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Die Inhalte
der Zeitschrift
»Dienst am Wort«
Herausgeber
Leseprobe 1
Erster Fastensonntag
Lesejahr B
Einführung
Vierzig Tage lang blieb Jesus in der Wüste. Der Geist hatte ihn dorthin geführt. Und der Satan, so erzählt unser Evangelium heute, der Widersacher des Gesalbten Gottes, führte Jesus in Versuchung. Mit allen Verführungskünsten rückt die Versuchung Jesus unter die Haut: Er widersteht. Ausgerichtet auf Gott werden die Versuchungen, die menschlichen Schwachstellen Einfallstellen Gottes.
Vierzig Tage Fastenzeit: unsere Chance, in unseren Wüsten, in unseren Versuchbarkeiten und Versuchungen Gott zu begegnen!

Kyrie-Ruf
Herr Jesus Christus, wir verlassen uns zu gern auf unsere eigene Kraft, suchen unsere Verwirklichung gottlos.
Herr, erbarme dich.
Wir stellen Gott nicht selten auf die Probe; Gott soll unseren Vorstellungen entsprechen.
Christus, erbarme dich.
Macht und Reichtum ziehen uns in ihren Bann und lassen uns nicht los; ihnen zu dienen scheint mehr zu versprechen als Gottes- und Nächstendienst.
Herr, erbarme dich.
oder:
GL 7/5 und Kyrie-Rufe

Tagesgebet
Schenke uns, allmächtiger Gott,
dass wir durch die jährliche Übung
der heilvollen vierzig Tage österlicher Bußzeit
in der Erkenntnis Christi voranschreiten
und ihr durch einen würdigen Lebenswandel begeistert folgen.
Darum bitten wir durch ihn,
der in der Einheit des Heiligen Geistes
mit dir lebt und herrscht in alle Ewigkeit.
(vgl. lateinische Oration am Ersten Fastensonntag)

Herr Jesus Christus,
du hast vierzig Tage in der Wüste gebetet und gefastet
und der Versuchung widerstanden.
Wir bitten dich:
Steh uns bei, wenn wir schwach sind,
und sende uns deinen Geist,
damit wir erkennen und überwinden,
was uns von dir trennt,
der du mit dem Vater
in der Gemeinschaft des Heiligen Geistes
bei uns bist alle Tage und in Ewigkeit.

(Tagesgebet 1. Sonntag der österlichen Bußzeit. In: Die Feier der Eucharistie im Katholischen Bistum der Alt-Katholiken in Deutschland. München 1995, 26).

Liedvorschläge
Gesang zur Eröffnung
GL 293 »Auf dich allein ich baue«
Antwortgesang und Ruf vor dem Evangelium
GL 233/7 »Der Herr hat uns befreit« mit Psalm 25,4–9
(gesprochen) oder
GL 462,1–2 »Zu dir, o Gott, erheben wir« und
GL 173/1 »Lob sei dir, Herr«
Gesang zur Gabenbereitung
GL 164,4–6 »Herr, nimm von mir nicht deinen Geist«
Gesang zur Kommunion
GL 167 »O höre, Herr, erhöre mich«
Dankhymnus/Schlusslied
GL 634 »Dank sei dir, Vater«

Fürbitten
Vierzig Tage lang blieb Jesus in der Wüste und wurde in Versuchung geführt. In vierzig Tagen Fastenzeit rufen wir ihn an um Beistand und Hilfe des Gottes Geistes auch in unseren Versuchungen und Nöten:

– Steh uns Menschen bei, wenn wir an unserer Versuchbarkeit leiden. Wir rufen dich an:
(Herr, erbarme dich.)
– Hilf uns zur Umkehr und richte uns Menschen auf, wenn Schuld uns niederdrückt. Wir rufen dich an:
– Bring dich in Erinnerung, wenn Menschen mit dir nicht mehr rechnen und anderes näher und verheißungsvoller erscheint. Wir rufen dich an:
– Schenke glaubwürdig Kündende und Glauben, wo Menschen deine frohe Botschaft nicht mehr vernehmen. Wir rufen dich an:
– Den Trauernden gib Hoffnung, den Irrenden einen Weg, nimm an der Hand, die im Weglosen irren, sich selbst suchen und dich. Wir rufen dich an:
– Öffne dein Reich allen Verstorbenen, die auf die Erfüllung ihrer Zeit gehofft haben. Wir rufen dich an:

Gott, unser Vater, bei dir ist Rettung und Leben. Wir loben und preisen dich jetzt und in Ewigkeit. Amen.

