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»Dienst am Wort«
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Leseprobe 3
Karfreitag
Lesejahr A – B – C
Er starb so, wie er gelebt hatte

Beitrag zum Evangelium

Einführung
Karfreitag – Tag der Stille und der Einkehr. Die Begegnung mit Leiden und Tod macht uns ohnmächtig und sprachlos. Wir können nichts tun außer dabeibleiben; nicht davonlaufen, sondern aushalten. Vielleicht ahnen wir, dass in diesem Tod unser Tod aufgehoben ist. Vielleicht wächst die Hoffnung, dass mit diesem Sterben unser Sterben nicht ins Bodenlose fällt. Gebe Gott, dass wir als Jünger Jesu seinen Weg mitgehen: durch den Tod ins Leben.

Tagesgebet
Höre uns, Gott, in der Stunde der Not.
Sieh auf uns zur Zeit der Bedrängnis.
Steh uns bei
durch deinen Sohn Jesus Christus,
der für uns den Tod am Kreuz erlitten hat,
und in der Kraft des Heiligen Geistes,
der Leben schafft von Ewigkeit zu Ewigkeit.

Liedvorschläge
Antwortgesang nach der 1. Lesung
GL 179,1–3 »O Haupt voll Blut und Wunden«
Gesänge zur Passion
GL 163,1–3 »Aus tiefer Not schrei ich zu dir« (nach Joh 18,28)
GL 180,1–4 »Herzliebster Jesu, was hast du verbrochen« (nach Joh 19,16a)
GL 188,1–6 »O Traurigkeit, o Herzeleid« (nach Joh 19,42)
Gesang zur Kreuzverehrung
GL 182,1–10 »O du hochheilig Kreuze«
Gesang zur Kommunion
GL 183,1–5 »Wer leben will wie Gott auf dieser Erde«
Dankhymnus
GL 178,1–4 »Wir danken dir, Herr Jesus Christ, dass du für uns gestorben bist«

Vorüberlegungen

Zum Text: Joh 18,1 – 19,42 (Evangelium)

Die vier Evangelisten schildern das Sterben Jesu ganz unterschiedlich. Das zeigt sich vor allem in den letzten Worten Jesu am Kreuz, die Verzweiflung, aber auch Hingabe und Siegesgewissheit zum Ausdruck bringen. In der frommen Betrachtung wurden diese unterschiedlichen Sichtweisen nicht als Gegensätze aufgefasst, sondern spannungsvoll zueinander in Beziehung gesetzt. Was immer menschliches Sterben im Hin- und Hergerissensein zwischen Leben und Tod ausmacht, hat Jesus in seinem Sterben mit uns Menschen geteilt. Nichts Menschliches ist ihm fremd geblieben, und gerade dadurch hat er unsere Hoffnung auf ein Leben über den Tod hinaus begründet. Die Predigt schaut die verschiedenen Aspekte zusammen und lässt sie gleichzeitig in ihrer jeweiligen Eigenart hervortreten. So will sie gleichzeitig die Vielfalt und die Einheit des neutestamentlichen Zeugnisses vom Sterben Jesu für uns Menschen sichtbar machen.

Predigt

Das Vermächtnis der letzten Worte

Man hat das ganze Markusevangelium als eine »Passionsgeschichte mit ausführlicher Einleitung« bezeichnet. Das mag zwar übertrieben klingen, aber es fällt doch auf: In sechs von sechzehn Kapiteln schildert der Evangelist Markus die letzten Tage Jesu in Jerusalem. Im Johannesevangelium sind es acht von einundzwanzig Kapiteln, zum größten Teil Abschiedsreden Jesu an seine Jünger. In den übrigen Evangelien ist das Verhältnis nicht ganz so extrem, und doch läuft auch hier das ganze Wirken Jesu auf seine letzte Auseinandersetzung in Jerusalem zu. Darin unterscheiden sich die Evangelien kaum von anderweitigen Biografien berühmter Persönlichkeiten. Es gehört zum menschlichen Leben, dass es sich in der Stunde des Todes im Wesentlichen verdichtet. Die letzten Gesten, die letzten Worte eines Sterbenden, mit letzter Kraft getan und gesagt, werfen oft ein bezeichnendes Licht auf sein ganzes Leben. Soweit es in unserer Macht steht, sterben wir wohl auch so, wie wir gelebt haben. Da ist es schon vom rein menschlichen Standpunkt, abgesehen von aller Theologie, nicht verwunderlich, dass auch dem Sterben Jesu seit jeher die besondere Aufmerksamkeit der Christgläubigen gilt. Neben dem Kreuzweg sind es vor allem die letzten Worte Jesu gewesen, die zur frommen Andacht einluden. Diese Worte sind es wert, dass auch wir sie heute betrachten. Die Evangelisten erzählen von drei verschiedenen Worten, die Jesus als letztes gesprochen habe. Jedes von ihnen wirft ein anderes Licht auf dieses Sterben.

