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der Zeitschrift
»Dienst am Wort«
Herausgeber
Leseprobe 3
Karfreitag
Lesejahr A – B – C
Gebet zur Eröffnung
Unbegreiflicher und gewaltiger Gott.
Wir verstummen im Angesicht
des Leidens und des Todes.
Wir empfinden das Kreuz
als unerträglichen Skandal.
Lehre uns, das Kreuz auszuhalten
und unter dem Kreuz deine Liebe zu ermessen.
Gewähre uns die Kraft deiner Gegenwart.
Führe uns dem Ostermorgen entgegen,
an dem sich das Leben stärker erweist als der Tod.
Darum bitten wir dich durch Jesus Christus,
den gekreuzigten, den auferstandenen Herrn. Amen.

Liedvorschläge zur Passion
Nach Joh 18,11
GL 552,1–3 »Alles Leben ist dunkel«
Nach Joh 18,27
GL 549,1–3 »O Herz des Königs aller Welt«
Nach Joh 19,16a
GL 180,1–2.4 »Herzliebster Jesu«
Nach Joh 19,30
GL 553,1–3 »Du König auf dem Kreuzesthron«

Unter dem Kreuz stehen

Vorüberlegungen
Zum Text: Joh 18,1–19,42; hier besonders 19,24–28a (Passion)

In der umfangreichen johanneischen Passionserzählung lassen sich viele Ansatzpunkte für eine Predigt finden. Ich habe mich für die kleine Passage der Menschen unter dem Kreuz entschieden, weil ich mich selbst und die Gemeinde, für die ich predige, an dieser Stelle sehe.
Der kleine Abschnitt gibt mir eine doppelte Antwort darauf, warum wir Christen das Kreuz als zentrales Zeichen unseres Glaubens verehren: Wir müssen das Kreuz Jesu aushalten, weil Gott das Kreuz als Weg unserer Erlösung gewählt hat. Im Stehen zum Kreuz Jesu und zum Kreuz der Menschen entsteht das, was anthropologische Voraussetzung christlichen Glaubens ist: gemeinsames Fragen, das gemeinsame Aushalten menschlicher Hilflosigkeit, das Wachsen von Sensibilität für das Leid der Menschen. Im Stehen unter dem Kreuz wird von Christus selbst Anfang und Auftrag der Gemeinde gesetzt: die Botschaft des erhöhten Christus zu bezeugen als Verheißung der von ihm verkündeten Lebensfülle.
Die Exegese beruht auf den Kommentaren von Rudolf Schnackenburg (Herders Theologischer Kommentar zum NT) und Felix Porsch (Stuttgarter Kleiner Kommentar).

Predigt

Unter dem Kreuz zu stehen …

… ist weder schön noch erbaulich. Die Wirklichkeit einer Kreuzigung ist so grausam, dass man lieber weitergeht, anstatt stehen zu bleiben, dass man lieber wegschaut, als zuzusehen. Unter dem Kreuz zu stehen, ist auch für uns heute weder schön noch erbaulich, weil auch die Darstellungen der historischen Szene manchmal nur schwer auszuhalten sind. Aber heute müssen wir stehen bleiben unter dem Kreuz, um wahrzunehmen, was am Kreuz geschieht, und noch mehr zu begreifen, was unter dem Kreuz geschieht, vielleicht auch mit uns.

Zwei Gruppen …

… von Menschen sind beim Kreuz: die vier Soldaten, die ihr Recht auf die Kleider des Gehängten praktisch umsetzen. Und die vier Frauen. Sie sind im wörtlichen Sinne Nahestehende Jesu – seine Mutter Maria; ihre Schwester; Maria, die Frau des Klopas und Maria von Magdala. Und ganz unvermittelt tritt der Jünger, den Jesus liebte in Erscheinung.
Die Soldaten nehmen sich ihren Teil und gehen dabei erstaunlich gerecht und klug vor. Die Gewänder werden durch vier geteilt und der nahtlose Leibrock wird verlost. Die Soldaten nehmen sich ihren Teil, mehr ist von dem am Kreuz nicht zu haben!
Von den anderen vier wird zunächst nur gesagt: Sie stehen. Stehen zu bleiben, wenn man nichts oder nichts mehr machen kann, ist viel. Die Erfahrung der Hilflosigkeit in sich selbst auszuhalten, ist nicht leicht! Einem Leidenden und Sterbenden die Treue zu halten, ist ein hoher Anspruch. Viele Menschen können ihn nicht einlösen und finden einen gewichtigen Grund wegzugehen! Unter dem Kreuz entsteht Gemeinschaft, die Erfahrung dageblieben zu sein, das ganze Elend ausgehalten zu haben, dem leidenden und sterbenden Menschen nicht ausgewichen zu sein, stiftet Verbindung. Man braucht bei einer solchen Erfahrung nicht miteinander zu sprechen oder sich auszutauschen. Der prägende Eindruck, der von jedem Sterbenden ausgeht, verbindet und hält zusammen.