Den Versuchungen standhalten – der Sendung treu bleiben

Vorüberlegungen
Zum Text: Mk 1,12–15 (Evangelium)

Die in der markinischen Überlieferung kleine Szene der Versuchung Jesu steht in unmittelbarem Zusammenhang mit der fast ebenso knappen direkt vorhergehenden Szene von der Taufe Jesu (Mk 1,9–11). Es ist derselbe Geist, der bei der Taufe auf Jesus herabkommt und ihn nun in die Wüste hinaustreibt (Mk 1,12).
Das Motiv des hinaus in die Wüste Treibens charakterisiert den Wüstenaufenthalt Jesu als Zeit der Vorbereitung und Zurüstung für seine prophetisch messianische Sendung. Die göttliche Ansage: »Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Gefallen gefunden« (Mk 1,11) muss sich konkretisieren und bewähren, soll sie als Wirklichkeit an Jesus, dem Christus, in der Welt offenbar werden. Vierzig Tage und Nächte dauert die Sintflut (Gen 7,4.12.17; 8,6); vierzig Tage und Nächte verbringt Mose auf dem Berg Sinai (Ex 24,18); vierzig Tage und Nächte wandert Elija zum Gottesberg Horeb (1 Kön 19,8); vierzig Jahre zieht Israel durch die Wüste (Ex 16,35): »Jedesmal geht es um die entscheidende Begegnung mit Gott, auch für Jesus. Es ist die Zeit des Sich-Findens vor Gott, d.h.: eine Zeit, in der Jesus sich von Gott für seine Sendung finden lässt.« Freilich, die Begegnung mit Gott hat auch immer die Kehrseite der Versuchung: Gott oder nicht Gott? Gott oder der Widersacher? Gott oder all das andere Lockende, Anziehende, Nähere, unmittelbar Verheißungsvollere? Der Grundversuchung des Menschen ist offenbar auch Jesus ausgesetzt: Die »Sendung ins Gegenteil zu kehren und ihn ›Menschengedanken‹ statt den ›Gedanken Gottes‹ folgen zu lassen, das wäre die Chance Satans«.
Dass er Gott treu bleibt, dass er Gottes Sendung treu bleibt, lässt ihn nicht nur das Evangelium Gottes ansagen, es macht ihn selbst zur Frohbotschaft, deren Urheber und Ursprung Gott selbst ist. Der Messias übt seine Sendung aus als der neue Adam, der durch seinen Gehorsam bis zum Kreuz den Weg zur Nachfolge aufzeigt, eröffnet und begehbar macht, auf den er seine Jünger und Jüngerinnen rufen will, in die Existenz des neuen Menschen, der Erlösten Gottes.

Predigt

»Und sogleich führte ihn der Geist in die Wüste hinaus« …

berichtet Markus (Mk 1,12). Jener Geist, der bei der Johannestaufe taubengleich auf ihn herabgekommen war (Mk 1,10–11). Eben dieser Gottesgeist treibt ihn unmittelbar nach der Offenbarung Jesu als dem geliebten Sohn Gottes hinaus in die Wüste. Er wirft ihn hinaus aus der Gottesnähe des geöffneten Himmels in die Wildnis, wo die wilden Tiere hausen. Setzt ihn, der Gottes Gefallen gefunden hat, der Ödnis aus. Bei der Taufe im Jordan hatte Gott gesprochen, jetzt – kaum ist die Stimme aus dem Himmel verhallt – wird er vom Satan versucht. Der Sohn Gottes, von Gott geliebt, der Gottnahe, wird hinausgestoßen in die unheimliche Einsamkeit der Versuchung des Gottabgewandten, des Gottfernen: »Und er war in der Wüste vierzig Tage lang, versucht vom Satan« (Mk 1,13), die ganze Zeit.

