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»Dienst am Wort«
Herausgeber
Leseprobe 2
Pfingstsonntag
Lesejahr A – B – C
Die Geistesgaben der anderen achten

Beitrag zur Lesung

Einführung

An Pfingsten betet die Liturgie der Kirche zum Heiligen Geist: »Ohne dein lebendig Wehn kann im Menschen nichts bestehn.«
So wichtig ist der Geist Gottes für das Leben des einzelnen Christen und für die Kirche. Seine Gaben sind reich, bunt und vielfältig. Jeder Christ ist für die Entfaltung der Kraft der Charismen in sich selbst und in seinen Mitchristen, in der Gemeinde und in der ganzen Kirche mitverantwortlich. »So viel einer die Kirche liebt, so viel hat er den Heiligen Geist«, sagt Augustinus.

Predigt

Zum Text: 1 Kor 12,3b–7.12–13 (2. Lesung)

Aufeinander abgestimmt

Das ist eines der faszinierendsten Bilder in der Bibel, das Bild vom Leib Christi. Paulus vergleicht die Gemeinschaft der Christen mit einem Leib. Die einzelnen Glieder des Leibes bilden zusammen mit Christus, dem Haupt des Leibes, eine Einheit. Die Glieder sind fein aufeinander abgestimmt. Wie sehr die einzelnen Teile und Glieder ineinandergreifen und zusammenhängen, gilt es sich bewusst zu machen. Das Bild vom Leib will dafür sensibilisieren.
Die ersten Christen haben sich stark vom Bild des einen Leibes und der verschiedenen Glieder leiten lassen. Sie verstanden sich als eine Einheit aus verschiedenen Gliedern, waren sich bewusst, eine Gemeinschaft aus ganz verschiedenen Menschen zu sein, die aber eng zusammengehören. So verschieden sie auch waren, sie gehörten zusammen. Sie verwirklichten damals etwas, was es sonst nirgends in der Welt gab: eine Gemeinschaft, in der Standes-, Rang- und Volksunterschiede aufgehoben waren. Der Geist Gottes vereinte die Menschen so, dass sie wussten und spürten: Wir – Juden und Griechen, Sklaven und Freie – gehören trotz aller Gegensätze zusammen und leben aus einer neuen gleichen Würde.

Gemeinde – ein Miteinander und Zueinander


Gemeinde – ein Miteinander, das den Blick weitet für die, die neben einem leben und wirken und die auch zum Leib Christi gehören. Gemeinde muss sich immer wieder neu aufeinander abstimmen, das Miteinander und Zueinander der einzelnen Glieder neu definieren und neu ausbalancieren. Das ist ein Lernprozess, der bereichernd und manchmal wohl auch nicht einfach ist, das eigene Selbstbild sich durch den Blick füreinander immer neu verändern lassen.
»Jedem aber wird die Offenbarung des Geistes geschenkt, damit sie anderen nützt.« Jeder und jede Einzelne von uns hat also im Leib Christi nach dem Plan Gottes einen ganz bestimmten Platz, ist Glied des Leibes Christi. Das gilt für die einzelnen Christen in ihren Gemeinden, das gilt auch für die einzelnen Gemeinden im Gesamt der Kirche. Jeder und jede hat einen ganz bestimmten Platz. Also nicht gleich: einen bestimmten Platz auszufüllen im Sinne, eine bestimmte Aufgabe zu übernehmen. Das wäre sofort leistungs- und aktivitätsorientiert. Es geht zunächst um das Sein, darum, Glied am Leib Christi zu sein in Entsprechung der eigenen Gaben. Dabei ist jedes Glied wichtig, weil jedem die Offenbarung des Geistes, die Kraft des Geistes geschenkt wird

