernichtet wird. Denn es steht im Schutz des Gottes, der mit seinen Geschöpfen geht – auch über das Mittelmeer hinweg, auch an den geschlossenen Schlagbäumen. Das Fest Mariä Himmelfahrt ist darum nichts Geringeres als Gottes eigenes Protestzeichen wider alle Verachtung und Vernichtung von Leben. Und auch die anderen, die scheinbar oft Fernen wissen das, gleich, ob sie Maria »Morena«, »Patcha Mama« oder »Isis« nennen. Durch Maria sind sie alle Geschwister für uns. Sie sind doch wie wir!

Fürbitten

GL 566,1.2.3.5 Lauretanische Litanei (gesungen) oder
GL 568,1.2 »Mutter Gottes, wir rufen zu dir« mit Auswahl aus 568,3–8 »Grüssauer Marienrufe« (gesungen)

Klaus E. Müller

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