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der Zeitschrift
»Dienst am Wort«
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Leseprobe 3
Vierter Sonntag im Jahreskreis
Lesejahr A
Einführung und Kyrie-Ruf
Der Sonntag ist nicht einfach die Fortsetzung des Werktags und der Gottesdienst nicht bloß ein Termin unter anderen – wenigstens sollte es nicht so sein. Wir suchen an diesem Tag gerade die »Unterbrechung«: einmal nicht getrieben sein, von der Uhr diktiert werden, eine Rolle spielen, Stärke demonstrieren müssen …
Aber nicht nur um Unterbrechung des Alltags geht es. Die Botschaft, die uns hier gesagt wird, läuft unseren gewohnten Lebensmaximen oft genug quer: wenn etwa die Armen selig gepriesen werden und die Schwachheit als Stärke ausgelegt wird. Jesus Christus steht für dieses Alternativprogramm. Zu ihm rufen wir:

Jesus Christus, der du der Weg, die Wahrheit und das Leben für uns bist.
Kyrie eleison.
Jesus Christus, der du gekommen bist, nicht zu herrschen, sondern zu dienen.
Christe eleison.
Jesus Christus, deine Hingabe bis in den Tod ist der Anfang neuen Lebens.
Kyrie eleison.

Das Kreuz Christi nicht um seine Kraft bringen

Predigt

Zum Text: 1 Kor 1,17–18.25–31 (2. Lesung)

»…da sind nicht viele Weise im irdischen Sinn, nicht viele Mächtige, nicht viele Vornehme« –
das können wir eigentlich so heute von unserer Gemeinde nicht mehr sagen. Nicht dass hier die ganze Hautevolee von Ulm versammelt wäre – aber zu den wirklich armen Teufeln gehört kaum einer von uns. Und in unseren Reihen hat es durchaus Leute von Gesicht und Ansehen, vom Oberbürgermeister bis zu Professoren und Chefärzten. Ja, die Kirche ist, trotz aller Kritik, immer noch gefragt, oft sogar hofiert in unserem Land. Kirchliche Würdenträger sitzen mit in der ersten, mindestens in der zweiten Reihe, kirchliche Grissworte und natürlich auch Investitionen sind durchaus erwünscht… Es hat sich schon etwas geändert seid Paulus’ Zeiten. Ob er darüber traurig wäre?

Gottes Weg führt nach unten

Nun ist es ja nicht so, dass es in der Gemeinde von Korinth keine Vornehmen gegeben hätte – nur eben »nicht viele«. Paulus hat nicht Klassenkampf im Sinn und auch keine Ressentiments gegen die »Großkopfeten«. Ihm geht es darum, »dass das Kreuz Christi nicht um seine Kraft gebracht wird.« (1 Kor1,17)
Das Kreuz aber ist in den Augen der Welt Torheit, Schwäche. Der da hängt, wurde ja in den Dreck getreten, zum letzten Dreck gemacht – für den die Großen, die Gescheiten, die Maßgebenden höchstens Spott und Kopfschütteln übrig hatten. Der Weg Gottes führt nicht hinaus zu den ersten Plätzen und Siegerpodesten, dorthin, wo man die Schlagzeilen für sich hat. Gottes Weg führt hinunter – dorthin, wo sich einer hineinkniet in menschliche Erbärmlichkeit, wo Füße und nicht bloß Köpfe gewaschen werden, wo man sich die Finger schmutzig macht, wo die Bügelfalten leiden und der Lack abgeht. Ist es uns nicht auch selbst peinlich, neben einem Penner zu sitzen? …
Wer für hohe Ideale eintritt, ist aller Ehren wert; wer aber im Gestrüpp menschlicher Konflikte und Nöte im Sinn des Evangeliums nach Hilfe sucht, wird nicht ungestreift und unverkratzt davonkommen. Denken wir nur an die schmerzliche Debatte um den Dienst der kirchlichen Beratungsstellen für werdende Mütter in Konfliktsituationen …

In der Schwachheit …

»Das Törichte an Gott ist weiser als die Menschen, und das Schwache an Gott ist stärker als die Menschen« (1Kor 1,25) sagt Paulus. Was meint er damit? Wo erweist sich denn das Schwache an Gott als stark?
Man kann – äußerlich gesehen – einen Beweis der Wahrheit dieses Satzes darin sehen, dass gerade diese nichtswürdigen Christengemeinden des Anfangs, von vielen als »Abschaum« betrachtet, sich als stärker erwiesen haben als die ganze römische Staatsmacht. Die Kirche hat alle Reiche überdauert…
Aber die eigentliche Wahrheit des Paulusworts liegt woanders. Denn merkwürdigerweise gerade da, wo die Kirche auf dem Höhepunkt ihrer Macht stand, fing sie an zu wanken. Die Armut des Poverello, des Franz von Assisi und seiner Minderbrüder war ihre Rettung – die fast unumschränkte Machtfülle des Papstes brachte die Kirche an den Rand des Untergangs. Wo es um die ersten Plätze geht, um den Vorrang, die Überlegenheit – wo man alle Kraft darauf verwendet, die Nase vorn zu haben, hat Gott wenig Chancen.