Maria, seine Mutter, und der Jünger, den er liebt, …

… werden unvermittelt von Jesus angesprochen: Frau, siehe, dein Sohn! Und zum Jünger, den er liebt: Siehe, deine Mutter! Zwei von denen, die unter dem Kreuz stehen, werden einander gegeben. Sie sind und werden miteinander die erste kleine Gemeinschaft von Kirche, aus denen das ganze gläubige Volk gewachsen ist und wächst bis zum heutigen Tag. Maria tritt im Johannesevangelium nur einmal, ganz am Anfang in Erscheinung, nämlich bei der Hochzeit zu Kana. Da entdeckt sie die peinliche Lage der Brautleute, denen der Wein ausgegangen ist, und wendet sich an Jesus. Damals erhielt sie eine schroffe Abfuhr mit derselben Anrede: Was willst du von mir, Frau? Meine Stunde ist noch nicht gekommen! Aber jetzt ist eine andere Stunde, die Stunde der Vollendung des Auftrages Jesu und die Stunde, in der er seinen Auftrag weitergibt. Maria ist im Johannesevangelium die Bittende, die zwar die Not der Menschen erfasst, aber nicht den Auftrag ihres Sohnes. Jetzt unterm Kreuz erfüllt sich die Stunde, darum wird sie dem Jünger anvertraut, den Jesus liebt.
Dieser Jünger, der nicht mit Namen benannt wird, ist der Vertraute Jesu, dem er beim Abendmahl sein Innerstes erschließt (Joh 13,23); er ist der Glaubende (Joh 20,8), der am leeren Grab das Geheimnis der Auferstehung begreift; er ist schließlich der gläubig Erkennende (Joh 21,7), der am Ufer des Sees den geheimnisvollen Fremden erkennt. Maria, die im Johannesevangelium als Bittende, nicht eigentlich als Glaubende auftritt, wird von Christus selbst dem treuen Zeugen, der um sein innerstes Geheimnis weiß, anvertraut. So entsteht die Gemeinschaft der Christus-Gläubigen.

Von jener Stunde an …

… nimmt der Jünger die Mutter Jesu zu sich. Jetzt, im Augenblick der Erhöhung und im Augenblick der Vollendung ist die richtige Stunde gekommen, die Stunde, in der Jesus sein Werk den Menschen unter dem Kreuz anvertraut. Jesu irdische Aufgabe ist vollendet. Sie bestand darin, uns die Lebensfülle Gottes zu erschließen. Jetzt sind wir an der Reihe, von dieser Lebensfülle Zeugnis zu geben. Der Anfang dieser Fülle kann oft nur darin liegen, stehen zu bleiben, nicht wegzugehen, nicht wegzuschauen, wenn die Macht des Todes stärker scheint als das Leben. Darum bleiben wir Christen unter dem Kreuz stehen.

Kreuzverehrung

Hinweis

Die Erhebung und Verehrung des Kreuzes ist zentraler Bestandteil der liturgischen Feier des Karfreitags. Der Ruf zur Erhebung des Kreuzes Seht das Holz des Kreuzes, an dem der Herr gehangen, das Heil der Welt und der Antwort der Gemeinde Kommt, lasset uns anbeten (GL 204,1 oder 2) ist in den Gemeinden üblich. Die zur Verehrung des Kreuzes vorgesehenen Improperien werden häufig durch ein passendes Lied, durch eine Zeichenhandlung (Steine, Nägel, Blumen … zum Kreuz bringen) ersetzt. Darum ein Gestaltungsvorschlag für die Kreuzverehrung der Gemeinde mit den Improperien. Das unter GL 206 vorgeschlagene Lied ist eine einfache und gelungene Textgestalt, der leider die immer wiederkehrende, bohrende Frage fehlt. Die hier abgedruckte Textgestalt entspricht dem Messbuch. Der Ruf Heiliger Gott, heiliger starker Gott, heiliger unsterblicher Gott, erbarme dich unser soll in der Weise der Ostkirche Agios o theos. Agios ischiros. Agios athanatos. Eleison imas gesungen werden. (Erdentöne Himmelsklang 294). Selbstverständlich wäre es möglich, nur den ersten oder zweiten Teil der Improperien vorzutragen.

Einführung

Sprecher/in: Wir Menschen schreien nach Gott. Wir Menschen klagen unser Leid vor Gott. Und manchmal erheben wir Anklage gegen Gott: Warum hilfst du nicht? Warum lässt du das zu? Warum tust du uns das an?
Der Karfreitag dreht unser Schreien, unser Klagen und Anklagen um: Gott schreit nach uns Menschen. Gott fragt uns, warum wir ihn verlassen haben. Gott klagt uns an, warum wir ihn missachten und ihm Schmerzen zufügen.
Gott klagt gegen sein Volk. Er stellt seine Heilstaten den Untaten der Menschen gegenüber. Und er fordert unsere Antwort.
Im Wort (im Gesang) der Improperien erinnert Gott an seine Heilstaten und fordert Antwort mit der Frage: Mein Volk, was habe ich dir getan? Antworte mir! Die Frage Gottes gegenüber seinem Volk Israel kehrt wieder in der Frage des Christus gegenüber seiner Gemeinde. Gott klagt nicht für sich selbst. In seinen Klagen und Fragen kommen die Opfer zur Sprache, die Opfer menschlicher Schuld und Gleichgültigkeit. Wir können auf die Anklage Gottes nur antworten mit dem flehentlichen Ruf nach seinem Erbarmen. Die Erinnerung an die Heilstaten Gottes und die bohrende Frage nach dem Warum werden von zwei Sprechern vorgetragen, den Ruf um sein Erbarmen singen wir gemeinsam in der Weise der Ostkirche.