Der unbeschwerte Blick

Alle haben im Leib Christi ihren Platz und hierfür auch vom Geist Jesu Christi ihr Charisma und ihr Talent bekommen, das sie auszeichnet als einmalige und begabte Menschen. Doch oft nehmen wir nicht unser eigenes Charisma, unsere eigene Stärke in Blick, wir starren vielmehr auf das, was wir nicht so beherrschen, wir fixieren uns auf die Erfolge oder auf die vermuteten Erfolge der anderen und stellen uns so in einen buchstäblich gnaden-losen, inneren Dauervergleichskampf. Arbeiten, ja leben wir nicht manchmal ganz unbewusst in ständigem Vergleichen mit anderen: ob man mehr kann oder weniger, mehr leistet oder weniger, mehr pastoralen Erfolg aufzuweisen hat oder weniger? Das kann auch in einer Kirchengemeinde den unbeschwerten und liebenden Blick füreinander trüben. Dann wird der Blick, der im besten Willen einmal das Ganze und alle sehen wollte, umgebogen auf sich selbst und nur noch an die eigene Gemeinde geheftet.
Deshalb gilt es immer wieder neu und gemeinsam, Christus und die Offenbarung seines Geistes in den Blick zu nehmen. Er ist ja im Heiligen Geist in seiner Kirche gegenwärtig als Haupt des Leibes Christi. Wenn wir als Kirche miteinander feiern, wenn wir uns zu Glaubensgesprächen, Aktionsgruppen oder Kirchengemeinderatssitzungen treffen, tun wir es doch in der Freude darüber, dass wir als Gemeinschaft, als Leib Christi, zusammen sind und Christus in seinem Geist mitten unter uns! Schauen wir voller Freude darauf, wo und wie der Geist Gottes bereits am Werk ist! Wir machen uns das Fest des Lebens mit Christus zunichte, wenn das Bedauern und Klagen, wie viel mehr wir noch sein könnten oder vor welche Glaubensschwierigkeiten uns die heutige Zeit stellt, die Oberhand gewinnt. Die Gegenwart des Geistes Christi müsste die entscheidende Perspektive sein, unter der wir alles andere sehen. Oder umgekehrt: Eine solche Perspektive stellt dann unser kirchliches Handeln, unser pastorales Bemühen, unsere Erfolge und Fehlschläge buchstäblich ins Licht seiner Gegenwart.

Meine Gemeinde – deine Gemeinde

Der frühere Bischof Klaus Hemmerle hat bereits zu einer Zeit, die nicht verdächtig macht, ideologische Unterstützung oder Rechtfertigung von größeren Gemeindeeinheiten zu betreiben, geschrieben: »Das eine wird hier besonders wichtig: Deine Gemeinde ist mir so wichtig wie meine Gemeinde … Der Herr will nicht nur in jeder Gemeinde …, er will auch zwischen den Gemeinden … leben.« Vielleicht brauchen wir auch zwischen den Gemeinden noch mehr das geistliche Gespräch darüber, was in den einzelnen Gemeinden mutig aufgegeben und beendet werden kann, wo wir unsere Kräfte unnötig verschleißen, und umgekehrt, wo neue Herausforderungen in der Seelsorge liegen.
Es könnte ja sein, dass die einzelne Gemeinde den Mut, manches sterben zu lassen und nicht mit immer noch größerer Anstrengung die ganzen Angebote und Leistungen aufrecht zu erhalten, nur bekommt, wenn es ein Miteinander von Gemeinden gibt, wo man zusammen sucht und experimentiert. Der Mut zum Fragment, zu Fehlern und zu vorläufigen Lösungen braucht die Stützung und Bestätigung durch andere. Und es könnte sein, dass wir die Wege Gottes für seine Kirche, die Wege, die er uns neu zeigen will, nur im Aufeinander-Hören und im Miteinander-Suchen entdecken. Wer Zusammenarbeit wagt, wird auch die menschliche Innenseite solcher Zusammenarbeit erfahren und dadurch gestützt und bereichert werden. Es gilt, einander weiterhin im Auge zu behalten und ein Auge für die Geistesgaben der anderen, ihre Liebenswürdigkeit, ihren Alltagscharme zu haben! Wo wir einander nur noch funktional betrachten und nicht als Menschen, denen alle – als Glieder am Leibe Christi – die Offenbarung des Geistes geschenkt wurde, wäre uns das Entscheidende unter der Hand verlorengegangen.

Fürbitten
Herr, Jesus Christus, wir trauen deiner Verheißung, dass du uns deinen Heiligen Geist schenkst. So bitten wir dich:

- Dein Geist ist ein Geist des Lebens. Lass uns die Spuren deines Geistes wahrnehmen im eigenen Leben, im Leben der Menschen und in der Schöpfung und gib uns die Kraft, uns diesem Leben zuzuwenden.
(Herr, erbarme dich. – Christus, erbarme dich.)
- Dein Geist ist ein Geist der Liebe. Lass uns alle Gestalten der Liebe, die wir erfahren, als Spuren deines Geistes erkennen und lass uns in der Kraft deines Geistes sehen, wo unsere Liebe gefragt ist.
- Dein Geist ist ein Geist der Freiheit. Lass uns ohne Angst und ohne falsche Rücksicht sagen und tun, was dein Geist uns aufträgt.
- In deinem Geist allein können wir sagen, dass du der Herr bist. Lass uns erfahren, dass du in unseren unterschiedlichen Lebenssituationen und auf schönen und schwierigen Wegstrecken der Weg, die Wahrheit und das Leben für uns bist.

Herr Jesus Christus, du schenkst jedem von uns deinen Heiligen Geist, der uns zur Freiheit und Liebe führt. Dir sei Ehre und der Lobpreis in Zeit und Ewigkeit. Amen.

Johannes Kreidler

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