Der Schrei der Verzweiflung

Übereinstimmend berichten Markus und Matthäus: »In der neunten Stunde rief Jesus mit lauter Stimme: Eloï, Eloï, lema sabachtani?, das heißt übersetzt: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?« (Mk 15,34; vgl. Mt 27,46) Das Allerletzte, was wir von ihm hören, ist aber noch schlimmer – es ist ein wortloser Schrei: »Jesus aber schrie laut auf. Dann hauchte er den Geist aus.« (Mk 15,37; vgl. Mt 27,50) Man hat versucht, dem verzweifelten Schrei Jesu seine durchdringende Schärfe zu nehmen. Man hat gesagt, er habe nicht seine eigene Gottverlassenheit hinausgeschrien, sondern nur ein altes Gebet der Juden zitiert, nämlich den 22. Psalm, der mit diesen Worten beginnt. Zu ungeheuerlich erschien vielen die Vorstellung, dass in der finsteren Nacht des Todes der Sohn Gottes selbst von Gott verlassen sein sollte. Auch wir beten schließlich in den Karmetten diesen Psalm, ohne dass wir uns von Gott verlassen fühlen müssten. Aber das ist wohl doch zu harmlos vom Tod gedacht, als ob ein Mensch in seiner Sterbestunde noch Muße fände zu frommer Übung, die nichts mit seiner ausweglosen Lage zu tun hätte. Nein, Jesus hat am Ende auch noch die bitterste Erfahrung eines gläubigen Menschen gemacht: dass er nicht nur von Menschen, sondern auch von Gott verlassen war. Das sollte gerade uns Gläubigen zu denken geben. Die Kunst des Sterbens zu lernen, gehört zum Kern einer jeden Religion. Aber bei aller Einübung in diese Kunst sind wir nicht vor der undurchdringlichen Nacht des Todes gefeit. Wir haben keine Garantie auf einen schönen Tod. Erst wenn wir diese letzte Sicherheit fahren lassen, sind wir bereit, die Grenze des Lebens zu überschreiten. An diesem Punkt gibt es kein Zurück. Bis an diesen Punkt ist Jesus gegangen. Das ist die trostlose Seite seines Sterbens.

Das Wort der Hingabe

Eine andere Seite zeigt uns der Evangelist Lukas: »Jesus rief laut: Vater, in deine Hände lege ich meinen Geist. Nach diesen Worten hauchte er den Geist aus.« (Lk 23,46) Auch das ist ein althergebrachtes Gebet, genommen aus dem 31. Psalm (Ps 31,6). Aber auch das ist nicht nur ein Zitat, teilnahmslos dahingesagt. Dieses Wort, gesprochen in der Stunde höchster Not, zeugt von dem innigen Vertrauen, das Jesus zeit seines irdischen Lebens mit dem Vater im Himmel verband. Es zeugt vielleicht auch davon, dass Jesus das Sterben lernen musste. Er war dem Kampf des Todes unterworfen wie jeder Mensch, bald mit letzter Kraft im zornigen Aufruhr, bald ergeben in sein Todesschicksal. Nur wer den Kampf ums Überleben durchgemacht hat, kommt an den Punkt, an dem sich ungeahnte Gelassenheit, vielleicht auch neues Vertrauen einstellen mag. Er wirft sein Leben nicht mehr trotzig weg wie etwas, das er ohnehin nicht halten kann. Er scheidet nicht im Zorn über Lebenschancen, die ihm nicht vergönnt waren. Er betrachtet sein Leben nicht als seinen festen Besitz, so als ob er es sich selbst redlich erworben hätte. Er legt es vielmehr zurück in die Hände, aus denen er es empfangen hat, nicht nur am Anfang, sondern alle Tage neu. Er sieht sich nicht im Würgegriff eines anonymen Todesschicksals, sondern in der Hand des Vaters, dessen Liebe und Treue ihn jeden Augenblick am Leben erhielt. Und er kann nicht glauben, dass solche Liebe den Tod finden soll. »Stark wie der Tod ist die Liebe« (Hld 8,6) – sie nimmt das sterbende Leben auf. Das ist das Tröstliche am Sterben Jesu.

