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»Dienst am Wort«
Herausgeber
Leseprobe 3
Weihnachten – Am Tag
Wir haben seine Herrlichkeit gesehen
Lesejahr A – B – C
Beitrag I zum Evangelium

Einführung

»Das Volk, das im Dunkeln lebt, sieht ein helles Licht.« Die Nacht ist vorbei, denn der unbegreifliche Gott kommt in unsere Welt. Das Unglaubliche bekommt Hand und Fuß. Uns wird ein Name der Hoffnung geschenkt, ein Gesicht der Liebe, ein Atem unvergänglichen Lebens: Jesus Christus. Er, der Herr, ist geboren. Einer von uns als Einer für uns. Lobpreisen wir Gott und begrüßen wir ihn, den Kyrios.

Kyrie-Ruf
GL 129 »Licht, das uns erschien«

Tagesgebet
Allmächtiger Gott und Vater,
im Überfluss deiner Liebe hat dein Sohn unsere menschliche Natur angenommen, um uns so den Zugang zum Heil zu erschließen.

Erfülle uns nun mit deinem Geist, damit wir dieses große Geheimnis immer tiefer erfassen und ganz durchdrungen werden von der Herrlichkeit deines Sohnes,
der in der Einheit des Heiligen Geistes mit dir lebt und herrscht in alle Ewigkeit.

Liedvorschläge

Gesang zur Eröffnung
GL 240,1–4 »Hört, es singt und klingt mit Schalle«
Antwortgesang mit Ruf vor dem Evangelium
GL 251,1–5 »Jauchzet, ihr Himmel« und GL 175/2 »Halleluja«
Gesang zur Gabenbereitung
GL 253,1–3 »In dulci jubilo«
Zur Kommunion
Orgelspiel oder
GL 256 »Ich steh an deiner Krippe hier«
Dankhymnus/Schlusslied
GL 247,1–4 »Lobt Gott, ihr Christen alle gleich«

Vorüberlegungen

Zum Text: Joh 1,1–18 (Evangelium)

Der Johannesprolog kann bei den meisten Kirchgängern als bekannt vorausgesetzt werden. Aber auch für die nur seltenen Kirchenbesucher ist er wohl gleichermaßen eingängig wie beeindruckend. Wortwahl und Formulierungen erzeugen eine Erhabenheit und Feierlichkeit, die zugleich eine Distanz zur eigenen Lebenswirklichkeit schafft. Die Predigt nimmt sich dieser Differenz an und möchte eine Hilfestellung bieten, sie zu überbrücken.

Predigt


Was ist Weihnachten?

Weihnachten – ein Fest rund um den ganzen Erdball …

Weihnachten – ein Fest, das aus dem Kalender nicht mehr wegzudenken ist …

Weihnachten – ein Fest voller Sentimentalität …

Weihnachten – was bedeutet Weihnachten für Sie?

Wie immer Ihre Antwort auch ausfallen mag, ich denke, es macht Sinn, jährlich dieses Fest zu feiern. Emotional ist es weder verbraucht noch abgewirtschaftet. Denn bei wem gibt es keine Schatten, Dunkelheit und Nacht? Wer erwartet nicht in der Nacht seiner Ängste das Licht eines Trostes? Wer erwartet nicht in der Nacht seiner Verzweiflung das Licht einer Hoffnung? Wer erwartet nicht in der Nacht seiner Verlorenheit das Licht einer Rettung? Wer erwartet nicht in der Nacht von Unmenschlichkeit das Licht einer Liebe?

Fleischwerdung des Gotteswortes

»Das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet, kam in die Welt.« So drückt der Evangelist Johannes das Geheimnis der Weihnacht aus. Sein Prolog kann uns helfen, dem tiefen Sinn dessen, was wir in diesen Tagen feiern, näher auf die Spur zu kommen. Denn dieser »Prolog« ist weit mehr als ein bloßes Vorwort zu seinem Evangelium, er ist vielmehr mit dem Portal einer großen Kathedrale zu vergleichen, das dem Eintretenden das Thema dessen angibt, was ihn »drinnen« erwartet.

Gottes Wort, Jesus Christus, so drückt es Johannes in seinem Prolog aus, ist bereits vor der Schöpfung beim Vater, er existiert in einer wesensgleichen Gemeinschaft mit ihm, in ihm und aus ihm. Dieses Wort, also Gott selbst, ist nun Fleisch geworden und hat unter uns gelebt. Und obgleich dieses Wort, dieses Licht, wie es im Johannesprolog weiter heißt, anfänglich von der »Finsternis« nicht aufgenommen wurde, so hat es sich letztlich doch in diese irdisch-hinfällige Welt so eingefleischt, dass alle, die ihn aufnahmen, »seine Herrlichkeit gesehen haben«.

»Das Wort«, so schließt der Prolog, »ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt, und wir haben seine Herrlichkeit gesehen, die Herrlichkeit des einzigen Sohnes vom Vater, voll Gnade und Wahrheit.«

»Wir haben seine Herrlichkeit gesehen«

»Wir haben seine Herrlichkeit gesehen« – können auch wir das sagen, an diesem Weihnachtsmorgen nach der Heiligen Nacht? Ist uns wirklich das herrliche Wort widerfahren, das alles verändert und alle Finsternis vertreibt?

Freilich, wir haben wie alle Jahre wieder die Botschaft von der Menschwerdung Jesu gehört, vielleicht sind wir sogar innerlich angerührt worden, haben eine innere Freude verspürt und sie an andere weiterschenken können; aber können wir wirklich guten Gewissens von uns sagen, dass wir seine Herrlichkeit gesehen hätten? Wäre das nicht vermessen? Erwarten wir dies überhaupt noch, nach so vielen Weihnachtsfesten, die wir schon gefeiert haben?

