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»Dienst am Wort«
Herausgeber
Leseprobe 3
19. Sonntag im Jahreskreis
Lesejahr C
Alles, was Recht ist

Beitrag zur Lesung

Einführung

Es ist ein Glück, glauben zu können. Wir haben allen Grund, dankbar zu sein, wenn uns die Gabe des Glaubens gegeben ist – sei er manchmal auch noch so zaghaft oder zweifelnd, schwach oder nebensächlich. Glauben können ist ein Geschenk. Israel besingt in seinen Liedern das Glück, in die Nähe Gottes gerufen zu sein und eine Spur seiner Herrlichkeit schauen zu dürfen. Nicht jeder hat diese Gabe in seiner Lebensgeschichte mitbekommen und bei manchem ist die Gabe einfach in Vergessenheit geraten. Rettung bedeutet, in Gottes Nähe zu sein. Seien wir dankbar, jetzt in seine Nähe gerufen zu sein, und stellen wir uns und alle vor Gott, wenn wir seine Nähe anrufen und spüren.

Predigt

Zum Text: Weish 18,6–9 (1. Lesung)

Gerechtigkeit …

ist das Thema des Buchs der Weisheit. In der ersten Lesung haben wir einen kurzen Abschnitt daraus gehört. Es ist das jüngste von den Büchern des Alten Testaments, kurz vor der Zeitenwende in seiner heutigen Form fassbar. Im dritten Teil seines Buches stellt der Weisheitslehrer seinen Hörern und Lesern die Gerechtigkeit Gottes vor Augen, indem er Israels Geschichte erläutert. Wie setzt sich Gottes Gerechtigkeit in der Geschichte seines Bundesvolkes Israel durch? Wie kommt sie zum Vorschein inmitten der Ungerechtigkeit der Welt? Was bedeutet Gerechtigkeit für die Getreuen Gottes und für die anderen, die Frevler oder Feinde genannt werden? Nach der Überzeugung des Weisheitslehrers steht Gott für alles, was Recht ist und zur Gerechtigkeit verhilft.

Rettung und Verderben

Der Weisheitslehrer redet ganz unbefangen davon, dass Gottes Gerechtigkeit zwei Seiten hat – die Rettung der Gerechten und das Verderben der Ungerechten. Wir tun uns schwer, diese beiden Seiten der Gerechtigkeit Gottes gelten zu lassen. Einen Gott, der straft, der Menschen und Völker dem Untergang preisgibt, können wir uns kaum mehr vorstellen. Die Vorstellung eines strafenden Gottes hat Jahrhunderte lang das fromme Leben der Menschen bestimmt. Angst war das Mittel, die Menschen bei diesem Gott und seinen Vorschriften zu halten. Christen lassen sich heute – glücklicherweise – keine religiösen Ängste mehr einreden. Wir sind vom Bild des barmherzigen und gütigen Vaters geprägt, der niemanden fallen lässt, der sich aufrichtig zu ihm flüchtet.

Niemand von uns will etwas von einem Gott hören, der straft, der Verderben bringt, der die Erstgeburt bei Mensch und Vieh erschlägt und ein ganzes ägyptisches Heer im Roten Meer ersäuft – das war die Nacht der Rettung für Israel und die Nacht des Verderbens für seine Feinde. Wenn alljährlich in der Osternacht die Erzählung von der Rettung Israels und vom Tod der Ägypter im Roten Meer vorgelesen wird, sträubt sich etwas in uns; die feiernde Gemeinde will nichts hören von diesem parteiischen und verderbenden Gott!

Parteiischer Gott


Verkünden kann man einen solchen Gott in der Tat nicht, aber man kann ihn auch nicht verschweigen. Denn parteiisch ist dieser Gott, den wir glauben, schon. Er ergreift Partei für die Unterlegenen, für die Bedrängten, für die Machtlosen, für die Armen, für die Rechtlosen; für alle, deren Leben von den anderen eingeschränkt und unterdrückt oder denen ein menschliches Leben einfach vorenthalten wird.

Verderbend und strafend ist der Gott des Bibel nicht, um seine Macht zu demonstrieren oder ein Exempel seiner Überlegenheit über Mensch und Schöpfung zu statuieren. Verderbend und strafend ist er, wenn es um das Durchsetzen der Gerechtigkeit für die Menschen, für alle, geht. Zu seiner eigenen Ehre und zu seinen eigenen Gunsten straft Gott nicht! Nirgendwo in der Bibel offenbart er sich als Despot; er ist leidenschaftlicher Kämpfer und Richter, wenn es um die Gerechtigkeit für die Menschen geht.

Barmherziger Gott

Man kann dieses Bild des strafenden Gottes mit guten Gründen und mit christlichen Motiven ablehnen, aber man muss dann schon auch einen Gedanken daran verschwenden, wie unsere Welt gerechter werden könnte. Der Gott Jesu ist ein barmherziger Gott; werbend, zuredend, er will die Menschen aus Liebe gewinnen, nicht aus Angst. Aber er hat diesen Weg der Gerechtigkeit mit seinem eigenen Leben bezahlt. Gerechtigkeit hat einen hohen Preis; je mehr wir dieses Bild des strafenden Gottes hinter uns lassen wollen, umso mehr muss unsere eigene Leidenschaft für die Gerechtigkeit wachsen und auch unsere Bereitschaft zu Verzicht und Hingabe.

Liturgie und Solidarität

Die Gerechten, so lehrt der Weisheitslehrer am Ende des kurzen Abschnitts der heutigen Lesung, »verpflichten sich, in gleicher Weise Güter wie Gefahren zu teilen«. Von Gütern ist hier durchaus im materiellen Sinn die Rede, aber genauso von den Gütern der Erkenntnis und des Glaubens. Und in den Bedrohungen von Leben und Glauben soll keiner allein gelassen sein. Die Erfahrung, in die Nähe Gottes gerufen zu sein, das ist Liturgie; und die Erfahrung, nicht allein auf dem Weg zu sein, das ist Solidarität. Beides hat die Gemeinde Israel bis heute zusammengehalten, nichts anderes hält auch uns zusammen.

Fürbitten
Herr, Jesus Christus, du bist Maß unseres Lebens, aber auch Mittler und Helfer. Dich bitten wir:

- Für Menschen und Länder, die arm sind und bleiben, weil die herrschende Wirtschaftsordnung ungerecht ist.
(Herr, erbarme dich.)
- Für die Aktiven in Nicht-Regierungs-Organisationen, die oft nichts anderes tun können, als auf Unrecht, Gewalt und Umweltzerstörung hinzuweisen.
- Für Menschen, die ein schweres Schicksal tragen und es als Strafe Gottes empfinden.
- Für die Flüchtlinge an den Küsten des Mittelmeers und für die Touristen, die ihnen dort begegnen.
- Für Christen, denen das Unrecht in der Welt zu schaffen macht; und für Kirchengemeinden, die durch Gebet, Bewusstseinsbildung und praktische Initiativen für eine gerechtere Welt arbeiten.

Gott. Du erfüllst unsere Lebenszeit mit deiner Nähe und unser Arbeiten und Ausruhen mit deinem Segen. Wir danken dir durch Jesus Christus, unseren Herrn. Amen.

Anton Seeberger

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