Der Ruf des Sieges

Ein letztes Wort überliefert uns schließlich der Evangelist Johannes: »Jesus sprach: Es ist vollbracht! Und er neigte das Haupt und gab seinen Geist auf.« (Joh 19,30) Es ist vollbracht, sagt Jesus. Was ist es also? Was ist das im Rückblick für ein Leben und Sterben gewesen? Es ist vollbracht – heißt das: Endlich ist er von seinem Leiden erlöst? Oder heißt es: Dieses Leben ist nicht nur irgendwie zu Ende gegangen, sinnlos abgeschnitten in jungen Jahren, sondern es ist gereift und vollendet, sodass nichts mehr daran fehlt? Beides mag in diesem Wort mitschwingen, und beides können wir erleben, wenn ein Mensch stirbt. Wie schön ist es, wenn das Leben eines Menschen im Tod nicht nur ein abruptes Ende, sondern seine Vollendung findet. Aber gibt es das? Bleibt unser menschliches Leben nicht immer bruchstückhaft? Müssen wir es nicht immer unfertig lassen, weil es in diesem Leben nichts Vollkommenes gibt? Vor diesen Fragen gewinnt das Sterben Jesu noch eine tiefere Bedeutung. Es ist vollbracht – das sagt er nicht nur im Blick auf sein eigenes irdisches Leben. Das sagt er vor allem von seinem Erlösungswerk. Seit Jesus den Schrei der Gottverlassenheit ausgestoßen hat, seit er sein Leben in die Hände des Vaters zurücklegte, seither gibt es Vollendung auch für unser Leben. Denn er hat alle menschliche Gottverlassenheit angenommen, um sie zu heilen. Er legt nicht nur sein, sondern auch unser Leben in die Hände seines liebenden Vaters. Deshalb, nur deshalb vermögen vielleicht auch wir am Ende zu sagen: »Es ist vollbracht.«

Fürbitten
Zum Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus, der ihn im Tod bewahrt und zu neuem Leben auferweckt hat, lasst uns rufen:

- Für die Kirche auf dem ganzen Erdkreis, den Papst, die Bischöfe, die Seelsorgerinnen und Seelsorger und uns alle: um die Kraft, Jesus im Leben und im Sterben nachzufolgen.
(Heiliger Gott, heiliger Starker, heiliger Unsterblicher, erbarme dich.)
- Für die Christenheit, die vielfach gespalten und zerrissen ist: um geschwisterliche Liebe zueinander und wachsende Einheit im gemeinsamen Zeugnis für das Evangelium.
- Für die Juden, denen Jesus als Sohn Davids dem Fleisch nach entstammt: um den Frieden und die Freiheit, Gottes Gebote und seinen Bund zu bewahren zum Zeichen des Heils für alle Völker.
- Für alle Menschen, die Gefahren für Leib und Seele ausgesetzt sind und in besonderer Weise der Hilfe von Gott und Menschen bedürfen: um wirksamen Beistand in ihren Nöten.

Gott, unser Vater, in allem blieb Jesus mit dir verbunden. Auch in der finsteren Nacht der Einsamkeit hat er noch nach dir gerufen. Höre unser Gebet, das wir heute in der Anliegen der Welt vor dich bringen. Neige dich uns zu und komm uns zu Hilfe durch Christus, unseren Herrn. Amen.

Wilfried Eisele

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