Improperien I

1. Sprecher/in: Mein Volk, was habe ich dir getan, womit nur habe ich dich betrübt? Antworte mir.
2. Sprecherin: Aus der Knechtschaft Ägyptens habe ich dich herausgeführt. Du aber bereitest das Kreuz deinem Erlöser.
Gemeinde: Agios o theos. Agios ischiros. Agios athanatos. Eleison imas. (EH 294)

1. Sprecher/in: Mein Volk, …
2. Sprecher/in: Vierzig Jahre habe ich dich geleitet durch die Wüste. Ich habe dich mit Manna gespeist und dich hineingeführt in das Land der Verheißung. Du aber bereitest das Kreuz deinem Erlöser.
Gemeinde: Agios o theos. Agios ischiros. Agios athanatos. Eleison imas. (EH 294)

1. Sprecher/in: Mein Volk, …
2. Sprecher/in: Was hätte ich dir mehr tun sollen und tat es nicht? Als meinen erlesenen Weinstock pflanzte ich dich, du aber brachtest mir bittere Trauben, du hast mich in meinem Durst mit Essig getränkt und mit der Lanze deinem Erlöser die Seite durchstoßen.
Gemeinde: Agios o theos. Agios ischiros. Agios athanatos. Eleison imas. (EH 294)

Improperien II

2. Sprecher/in: Deinetwegen habe ich Ägypten geschlagen und seine Erstgeburt, du aber hast mich geschlagen und dem Tod überliefert.
1. Sprecher/in: Mein Volk, …
Gemeinde: Agios o theos. Agios ischiros. Agios athanatos. Eleison imas. (EH 294)

2. Sprecher/in: Ich habe dich aus Ägypten herausgeführt und den Pharao versinken lassen im Roten Meer, du aber hast mich den Hohenpriestern überliefert.
1. Sprecher/in: Mein Volk, …
Gemeinde: Agios o theos. Agios ischiros. Agios athanatos. Eleison imas. (EH 294)

2. Sprecher/in: Ich habe vor dir einen Weg durch das Meer gebahnt, du aber hast mit der Lanze meine Seite geöffnet.
1. Sprecher/in: Mein Volk, …
Gemeinde: Agios o theos. Agios ischiros. Agios athanatos. Eleison imas. (EH 294)

2. Sprecher/in: In einer Wolkensäule bin ich dir vorangezogen, du aber hast mich vor den Richterstuhl des Pilatus geführt.
1. Sprecher/in: Mein Volk, …
Gemeinde: Agios o theos. Agios ischiros. Agios athanatos. Eleison imas. (EH 294)

2. Sprecher/in: Ich habe dich in der Wüste mit Manna gespeist, du aber hast mich ins Gesicht geschlagen und gegeißelt.
1. Sprecher/in: Mein Volk, …
Gemeinde: Agios o theos. Agios ischiros. Agios athanatos. Eleison imas. (EH 294)

2. Sprecher/in: Ich habe dir Wasser aus dem Felsen zu trinken gegeben und dich gerettet, du aber hast mich getränkt mit Galle und Essig.
1. Sprecher/in: Mein Volk, …
Gemeinde: Agios o theos. Agios ischiros. Agios athanatos. Eleison imas. (EH 294)

2. Sprecher/in: Deinetwegen habe ich die Könige Kanaans geschlagen, du aber schlugst mir mit einem Rohr auf mein Haupt.
1. Sprecher/in: Mein Volk, …
Gemeinde: Agios o theos. Agios ischiros. Agios athanatos. Eleison imas. (EH 294)

2. Sprecher/in: Ich habe dir ein Königszepter in die Hand gegeben, du aber hast mich gekrönt mit einer Krone von Dornen.
1. Sprecher/in: Mein Volk, …
Gemeinde: Agios o theos. Agios ischiros. Agios athanatos. Eleison imas. (EH 294)

2. Sprecher/in: Ich habe dich erhöht und ausgestattet mit großer Kraft, du aber erhöhtest mich am Holz des Kreuzes.
1. Sprecher/in: Mein Volk, …
Gemeinde: Agios o theos. Agios ischiros. Agios athanatos. Eleison imas. (EH 294)

Kreuzeshymnus: GL 182 »O du hochheilig Kreuze«

Anton Seeberger

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