Versuchung …

kann im biblischen Zusammenhang wesentlich ein Zweifaches meinen: die Erprobung des Menschen, der in eine leidvolle Situation hineingeschickt wird, oder die Verführung zur Sünde.
Obwohl Markus die Versuchung Jesu nicht näher beschreibt, ist zu vermuten, dass sie christologisch motiviert ist, dass sie sich also auf die messianische Sendung, auf seinen messianischen Auftrag bezieht, der unmittelbar danach berichtet wird. Satan, der von Markus bevorzugte Teufelsname, ist der Widersacher des Christus (vgl. Mk 8,33; 3,23.26). Er stellt den Gesalbten Gottes auf die Probe und will ihn zur Sünde, zur Abkehr von Gott, zur Abkehr von seiner Sendung verführen.

Der Messias ist zugleich Gott und Mensch

Das vor allem bedenkt die unmittelbare Verknüpfung von Gottes-Sohn-Offenbarung und Wüstenversuchung bei Markus erzählend: wahrer Gott und wahrer Mensch und als solcher wirklicher Versuchung ausgesetzt. Der, dem die Engel dienen, lebt gemeinsam mit den Tieren. In dem einen Christus sind göttliche und menschliche Natur untrennbar verbunden, lesen Kirchenväter wie Leo der Große.
Christus, der neue Mensch, überwindet die satanische Versuchung. Mit ihm hebt die eschatologische Zeit an. Er hat den Satan in seinem irdischen Tun und Reden besiegt; und er wird ihn endgültig überwinden (vgl. 2 Thess 2,3–12; Offb 19,19–20; 20,2.10): Erhöht zur Rechten Gottes sind ihm Engel, Gewalten und Mächte untergeordnet (1 Petr 3,22): Am Beginn des öffentlichen Wirkens Jesu steht die reale, ernste Versuchung. Jesus besteht in ihr. Nun kann er seinen Auftrag machtvoll ausüben. Den starken Gegner niedergezwungen kann er die Gottesherrschaft ansagen: »Erfüllt ist die Zeit, das Reich Gottes ist nahe!« (Mk 1,15).

Markus zeigt den neuen Menschen, Jesus Christus, …

als Weg zum Christsein und zum neuen Menschsein: Der Christ muss damit rechnen, versucht und vom eingeschlagenen Weg abgebracht zu werden.
Die Üppigkeit unserer wohlständigen Lebensverhältnisse ist keine Garantie, dass nicht auch wir der Wüste ausgesetzt sein können. Unsere tägliche Stimmungs- und Seelenlage, Erfolglosigkeit und Frustration, lähmende Resignation oder sich totlaufende Überforderung, Hilflosigkeit gegenüber Krankheit und Tod im nächsten Familien- und Freundeskreis und darin existentielle Glaubensnot oder die Unsicherheit, Angst und Verwirrung angesichts einer deutlicher ungesicherten Zukunft: Das alles sind Schauplätze der Wüste. Keiner von uns kommt wohl umhin, sich in solche Ödnisse getrieben zu sehen und in deren Versuchungen.

