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Die Inhalte
der Zeitschrift
»Dienst am Wort«
Herausgeber
Leseprobe 1
Vierter Sonntag der Osterzeit
Lesejahr B
Einführung
Auch heute können wir mit dem Bild des guten Hirten noch vertraut sein.
Es gibt noch Schäfer, die mit ihren Herden übers Land ziehen. Doch lassen wir uns von diesem romantischen Bild nicht täuschen.
Hirte sein, also Leitung und Führung und Fürsorge wahrnehmen, ist eine höchst anspruchsvolle Aufgabe, vor allem Beziehungsarbeit. Jesus war darin Meister. Er kann uns Impulse geben, wie wir an unserem Platz Hirte und Hirtin sein können.

Kyrie-Ruf
GL 475 »Herr, erbarme dich«

Tagesgebet
Ewiger Gott,
dein Sohn ist uns als der Gute Hirte vorausgegangen bis ins ewige Leben. Sein Beispiel lehre uns, aus dem Vertrauen zu dir, unserem Vater, zu leben. Seine Botschaft sammle Menschen zu einem Volk, das zu dir gehört. Darum bitten wir durch Christus, unsern Herrn.

Liedvorschläge
Gesang zur Eröf fnung
GL 226 »Nun freut euch hier und überall«
Antwortgesang mit Halleluja-Ruf
GL 718/1 »Der Herr ist mein Hirt« mit 718/2 (Psalm 23) und GL 531/2
»Halleluja«
Gesang zur Gabenbereitung
GL 640 »Gott ruft sein Volk zusammen«
Gesang zur Kommunion
GL 538,3–5 »Du, unser Osterlamm«
Dankhymnus/Schlusslied
GL 297,1–3.6 »Gott liebt diese Welt«

Fürbitten
Herr Jesus Christus, du bist der Hirte deines Volkes. Wir rufen zu dir:

– Für alle Menschen, die nicht genügend Nahrung finden für ihre Seele. Du guter Hirte, führe sie zu Wassern des Lebens.
– Für alle Menschen die sich in ihrer Lebensorientierung verirrt haben. Du guter Hirte, befreie sie aus dem Gestrüpp ihrer Sackgassen.
– Für alle Menschen, die nicht mehr zuhören können. Du guter Hirte, lass sie deine Stimme hören.
– Für alle Menschen, die sich gegängelt fühlen auch in der Kirche. Du guter Hirte, führe sie in deine Freiheit.

Denn du bist unser Wegbegleiter auf der Pilgerschaft des Lebens. Dir sei Lob und Dank in Ewigkeit. Amen.

Hirte als kompetenter und mitfühlender Leitungsdienst

Vorüberlegungen

Zum Text: Joh 10,11–18 (Evangelium)

Das Evangelium skizziert zwei verschiedene Typen von Hirten. Der eine, der Verantwortung wahrnimmt, sich einsetzt und sogar sein Leben riskiert. Der andere, der auf die Bezahlung schaut, keine Beziehung aufbaut und sich vor der Verantwortung drückt.
In der heutigen Krisensituation lassen sich beide Typen beobachten. Verantwortungsträger, die bis zum Umfallen nach Lösungen suchen und sich für Belegschaften einsetzen. Auf der anderen Seite Verantwortungslose, die am schnellen Geld interessiert sind und auf Kosten anderer sich bereichern.
Von vielen Seiten wird heute wieder Verantwortung eingefordert. Demut und Hingabebereitschaft dürfen wieder ausgesprochen werden.
Ich möchte in meiner Predigt hinweisen auf die verantwortliche Seite des Hirten jenseits der Idylle und Schäferromantik. Davon befreit lässt sich schlüssig ein beziehungsstarkes Bild entwickeln, das am Beispiel Jesu sich orientiert.

Predigt

Hirte sein – kein Zuckerschlecken!

Was für ein schönes Bild! Ein Schäfer auf der Schwäbischen Alb im Sommer inmitten der Wacholderweiden, umgeben von treuen Hunden. Gestützt auf seinen Stab ruhig vor sich hin sinnierend. Welche Idylle!
Lassen wir uns nicht täuschen: Die Wirklichkeit und der ganze Alltag eines Hirten sind weniger geprägt von Romantik. Das ist harte Arbeit.
Kein Acht-Stunden-Tag! Mehrere Hundert Tiere dauernd im Auge behalten. Die Wege und Weidegründe kennen. Die Muttertiere und Lämmer hegen und pflegen. Verletzte behandeln.

Kurz: Ein Beruf, den man ganz ausfüllen muss und der sich nicht mit Feierabend um Fünf machen lässt.
Es gehört volles Engagement und überdurchschnittliche Präsenz zu diesem Beruf. Hirt und Herde sind aufeinander angewiesen. Ich kann mir kaum vorstellen, dass diese Aufgabe jemand machen kann, der sich nicht auf die Tiere, auf dauernde Gemeinschaft und langes Miteinander-Unterwegssein einlässt.