… beweist sich Gottes Kraft

»Wenn ich schwach bin, bin ich stark« (2 Kor 12,10), sagt Paulus (an einer anderen Stelle des Briefs). Und wir erfahren es ja an uns selbst: gerade an meinen wunden Stellen – dort, wo ich meine Bedürftigkeit spüre, kann neues Leben wachsen. Da kann Gott etwas mit mir anfangen, Festgefahrenes verwandeln, in Bewegung bringen. In einem Trauergespräch sagten die Kinder von ihrem Vater: »Wir hatten eine große Distanz zu ihm; er war immer sehr fordernd und hart und bestimmend. Wir hatten es sehr schwer miteinander. Aber jetzt, als er selber auf unsere Hilfe und Pflege angewiesen war, jetzt kamen wir zueinander, konnten uns versöhnen. Er ist ein neuer Mensch geworden.«
Nicht wo wir alles im Griff haben und beherrschen, sind wir stark, sondern wo einer des anderen Last trägt. Und es leuchtet ein, warum Jesus die Armen selig preist…

Wo das Kreuz um seine Kraft gebracht wird

»Schaut auf eure Berufung« (1 Kor 1,26). Es ist doch nicht unser Verdienst und Können, das uns Gottes Achtung verschafft. Es ist Gottes grundlose Liebe, die an uns »einen Affen gefressen« hat; die uns annimmt als die, die wir sind mit all unseren Macken, Empfindlichkeiten und Eitelkeiten. Der Christus am Kreuz zeigt Gottes Sympathie für die, die sich ihrer Bedürftigkeit bewusst sind.
Um seine Kraft gebracht wird das Kreuz also nicht in erster Linie dort, wo man es aus Schulzimmern nimmt, auch nicht dort, wo eine Gemeinde viele Leute mit Rang und Namen in ihren Reihen hat. Um seine Kraft gebracht wird das Kreuz vielmehr dort, wo es uns wichtiger ist, gut in der Zeitung zu stehen als unbedankt zu helfen; wichtiger, in der ersten Reihe zu sitzen als hinten auf den Letzten zu warten. Um seine Kraft gebracht wird das Kreuz, wo wir nur Fassaden pflegen, das Zerbrochene schönreden und uns derer schämen, mit denen »kein Staat zu machen« ist.
Unser Alten- und Pflegeheim St. Anna-Stift, das wir tragen, das Haus Guter Hirte, dem wir verpflichtet sind, die Vesperkirche, die Dienste der Caritas, unsere Partnerschaft mit den Müttern und Campesinos in Peru, nach denen sonst kein Hahn kräht – sie sind die Ehrenzeichen für uns als Kirche und Gemeinde!

Fürbitten
Uns Menschen imponieren Größe, Wissen und Macht. Du aber, Gott, schaust auf die Niedrigen und Kleinen. Wir rufen zu dir:

- Wo im täglichen Konkurrenzkampf Menschen auf der Strecke bleiben: Lass Rücksicht und Solidarität nicht verkommen.
(Herr, erbarme dich. Christus, erbarme dich. Herr, erbarme dich.)
- Wo Wirtschaftlichkeit und Gewinn alles bestimmen will: Öffne die Augen für die wahren Werte des Lebens.
- Wo Kinder vor oder nach der Geburt im Weg stehen, wo alte Menschen wie Müll behandelt werden: Wecke Ehrfurcht vor jedem Menschen, der ja dein Bild trägt.
- Wo in der Kirche die gewandten und großen Worte und die lauten Stimmen den Ton angeben: Bringe dein Wort zur Geltung.
- Wo Gesundheit und Fitness alles ist und Kranke und Belastete vergessen werden: Lehre uns, unsere Grenzen zu sehen und anzunehmen – damit einer des andern Last trägt.

Denn in der Schwachheit kommt deine Kraft zur Vollendung – in Jesus Christus, unserem Herrn. Amen.

Thomas Keller

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