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der Zeitschrift
»Dienst am Wort«
Herausgeber
Leseprobe 1
Ostersonntag
Lesejahr A – B – C
Vom Schauen zum Glauben

Beitrag II zum Evangelium


Einführung

»Christus ist auferstanden!«, so schallt es an diesem Tag in ungezählten Sprachen und Weisen rund um den Erdkreis. Kein anderes Ereignis hat die Welt so sehr verändert wie Gottes rettende Tat an seinem Sohn. Das feiern wir Christen heute in großer Festfreude.
Und doch bleiben Fragen: Was ist das eigentlich – Auferstehung? Wie können oder sollen wir uns das vorstellen? Bereits die Ostererzählungen der Bibel schildern dieses Ereignis aus unterschiedlichen Sichtweisen und Perspektiven. Wie die Jüngerinnen und Jünger damals, so sind auch wir eingeladen, unsere Sicht auf Ostern zu klären und zu erweitern.

Kyrie-Ruf
Herr Jesus Christus, du hast dein Leben für uns Menschen eingesetzt.
Herr, erbarme dich.
Du hast uns deine Liebe erwiesen bis zum Tod am Kreuz.
Christus, erbarme dich.
Du bist siegreich vom Tod erstanden und rufst auch uns zum Leben.
Herr, erbarme dich.

Tagesgebet
Allmächtiger, ewiger Gott.
Du hast in deiner großen Liebe deinen Sohn aus dem Tod errettet und somit auch uns den Zugang zum ewigen Leben erschlossen. Darum feiern wir in Freude das Fest seiner Auferstehung.
Erneuere uns durch deinen Geist, damit wir aus der Kraft der Auferstehung leben und deine Welt mitgestalten.
Darum bitten wir durch Jesus Christus.

Liedvorschläge
Gesang zur Eröffnung
GL 218 »Gelobt sei Gott im höchsten Thron«
Antwortgesang mit Halleluja-Ruf
GL 236/1 »Das ist der Tag, den Gott gemacht« mit 236/2 (Psalm 118) und GL 531/2 »Halleluja«
Gesang zur Gabenbereitung
GL 222 »Nun freue dich, du Christenheit«
Gesang zur Kommunion
EH 265 »Ich lobe meinen Gott von ganzem Herzen« oder
GL 225 »Erschienen ist der herrlich Tag«
Dankhymnus/Schlusslied
GL 220 »Das ist der Tag, den Gott gemacht«

Vorüberlegungen

Zum Text: Joh 20,1–9 (Evangelium)

Die Ostererzählung des Johannes vom leeren Grab unterscheidet sich deutlich von den Erzählungen der Synoptiker. In Joh 20,1–9, die dieser Predigt zugrunde liegt, fehlen die Engel, die den Frauen sonst das Geschehen am leeren Grab deuten. Auch wird allein Maria Magdalena genannt, obwohl sie später den Jüngern im Plural berichtet: »Wir wissen nicht, wohin man ihn gelegt hat.« Johannes konzentriert seine Erzählung auf drei Personen: auf Maria Magdalena, auf Simon Petrus und auf den anderen Jünger, »den Jesus liebte«. Sie haben ihre je eigene Sichtweise und Deutung für das Geschehen am Grab. Maria Magdalena vermutet eine Wegnahme des Leichnams. Petrus schenkt seine Aufmerksamkeit den unterschiedlichen Grabtüchern und der andere Jünger glaubt. Ohne näher auf die unterschiedlichen gemeindlichen Gruppen einzugehen, die sich möglicherweise hinter den einzelnen Protagonisten verbergen, versucht die Predigt das Bewusstsein dafür zu schärfen, dass ein und dasselbe Geschehen zu unterschiedlichen Sichtweisen führen kann, und fragt nach der Voraussetzung, die zum Glauben führt.