Aber wenn nicht wir seine Herrlichkeit gesehen haben, wer dann? Wen hatte Johannes wohl im Blick, als er diese Sätze niederschrieb? Die Jünger vielleicht, die damals um Jesus herum waren, die mit ihm lebten und ihn direkt, sozusagen hautnah erlebten, die nicht so wie wir heute auf Überlieferungen und Berichte angewiesen waren? Doch wenn die Jünger damals tatsächlich seine Herrlichkeit gesehen hätten, wie konnten sie dann von ihm davonlaufen, als sich die Katastrophe ankündigte, als sie seine Worte und seinen Weg als Zumutung empfanden? »Wollt auch ihr gehen?«, fragt Jesus seine letzten Getreuen, bis er dann am Kreuz letztendlich allein und verlassen war.

»Wir haben seine Herrlichkeit gesehen« – so können die Jünger erst im Rückblick sagen; erst nach der Auferstehung können sie allmählich begreifen, dass sich die Herrlichkeit Gottes nicht im großen Triumph zeigt, dass sie nicht einfach alles Irdische zudeckt, sondern dass sie vielmehr im Verborgenen, im Einfachen, im scheinbar Verlorenen zu Tage tritt. Sie macht sich die Armseligkeit unseres menschlichen Lebens zu eigen.

Die Macht Gottes triumphiert nicht einfach über unsere menschliche Schwachheit und Gebrochenheit, sondern nimmt sich ihrer an, so wie Jesus auf seinem Weg von Betlehem bis Golgota den glimmenden Docht nicht auslöschte, die Niedrigen aus dem Staub emporhob und Petrus trotz seines Versagens nicht fallen gelassen hat. »Wir haben seine Herrlichkeit gesehen«, so konnten die Jünger damals sagen – aber erst nachdem sich schon alles ereignet hatte.

Was haben wir erfahren?


Was haben wir gesehen? Ich bin überzeugt, auch wir haben schon die Macht des menschenfreundlichen Gottes erfahren, und wir erleben sie immer dann aufs Neue, wenn mitten in unserem Leben etwas von der Fülle des Lebens aufleuchtet: Wenn Menschen trotz unserer Schwächen zu uns stehen, wenn uns verziehen und ein Neuanfang geschenkt wird, wenn uns mitten im Leid neue Kraft zuwächst, wenn wir aus einem Zuspruch Mut schöpfen, wenn uns ein Wort geschenkt wird, das uns aufbaut und von dem wir zehren können …

Ist also recht betrachtet nicht unser ganzes Leben voll von der Herrlichkeit des Wortes, das Fleisch geworden ist? Freilich, unser Leben ist nicht rundum einfach herrlich, aber wenn wir glauben können, dass uns Gottes Wort in menschlichem Format anredet, dass Gott heute schon durch andere an uns handelt, dann erkennen wir, dass Gottes Herrlichkeit, sein Licht auch in unserem Leben aufleuchtet.

Von dem jüdischen Religionsphilosophen Martin Buber ist uns folgende Geschichte überliefert: Ein jüdischer Rabbi fragt: »Kann man den Augenblick bestimmen, wo die Nacht zu Ende ist und der Tag anbricht?« Der erste Schüler antwortet: »Ist’s wenn man in der Ferne einen Feigenbaum von einer Palme unterscheiden kann?« »Nein«, sagt der Weise, »das ist’s nicht.« Da fragt der zweite: »Ist’s dann, wenn man ein Schaf von einer Ziege unterscheiden kann? Ist das der Augenblick, wo die Dunkelheit weicht und der Tag anbricht?« »Nein«, sagt der Weise, »das ist es nicht.« »Aber wann ist dann dieser Augenblick gekommen?«, fragt der dritte Schüler. »Nun«, antwortet der Weise, »wenn du in das Gesicht eines Menschen schaust und darin den Bruder oder die Schwester entdeckst, dann ist die Nacht zu Ende, dann bricht der Tag an.«

Darum also, weil wir etwas – und sei es noch so wenig – von Gottes Herrlichkeit erfahren und gesehen haben, weil Gottes Sohn unser Bruder geworden ist, darum feiern wir Weihnachten, und wir werden es weiter tun, bis sich die Herrlichkeit Gottes einmal endgültig an uns offenbaren wird.

Fürbitten
Lasst uns beten zu Gott, unserem Vater, der uns seine Herrlichkeit durch die Geburt seines Sohnes offenbart hat und sie immer wieder neu erweist, in allem, was unser Leben froh und lebenswert macht:

- Für die Gemeinschaften und Völker dieser Erde: dass Friede den Krieg beendet und Rache der Vergebung weicht.
(Christus, höre uns. – Christus, erhöre uns.)
- Für die Kirche: dass sich auf ihrem Antlitz deine Herrlichkeit widerspiegle.
- Für alle, die in diesen Tagen auf der Suche sind nach Sinn und Halt: dass sie dich erfahren.
- Für alle Menschen, in deren Leben es dunkel ist: dass ihnen deine Herrlichkeit aufleuchte.
- Für unsere Verstorbenen: dass sie der Finsternis des Todes entrissen und mit dem Glanz deines ewigen Lebens erfüllt werden.

Herr, unser Gott, in deinem Sohn Jesus Christus bist du Mensch geworden und hast uns deine Liebe offenbart. Dir sei Dank und Lobpreis, heute und in Ewigkeit. Amen.

Christoph Böttigheimer

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