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Die Inhalte
der Zeitschrift
»Dienst am Wort«
Herausgeber
Leseprobe 1
20. Sonntag im Jahreskreis
Lesejahr A
Beitrag zur Lesung

Einführung
Im Leben gibt es fast immer zwei Möglichkeiten. Wenn Jesus ein Gleichnis beginnt mit dem Satz: »Ein Mann hatte zwei Söhne …« (Mt 21,28; Lk 15,11), dann wissen wir schon, dass uns unterschiedliche Charaktere und Schicksale erwarten. Was einen Lebensentwurf ausmacht, das erkennen wir besser im Vergleich zu einem anderen. So haben auch schon die ersten Christen gefragt: Wenn das Volk Israel Gottes erstgeborener Sohn ist, was ist im Verhältnis dazu dann die Kirche? Und wir können heute auch noch anders fragen: Wenn wir Christen uns um unseren Herrn Jesus Christus versammeln, wer sind dann die anderen für uns? Gott schließt alle Menschen in sein Erbarmen ein, sagt der Apostel Paulus. Um dieses Erbarmen Gottes lasst uns beten.

Ungehorsam und Erbarmen

Predigt
Zum Text: Röm 11,13–15.29–32 (2. Lesung)

Konkurrenz zwischen Juden und Christen

»Es ist nicht recht, das Brot den Kindern wegzunehmen und den Hunden vorzuwerfen« (Mt 15,26). Mit diesem schroffen Wort weist Jesus im heutigen Evangelium das Ansinnen einer kanaanäischen Frau zurück, ihre Tochter zu heilen. Darin kommt das Selbstbewusstsein des Juden Jesus zum Ausdruck, der sich als Hirte zum Volk Israel gesandt weiß, um die zersprengte Herde Gottes neu zu sammeln. Hier muss das Heil seinen Anfang nehmen, weil Gott mit diesem Volk seinen Bund geschlossen hat (Röm 11,26f). Israel ist der Ölbaum Gottes, in den die Heiden – und damit auch wir mit unseren Vorfahren – erst nachträglich aus wilde Schößlinge eingepfropft worden sind (Röm 11,17–24). Der selige Papst Johannes Paul II. hat den bleibenden Vorrang Israels anerkannt, indem er die Juden die »älteren Geschwister der Christen« nannte. Freilich begegnen manche Juden dieser brüderlichen Geste mit gemischten Gefühlen. Denn die jüngeren Geschwister Abel, Jakob oder Ephraim werden den älteren Kain, Esau und Manasse in der Bibel vorgezogen (Gen 4; Gen 27; Gen 48). Was hat es mit dieser Konkurrenz zwischen Juden und Christen auf sich? Was gibt sie uns Christen für Fragen auf?

Gott macht sein Volk eifersüchtig

Gott handelt an Israel wie ein Mann, der sich der ungeteilten Zuneigung seiner Braut nicht mehr ganz sicher sein kann, aber jedenfalls um sie kämpfen will. Er macht sie eifersüchtig, indem er sich anderen Frauen zuwendet, ihnen mehr Aufmerksamkeit widmet und sie in sein Vertrauen zieht. Wenn der Apostel Paulus das Evangelium zu den Heiden bringt, dann will er damit die Eifersucht Israels erregen, damit es sich mit neuer Hingabe zu seinem Gott bekehrt. Die Juden, die sein Evangelium annehmen, sollen gerade dadurch zu größerem Eifer in ihrem Gottesdienst angespornt werden, dass gottlose Heiden zum Glauben an Jesus als den Messias Israels kommen. Muss es uns als Christen nicht auch eifersüchtig machen, dass Menschen, die unseren Glauben nicht teilen, dennoch mitunter mehr davon leben und bezeugen? Muss es uns nicht in unserem Dienst an der Welt noch eifriger machen, wenn wir sehen, dass andere unsere christlichen Anliegen mit größerer Leidenschaft vertreten als wir selbst?

Gott widerruft seine Gnade nicht

Wenn wir untreu sind, bleibt Gott doch treu, denn er kann sich selbst nicht verleugnen (2 Tim 2,13). Es mag den Anschein haben, als hätte er sein Volk im Stich gelassen; aber er geht Wege des Heiles, die wir nicht kennen. Über Jahrhunderte meinten Christen, Gott hätte seinen erstgeborenen Sohn Israel enterbt und dafür die Kirche zum Alleinerben seiner Verheißungen eingesetzt. So wurden die Juden wie Rechtlose behandelt, ihres Hab und Guts und oft auch ihres Lebens beraubt. Aber »unwiderruflich sind Gnade und Berufung, die Gott gewährt« (Röm 11,29). Er ist nicht wie wir launisch und wechselhaft in seiner Beziehung zu den Menschen. Das gilt für Israel, das gilt auf andere Weise auch für die Kirche. Aus der Volkskirche ist vielfach eine kleine Herde geworden, die mehr und mehr auf ihre gesellschaftlichen Machtansprüche verzichten muss. Aber heißt das, dass wir uns nicht mehr auf Gott verlassen könnten? Oder erzieht er uns zu neuem Vertrauen, das nicht mehr auf eigene Stärke schielt?

Gott schenkt uns sein Erbarmen

Käme es darauf an, was wir aus eigener Stärke vollbringen, wir wären verloren – spätestens im Tod, aus dem sich keiner selber rettet. Wir sind Menschen mit unseren Schwächen und Fehlern, wir sind zur Liebe und Treue nur in engen Grenzen fähig. Deshalb erfüllen wir auch das Gebot Gottes, das in unsere Herzen geschrieben ist und das er uns im Wort der Schrift offenbart, immer nur zum Teil. So sind wir dem Gesetz des Lebens ungehorsam. Darin gibt es keinen Unterschied, sondern eine tiefe Solidarität unter den Menschen. »Gott hat alle in den Ungehorsam eingeschlossen, um sich aller zu erbarmen« (Röm 11,32). Das heißt nicht, dass es keine begründeten Überzeugungen geben könnte oder dass es keiner eigenen Anstrengungen bedürfte. Aber Überheblichkeit kommt vor dem Fall, und ohne das Erbarmen Gottes gäbe es in der Hinfälligkeit unseres Lebens keine Hoffnung mehr aufzustehen. Nur er kann das Böse zum Guten wenden, nur er kann auferwecken, wo Sünde und Tod das Leben rauben.

Fürbitten
Gott, du bist der Vater aller Menschen. Höre unsere Bitten für deine Kinder auf der ganzen Welt:
Völker und Rassen, Religionen und Konfessionen liegen im Streit miteinander. Vereine sie im gemeinsamen Wetteifer für das Gute. Du Vater aller Menschen:
(Höre unser Gebet.)
Du hast Israel dazu erwählt, ein Licht für die Völker zu sein. Schütze dein Volk in dieser Zeit und lass es in gerechtem Frieden mit seinen Nachbarn leben. Du Vater aller Menschen:
Menschen verzweifeln an ihrem Leben und Glauben, weil harte Schicksalsschläge sie treffen. Sei du die Kraft der Kranken und die Hoffnung der Gescheiterten. Du Vater aller Menschen:
Im Angesicht des Todes sind wir auf dein Erbarmen angewiesen. Gib den Sterbenden Trost und unseren Toten das ewige Leben. Du Vater aller Menschen:
Gott, unser Vater, in deiner Hand liegt unser Leben und unser Geschick. Lass uns in frohen Tagen dir danken und in Zeiten der Not auf dich vertrauen durch Christus, unseren Herrn. Amen.

Wilfried Eisele

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