Predigt

Unterschiedliche Sichtweisen

»Ich sehe was, was du nicht siehst«, so lautet ein beliebtes Kinderspiel. Die mitspielenden Kinder erraten dabei einen Gegenstand, auf den sie durch winzige Hinweise, zum Beispiel eine Farbe, aufmerksam gemacht werden. Obwohl alle dasselbe sehen können, so weiß und »sieht« ein Kind bereits mehr als die anderen. Dieses umfassendere Wissen und Sehen löst in dem Kind insgeheim eine große Freude aus.

»Ich sehe was, was du nicht siehst«, so könnten wir auch über das heutige Evangelium schreiben. Vieles in dieser Ostererzählung erinnert an ein Ratespiel. Da wird uns von drei Menschen aus dem Kreis der Jünger Jesu berichtet, die alle dasselbe und doch etwas anderes sehen. Zwei werden namentlich benannt: Maria Magdalena und Simon Petrus. Der Name des Dritten bleibt verborgen. Er wird »der andere Jünger« genannt, mit dem Zusatz: »den Jesus liebte«. Nacheinander kommen die drei an das Grab Jesu. Und obwohl sie augenscheinlich dasselbe sehen, reagieren sie unterschiedlich. Maria Magdalena erblickt das leere Grab und folgert daraus, dass man den Herrn weggenommen hat. Von Petrus heißt es, dass er die Anordnung der Grabtücher studierte, vom Dritten, dass er glaubte.

Unterschiedliche Weisen zu sehen

Sehen ist nicht gleich sehen. Das können wir an alltäglichen Erfahrungen ablesen. Es gibt ein oberflächliches Sehen, wenn die Augen über eine Landschaft oder durch eine Zeitschrift streifen, ohne ein bestimmtes Interesse oder eine bestimmte Erwartung. Erst wenn der Blick an einem Detail hängen bleibt, steigt unsere Aufmerksamkeit. Wir richten unseren Fokus auf das Entdeckte, sehen genauer hin, betrachten es intensiver. Dann gibt es ein prüfendes und verständnisloses Sehen, wenn ich einen Gegenstand anschaue, der mir nicht bekannt ist und den ich nicht einordnen kann. Ich stelle Vermutungen an, suche Erklärungen und vergleichbare Muster, die mir bei einer Zuordnung helfen. Ein Kunstexperte wird auf einem Gemälde immer noch einmal mehr sehen und entdecken, als mir jemals auffallen würde. Oft sieht man nur, was man kennt. Mit Blick auf Menschen kann sehen wertschätzend oder lieblos sein. Es gibt das teilnahmslose Starren von Schaulustigen, das weder Rücksicht auf Verletzte noch auf Einsatzkräfte nimmt. Und schließlich gibt es den Blick von Liebenden, der anderen ihre Würde belässt und ihre Wünsche auch ohne Worte versteht. All diese und viele weitere Facetten kann das Sehen haben.

Stufen des Sehens und Erkennens

Ganz ähnlich verhält es sich in dem Osterevangelium des Johannes. Während in der deutschen Übersetzung, die wir gehört haben, jeweils das Wort »sehen« steht, verwendet Johannes drei unterschiedliche Begriffe dafür. Das dürfte kein Zufall sein. Es scheint, dass er uns auf unterschiedliche Weisen des Sehens und des Erkennens hinweisen will. Dem ersten Begriff entspricht das eher beiläufige und oberflächliche Hinschauen. Es ist ein erstes Schauen in seiner Grundbedeutung, ohne besondere Emotion und Anteilnahme. So sieht Maria das offene Grab und der Jünger, der schneller am Grab ist, zunächst die Leinenbinden liegen. Was das bedeuten soll, ist beiden noch unverständlich. Petrus, der einen Moment später kommt, betritt das Grab und schaut schon genauer hin. Er hat diesen interessierten und prüfenden Blick. Das griechische Wort, das von Johannes verwendet wird, taucht in unserer Sprache als das Fremdwort »Theorie« auf. Petrus beginnt die Situation zu untersuchen und zu hinterfragen. Schließlich betritt auch der andere Jünger das Grab: Er sah und glaubte. Der Begriff, der diesmal für das Sehen verwendet wird, ist mit dem Wort »Wissen« verwandt. Es geht nicht mehr um ein oberflächliches, rein äußerliches Schauen. Gemeint ist ein erkennendes Verstehen, so wie ein Kunstexperte die Handschrift eines Malers in einem Gemälde wiedererkennt. Dieser Jünger schaut nicht nur mit seinen Augen, sondern mit seinem inneren Wissen und begreift, was das zu bedeuten hat.