Beziehung leben

Der Abschnitt aus dem Johannesevangelium verschweigt nicht diesen anspruchsvollen Dienst. Da ist die Rede von »ich gebe mein Leben« und»ich kenne die Meinen« und »sie werden auf meine Stimme hören« – alles Aussagen, die darauf hindeuten, welch intensive Beziehung notwendig ist, um eine Herde zu führen. Wenn das schon mit den Tieren so ist, wie viel mehr dann noch mit den Menschen.
Alle Berufe, die sich intensiv um Menschen kümmern, kommen nicht umhin, eine Beziehung aufzubauen. Lehrer, die nur Stoff darbieten, schätzen wir nicht. Ärzte, die nur mit Apparaten hantieren und Pillen verschreiben, lieben wir nicht. Pfarrer, die nur amtlich und unpersönlich handeln, werden kaum Zulauf haben. Ohne Kontakt, ohne Gespräch, ohne »Communio« geht es nicht.
Beziehung aufzubauen heißt jedoch nicht, sich davon ganz abhängig zu machen. Kompetenz und Erfahrung, Sachwissen und Lebenswissen gehören dazu. Auch ein Hirte hat vorauszugehen. Er weiß um die guten Weiden und um die Wege, die dorthin führen. Und er hat am eigenen Leib und im eigenen Leib Erfahrung gesammelt im Unterwegssein.
Letztlich aber geht es um Gott selbst als dem Hirten seines Volkes. Er ist Beziehung. Er hat sich geäußert als Schöpfer der Welt und des Menschen.
Es ist ihm nicht egal, was mit der Erde geschieht. Im ersten Bund in der Geschichte des Volkes Israels und im endgültigen Bund in Jesus Christus bindet er sich unwiderruflich an uns.

Verantwortung wahrnehmen

Ein Hirte hat auch Verantwortung für seine Herde. Ihm wurden viele Tiere anvertraut, oft auch von ganz unterschiedlichen Herkünften. Er muss sich mit ihnen vertraut machen, damit »sie auf meine Stimme hören«.
Sie werden nur dann hören und ge-»horchen«, wenn sie mich kennen und mit mir gute Erfahrungen gemacht haben. Nachhaltiges Wachstum kann nur geschehen in einem längeren Miteinander. Ich leide als Seelsorger manchmal darunter, dass in Zeiten der großen Seelsorgeeinheiten oft nur punktuelle Kontakte möglich sind, die zwar für den Moment befriedigend sein können, aber auf Dauer nicht nachhaltig sind. Gemeindebildung wird dadurch geschwächt. Kein Wunder, dass gemeinsames Unterwegssein immer mehr Anhänger findet.
Pilgern ist wieder in. Da kann ich als Glaubender und Suchender Erfahrungen machen mit mir selbst und durch Begegnung mit andern. Die kann ich mir gar nicht immer aussuchen. Oft begegnen sie mir überraschend oder befremdend. Sich Zeit zu nehmen, miteinander zu sprechen, miteinander zu essen und miteinander ein Stück des Weges zu gehen, sind die Grundelemente von Beziehung.
Beziehung darf nicht missverstanden werden als Wohlfühl-Club oder Vetterleswirtschaft von Pfarrers Gnaden. Die Diözesansynode Rottenburg-Stuttgart von 1985 warnt vor einer Gemeinde, die ein Ofen ist, der nur sich selbst wärmt.
Beziehung ist im Sinne des Zweiten Vatikanischen Konzils in der Erklärung »Gaudium et spes« ein Kennen und Mitleben der »Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute, besonders der Armen und Bedrängten«. Es gibt also nichts wahrhaft Menschliches, das nicht in ihrem Herzen Widerhall fände.

Sich Geben ist seliger als Nehmen

Mit dem Wort Hingabe ist schon mancher Missbrauch getrieben worden. Im kirchlichen Dienst wurden oft Menschen überbeansprucht und sollten immer verfügbar sein. Aber auch Hingabe hat sich zu orientieren am Hauptgebot, Gott und den Nächsten zu lieben wie sich selbst. Hingabe meint eigentlich »sich selbst geben«. Für andere als Person sichtbar und spürbar zu sein. Möglichst echt und mit Herzblut dabei zu sein, ohne fanatisch zu wirken. Menschen müssen spüren, dass es mir nicht nur um die Sache geht, sondern um den Menschen, der damit verbunden ist. Gerade in der Kirche geht es vor allem um eine Person. Die »Sache Jesu« ist unlösbar mit seiner Person und seiner Botschaft verbunden. Das »personale Angebot« ist wichtiger als das Sachangebot.
Was helfen uns die gut ausgestatteten Gemeindehäuser, wenn darin nicht Leben und Vielfalt sich ereignet. Was helfen uns die größten Orgeln und wunderbaren Orchestermessen, wenn sie von der Gemeinde nicht mitgetragen werden in aktiver Mitfeier! Was helfen uns hochgebildete Theologinnen und Theologen, wenn der Kontakt zu den Gemeindemitgliedern nicht gelingt!
Das Bild des guten Hirten macht deutlich, dass es ohne ein Sich-Hineingeben in die Situation nicht geht.
Sein Auftrag umfasst Leiten und Führen genauso wie Beschützen und Hegen. Verweilen und Aufbrechen genauso wie Sammeln und Begrenzen.
Unterwegssein genauso wie Ruhen.
Kurz: Leben ermöglichen durch kompetente und mitfühlende Leitung.
Diese göttliche Art brauchen wir heute dringender denn je, sowohl in der Kirche als auch in Schulen und Betrieben. Die Krise der gegenwärtigen Zeit kann uns neu auf diese Wurzeln menschlichen Miteinanders verweisen. Ich wünsche mir gute Hirten und Hirtinnen auf allen Weiden unseres Lebens.

Karl Kaufmann

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