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»Dienst am Wort«
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Leseprobe 3
26. Sonntag im Jahreskreis
Lesejahr B
Das gemästete Herz

Predigt
Zum Text: Jak 5,1–6 (2. Lesung)

Ist Reichtum schlimm?

Diese 2. Lesung des heutigen Sonntags scheint so richtig in die gegenwärtige Finanz- und Wirtschaftskrise zu passen. Weil einige ihrer unersättliche Gier nach Reichtum und ihrem Trieb zum Zocken freien Lauf gelassen haben, stürzt die ganze Welt in eine heftige Krise, worunter natürlich die, die sowieso kaum das Lebensnotwendige haben, am meisten leiden. Natürlich sind die Ursachen komplexer, aber dass diese Gier nach Reichtum eine Hauptursache ist, das lässt sich nicht mehr wegdiskutieren. Es sind nicht nur anonyme Systeme, auf die man alles folgenlos abschieben kann, sondern ganz konkrete Menschen, die dafür verantwortlich sind.
Da spricht diese Lesung drastische und deutliche Worte. Aber ist denn Reichtum an sich schlimm? Kann man nicht damit auch viel Gutes tun? Zweifellos. Und es gibt Menschen, die mit ihrem Reichtum verantwortlich umgehen und tatsächlich viel Gutes tun. Der Jakobusbrief warnt aber vor einer Reichtumsfalle, in die viele geraten, die reich sind: nämlich in die Falle der unersättlichen Gier, die sich nicht mehr um die soziale und gesellschaftliche Verantwortung kümmert, die mit dem Besitz verbunden ist. Der Brief des Jakobus – er wird der Herrenbruder genannt und war der Leiter der Jerusalemer Urgemeinde, nachdem Petrus weggegangen war – dieser Jakobus nennt in seinem Brief ein ganz konkretes Beispiel: Die Arbeiter werden um ihren gerechten Lohn gebracht. Das war damals offensichtlich ein Problem und ist es heute ebenfalls in vielen Teilen der Welt. Die Gier, die für den Mitmenschen und sein Leben blind macht, nennt die Lesung ganz drastisch und ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen: das gemästete Herz.

Das gemästete Herz

Es gibt Menschen, die sich ständig nur selbst mästen – auch über den materiellen Reichtum hinaus ständig nur an sich selbst und ihren Vorteil denken. Die Frage lautet bewusst oder unbewusst stets: Was habe ich davon? So wie es Menschen gibt, die ihr Leben einsetzen und teilen, so gibt es Menschen, die nur um sich kreisen, an sich denken, für sich sorgen: ihr Herz mästen. Aber das gemästete Herz macht nicht glücklich. Jakobus weist auf die Vergänglichkeit des Reichtums hin: Er verfault. Gold und Silber verrosten und der Rost wird als Zeuge gegen diese Menschen auftreten. In einer deutlichen und sehr anschaulichen Sprache schildert der Brief das. Der Reichtum kann blenden und Glück nur vortäuschen. Reiche sind selten glücklicher als solche, die nicht reich sind. Ja, oft wird das Leben zur langweiligen Ödnis inmitten all des Reichtums. Der Überdruss stellt sich ein und macht das goldene Leben grau. Die Regenbogenpresse berichtet lustvoll und ausführlich über solche Abstürze aus den Reihen der Reichen und Schönen in der Welt. Und die Leser und Leserinnen sind dann schadenfroh. Das gemästete Herz hat es schwer, einen Platz für die Mitmenschen zu schaffen. Man braucht ja niemanden, denn man kann sich alles leisten. Das gemästete Herz wird einsam, weil man sich eben Liebe, Zuwendung, Treue, Mitmenschlichkeit und echte Freundschaft nicht kaufen kann, nicht durch noch so viel Geld. Das gemästete Herz hat es schwer, einen Platz für Gott im Leben zu schaffen. Wer sich selbst mästet, der braucht Gott nicht mehr. Er ist sich selbst genug, sein eigener Gott.

Glaube und Lebenspraxis

Der Jakobusbrief legt großen Wert auf die Glaubenspraxis. Jakobus sieht, wie bei manchen Christen zwischen Glaube und Leben keine Verbindung mehr zu bestehen scheint. Ihr Leben spricht eine andere Sprache als ihr Glaube. Darum betont Jakobus die guten Werke, also die Lebenspraxis, worin der Glaube sich verwirklicht und sich also echt bezeugt: »Hört das Wort nicht nur an, sondern handelt danach« (Jak 1,22) schreibt er, und: »Nehmt das Wort zu Herzen, das in euch eingepflanzt ist und die Macht hat, euch zu retten« (Jak 1,21b). Wer aber sein Herz nur mästet, der kann das Wort Gottes nicht mehr zu Herzen nehmen und danach handeln. Das ist der entscheidende Punkt, warum Jakobus in der Lesung so gegen den Reichtum polemisiert. Meine Lebenspraxis muss meinen Glauben glaubwürdig machen vor den Menschen. Wir spüren ja selbst bei anderen Menschen, wenn Anspruch und Wirklichkeit allzu weit auseinanderklaffen. Die Menschen werden unglaubwürdig. Natürlich wird es immer einen Unterschied geben. Wohl kein Christ kann den Anspruch, den der christliche Glaube erhebt, vollkommen in die eigene Lebenspraxis umsetzen. Wir sind schwach und werden schuldig und sind auf Vergebung und Versöhnung, auf den Beistand Gottes, angewiesen. Den Himmel verdienen können wir uns sowieso nicht. Aber das enthebt uns nicht der Mühe, immer wieder zu prüfen, wie sich bei mir Glaube und Lebensalltag, Lebenspraxis zueinander verhalten. Stimmt das noch oder braucht es da eine Korrektur, eine Veränderung, Umkehr?
Die Warnung des Jakobusbriefes vor der Reichtumsfalle ist drastisch geschildert, um auf die Gefahr aufmerksam zu machen, die damit verbunden ist. Zugleich ist sie die Frage an jeden einzelnen Christen, wie sich Glaube und Leben bei ihm verhalten: Kann ich das Wort Gottes zu Herzen nehmen oder mäste ich mein Herz mit allem möglichen, dass es voll ist und taub?

Fürbitten
Gott ist der Gott des Lebens und der Gerechtigkeit. Zu ihm rufen wir:

- Für alle Christen: Um die Kraft des Heiligen Geistes, ihren Glauben im Alltag umzusetzen.
- Für die Reichen und Wohlhabenden: Um Bewahrung vor Gier und Egoismus.
- Für die Armen und Ausgebeuteten bei uns und in vielen Ländern: Um Linderung ihrer Not und um Gerechtigkeit.
- Für alle, die ihr Leben einsetzen für andere und teilen, was sie haben: Um deinen Segen für sie.

Herr, unser Gott, du willst, dass wir dein Wort anhören und es uns zu Herzen nehmen, damit durch unser Zeugnis die Welt glaubt, dass du der Gott der Liebe und der Barmherzigkeit, der Gerechtigkeit und der Menschenfreundlichkeit bist. Dir sei Lob und Preis durch Christus unseren Herrn. Amen.

Hans-Michael Schneider

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