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»Dienst am Wort«
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Leseprobe 1
Pfingsten – Am Vorabend
Lesejahr A – B – C
Zwischen Babel und Pfingsten

Predigt

Zum Text: Gen 11,1–9 (1. Lesung)

Der Turmbau zu Dubai

Es ist uns nicht ganz unbekannt, was da passiert in jener Ur-Geschichte der Menschheit, die wir eben gehört haben. Noch kein halbes Jahr ist es her, da wurde in Dubai das höchste Haus der Welt eröffnet. Über 800 m ist es hoch, eine vertikale Stadt für 12000 Menschen, die alle Nationen der Welt neue Dimensionen lehren soll. Als Kunstwerk wird das Burj Dubai gelobt, als »Heim für die Elite der Welt« beworben. Und es soll eines zeigen: Wir in der westlichen Welt müssen rechnen mit der arabischen Glitzermetropole, die ab jetzt die Maßstäbe setzt.

Der Turmbau zu Babel

Doch reisen wir in der Zeitrechnung der Menschheit weit zurück. Wir sind in Babel. Eine aufblühende Stadt zu jener Zeit. Die Menschen leben gut. Sie sprechen eine Sprache, und das ist beneidenswert, heißt es doch: Jeder versteht jeden, weil jeder sagt, wie er es meint, weil jeder zuhört, wenn der andere spricht. Die Menschen leisten Aufbauarbeit. Sie haben ein Stück Erde gefunden, das ihnen gefällt, dort wollen sie sich niederlassen. Und sie bauen Haus um Haus, damit alles seinen Ort und seine Heimat bekommt.
Doch plötzlich ändert sich etwas. Die Zwischentöne ändern sich. Die Motive. »Lasst uns eine Stadt bauen und einen Turm, dessen Spitze bis an den Himmel reicht«, sagen sie. »Damit wir uns einen Namen machen.« Damit wir uns einen Namen machen. So fängt es an. Da geht es nicht um einen Turm. Da geht es um die Ehre, die man sich durch ihn verschafft. »Damit wir uns einen Namen machen.« Plötzlich gibt es eine Rangfolge. Die einen haben einen Namen, die anderen nicht. Die einen machen es besser, die anderen schlechter. Die einen sind mehr wert, die anderen weniger.
Es ist ein uraltes Thema. Und es ist ein Thema, das bis heute nicht fertig ist, weil es so tief geht. Weil es die grundlegende Angst von uns Menschen berührt, die in uns steckt. Und diese Angst heißt: Ich bin nichts wert. Aus mir selbst heraus, ohne etwas zu leisten, bin ich nichts wert. Immer wenn wir diese Angst haben, müssen wir uns produzieren. Müssen wir etwas aus uns machen, damit wir wichtig sind. Wir müssen Türme bauen, immer höhere. Wir müssen uns selbst und den anderen beweisen, wer wir sind, und zwar durch das, was wir machen, und durch das, was wir haben.
Es machen müssen. Kennen wir das? Das sein, was wir leisten. Alles selbst machen müssen. »Glück ist planbar«, sagt eine Werbung. Ist es das? Mein Leben machen. Karriere machen. Sogar: Ein Kind machen. Wir meinen manchmal, wir können alles machen, wenn wir es nur wollen. Immer weiter, immer höher.
Aber es geht schief. Die Menschen von Babel erfahren es schmerzlich. Sie wollten den Himmel stürmen und fallen aus allen Wolken. Der gut durchdachte Plan endet in Konkurrenz und Zwietracht. Er endet in Zerstreuung und Entfremdung. Immer endet es so, wenn Menschen sich definieren über das, was sie machen und haben. Davon erzählt die Geschichte von Babel.

Pfingsten – das Gegenstück zu Babel

Gibt es eine Alternative? Gibt es einen Weg, der herausführt aus Babel? Das Pfingstfest zeigt ihn uns. Denn Pfingsten ist das Gegenstück zu Babel. Die Apostelgeschichte erzählt von den Menschen damals, die nichts mehr machen können. Jesus ist ihnen entschwunden. Sie wissen nicht, wo der Faden weitergeht. Und sie warten. Und sie hoffen. Und sie legen die Hände in den Schoß, weil alle Menschenmöglichkeiten ausgeschöpft sind.
Die Hände in den Schoß legen. Es sind offene Hände. Es sind erwartende Hände. Es sind bittende Hände. Oft sind Hände, die wir gezwungenermaßen in den Schoß legen müssen, betende Hände. So auch bei den Jüngern. Weil sie nichts mehr machen können, sind sie gezwungen, alles zu erhoffen von dem, der allein die Wende bringen kann.
Und es geschieht. Gott handelt an denen, die auf ihn setzen. Das feiern wir morgen, am Pfingstfest. Das ist uns ins Herz geschrieben, wann immer wir als Kirche, als Gemeinde zusammenkommen. Wir sind eingeladen, entgegen allem Machbarkeitswahn den bei uns einzulassen, den wir selbst nicht machen, den wir nur dankbar als Geschenk empfangen können: Gottes heiligen, heilenden Geist.

Zwischen Babel und Pfingsten

Zwischen Babel und Pfingsten. Dort stehen wir heute noch. Wir ganz persönlich, unsere Gemeinde und Kirche, aber auch die globale Welt mit ihren vielfältigen Völkern, die sich auf unterschiedlichste Weise Konkurrenz machen. Wir alle müssen uns entscheiden, ob wir zu den »Machern« gehören wollen, die sich ohne Unterlass produzieren, oder ob wir auf den Gott setzen, der das Entscheidende schenkt.
Vielleicht wenden Sie nun ein: Es muss ja die geben, die anpacken, die den Fortschritt betreiben, die die Welt voranbringen, sonst tut sich doch nichts. Ja, Sie haben Recht. Aber ich glaube, die Frage ist nicht, was wir tun. Die Frage ist, ob wir aus Gottes Geist leben.

Fürbitten
Guter Gott, du schenkst uns deinen Geist, damit wir aus seiner Kraft leben können. Wir bitten dich:

- Für alle, die in ihrem Leben viel leisten müssen.(Schenke ihnen deinen Geist.)
- Für alle, die in unserer Leistungsgesellschaft nicht mithalten können.
- Für alle, die in der Kirche und in unserer Gemeinde Verantwortung tragen.
- Für alle Völker, die im Wettlauf um Fortschritt und Wohlstand die Verlierer sind.
- Für alle, die ihr Leben nicht selbst gestalten können, weil sie krank sind, behindert, alt oder gebrechlich.

Denn du, guter Gott, wirkst das Gute. Du wendest Not und Leid. Dir danken wir heute und an jedem Tag. Amen.

Claudia Schmidt

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