Das Eigentliche ist unsichtbar

Es ist erstaunlich, dass der Begriff des Sehens in diesem Osterevangelium so häufig vorkommt, wo doch das Entscheidende gar nicht zu sehen ist. Weder der Auferstandene noch ein Beweis für die Auferstehung sind in dem leeren Grab zu finden. Der Glaube an die Auferstehung und an das machtvolle Wirken Gottes in dieser Welt entzündet sich nicht an einem leeren Grab. Dieser Glaube erwächst aus der Begegnung mit dem lebendigen Christus. Maria Magdalena und Simon Petrus wird die Begegnung mit dem Auferstandenen noch am selben Tag die Augen öffnen. Nur vom dritten Jünger heißt es, dass er bereits im leeren Grab zum Glauben fand. Womöglich hatte er diesen wissenden Blick der Liebenden, die auch ohne Worte verstehen. Johannes gibt diesem geheimnisvollen Jünger gern eine Vorrangstellung, noch vor Petrus, und betont die freundschaftliche Liebe, die ihn mit Jesus verband. Somit lebt auch sein Glaube letztlich von der Begegnung mit Christus, die in ihm weiterwirkt und nach wie vor lebendig ist. In dem, was er sieht, erkennt er die Handschrift Gottes wieder.

Sich den Blick der Liebe bewahren

»Ich sehe was, was du nicht siehst«, so hätte der dritte Jünger im Grab sagen können. Er schaute bereits etwas, wofür Maria Magdalena und Simon Petrus trotz der vorsichtigen Hinweise noch einer letzten Gewissheit bedurften. Jesus Christus hat sie ihnen geschenkt, indem er sich ihnen persönlich als der Auferstandene zu erkennen gab. Die Begegnung mit dem lebendigen Christus, ist bis heute der einzige Weg, auf dem Menschen zum Glauben finden. Sie geschieht in der Begegnung mit authentischen Glaubenszeugen, die wie Maria Magdalena und die anderen Jünger durch ein liebendes Verstehen selbst zum Glauben gefunden und ihn weitergegeben haben. Bewahren wir uns diesen Blick des liebenden Jüngers und der liebenden Jüngerin, damit auch wir sehen und glauben.

Fürbitten
Herr Jesus Christus, du hast uns versprochen: Ich lebe und auch ihr sollt leben. Im Vertrauen auf diese österliche Zusage kommen wir vor dich mit unseren Bitten:
- Wir beten für alle, die zu einem Grab gehen: Schenke ihnen Trost und neue Hoffnung durch deine Auferstehung.
- Wir beten für alle, denen Steine in den Weg gelegt sind: Eröffne ihnen alternative Sichtweisen und Lösungswege für ihr Leben.
- Wir beten für alle, denen der Glaube schwer geworden ist: Stelle ihnen Glaubenszeugen an die Seite, die in der Nachfolge des lebendigen Christus ihr Leben gestalten.
- Wir beten für alle, die ihren Glauben vertiefen wollen: Entzünde in ihnen die Liebe zu deinem Wort, das uns die Richtung weist.
- Wir beten für unsere Verstorbenen, die ihre Hoffnung auf dich gesetzt haben: Lass sie nun schauen, was sie in ihrem Leben geglaubt haben.

Gott, du Freund des Lebens. In deiner großen Liebe hast du deinen Sohn aus dem Tod errettet und ins Leben gerufen. Erhöre durch ihn auch unsere Bitten und schenke uns deinen belebenden Geist, heute und in Ewigkeit. Amen.

Adrian Warzecha

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