Jesus wagt den Schritt in die Wüste

Mit unbändigem Gottvertrauen setzt er sich ihren Unwirtlichkeiten und Versuchungen aus. Und das nicht nur während der vierzig Tage. Dafür steht mächtig dunkel der Karfreitag: die Wüste des Todes, die letzte Versuchung Jesu.
Schauen wir die Konkretionen der Versuchung in den parallelen Evangelienerzählungen an: Sein ganzes Leben lang macht Jesus keine Steine zu Brot. Nein, er bleibt seiner Sendung treu, der wehrlosen Liebe Gottes. Er spielt nicht göttliche Titel und Macht aus, um sich von der menschlichen Not und Bedürftigkeit zu dispensieren. Er hält die Solidarität zu den Menschen durch. Er macht sich nicht davon ins Selbstgemachte, flieht nicht in den Status des gemachten Mannes: nicht mit einem göttlichen Fingerschnippen die harten, mühseligen Steine zu Brot! Er geht den Weg zu den Menschen und mit den Menschen zu Ende: ganz Gott zugewandt, ganz hörend auf Gottes Wort, ganz gehorsam.
Jesus stürzt sich auch nicht von der Tempelzinne. Er widersteht der Versuchung, die Tragfähigkeit Gottes zu erproben und Gott festzulegen. Jesus weiß sich von Gott getragen in Vertrauen und Liebe. Das ist Glaube: Vertrauen auf den lebendigen Gott, getragen in wechselseitig treuer Liebe. Handfeste Beweise und Garantien gibt es für den Liebenden nicht.
Und Jesus widersteht auch der Versuchung aller Reiche der Welt mit ihrer Pracht. Er könnte alles für sich bekommen und dabei doch alles verlieren. Er geht den umgekehrten Weg: Er verliert alles, was er hat, gibt sein Leben, sich selbst, und gewinnt alles. Nicht vor der mächtigen Versuchung der Macht und Pracht geht er in die Knie, sondern allein vor Gott und dem Menschen. So bleibt er seiner Sendung treu bis zum Letzten: arm, weil von der Liebe zu Gott und dem Nächsten voll.
Was geschieht hier? Jesus kehrt den Weg des alten Adam um: Der Mensch will sein wie Gott. Der Sohn Gottes will gegen alle Versuchung der eigenen Herrlichkeit ganz Mensch sein und so die erlösen, die wie Gott sein wollen: uns!

Dieses Evangelium ist uns erzählt, …

damit wir den Weg Jesu verstehen und ihm nachgehen. Wir taugen als Jüngerinnen und Jünger Jesu nur, wenn wir diesen Weg Jesu von der Taufe zur Sendung nachgehen: vom alten zum neuen Adam.
Gegen alle selbstverständlichen, gegen alle wüsten- oder notgeborenen Versuchungen. »Nicht unten brauchst du zu sein, oben ist dein Platz«, das ist auch unsere Versuchung: Ansehen, Ehre, Macht. »Mach dir doch die mühseligen Steine zu Brot! Selbst ist der Mann!« Auch wir sind immer versucht, gemachte Leute zu sein: Wohlstand, Sattheit, Status. Alles eigene Leistung und Verdienst, alles das unsere, alles ganz ohne Gott. »Du kannst doch nicht ohne Garantien leben. Sichere dich ab! Lege Gott fest!« Auch diese Versuchung kitzelt uns: den sicheren Weg gehen, ich für mich, mein Geschäft tun ohne tiefere Erschütterungen meiner Existenz, meines Glaubens und meines Unglaubens.
Nein! Unser Weg ist nur der Weg Jesu, der Weg Gottes zu den Menschen, wenn wir diesen Versuchungen widerstehen und uns immer wieder dagegen aufrappeln, wenn wir in die Knie gegangen sind.
Wir sind nicht gefeit gegen die Versuchung der arroganten kalten Schulter gegenüber den Hilfsbedürftigen; wir sind nicht gefeit gegen die Versuchung, auf der Zinne des Tempels abzuheben und uns von der Not der Menschen zu dispensieren.
Die Versuchung, den Weg Jesu abzukürzen, diese Versuchung gehört zum Weg Jesu von Anfang an. Wenn Lukas seine Parallelüberlieferung unserer heutigen Versuchungserzählung offen abschließt: »Nach diesen Versuchungen ließ der Teufel für eine gewisse Zeit von ihm ab« (Lk 4,13), dann gilt dies auch für uns. Versuchungen sind lebenslänglich, weil sie an fundamentalen Sehnsüchten unseres Menschseins angreifen und sie widerspiegeln. Nur wer in der Spur Jesu sein Leben zur Verfügung stellt, nur wer durch die Versuchungen hindurch das Wort Gottes hört, nur wer von sich selbst ab- und auf Gott und die Menschen sieht, nur der wird dem teuflisch Verlockenden und immer so schnell Plausiblen nicht erliegen, nur der wird mit Jesus ein Jünger, eine Jüngerin Jesu sein.

Clemens Stroppel

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