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»Dienst am Wort«
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Leseprobe 2
Kreuzerhöhung
Lesejahr A – B – C
Kraft zum Weitergehen

Predigt
Zum Text: Num 21,4–9 (1. Lesung)

Wie viel Wüste hält man aus, um ein Ziel zu erreichen?

Für das Volk Israel ist es zu viel. Jahrelange Entbehrungen, sich aufreiben, nicht vorwärts kommen, Hunger und Durst; das Volk kann nicht mehr, es ist erschöpft. Und es murrt. Wieder einmal. Und jetzt kommen die Israeliten auch noch in eine Gegend, in der es viele Giftschlangen gibt. Warum das auch noch? Warum schickt Gott diese Plage?
Das Volk Israel ist erschöpft. Irgendwann kommt die Müdigkeit, das sich Auflehnen, der Zweifel, ob der eingeschlagene Weg der richtige ist. Und irgendwann ist jegliche Kraft verbrannt, jegliche Hoffnung vergiftet.
Erschöpfung ist der physische und psychische Zustand, wenn alle Kraftreserven verbraucht sind, wenn Hoffnung und Zuversicht ausgegangen sind. Diese Erfahrung kann man auch außerhalb der Wüste machen: im Beruf, der einem zu viel abverlangt, in einer Beziehung, die verfahren und kränkend ist, in der Pflege, die einen auslaugt, oder in einem Todesfall, der einen in das Nichts stürzt. Da stolpert man vor sich hin, sieht keinen Weg mehr, hat keinen Blick mehr für das, was einen umgibt. Und dann kommt vielleicht noch einmal ein Schlag, der einen niederbeugt.

Die Schlange

Mose gibt im Auftrag Gottes dem Volk etwas zum Aufblicken. Eine Schlange aus Kupfer hängt er an eine Fahnenstange. Und es heißt: »Wenn nun jemand von einer Schlange gebissen wurde und zu der Kupferschlange aufblickte, blieb er am Leben« (Num 21,9). Mose holt damit die Menschen aus ihrer Niedergeschlagenheit und lenkt ihren Blick weg von ihrer eigenen Befindlichkeit auf etwas, wohin sie aufblicken können. Gebeugte Körper und hängende Köpfe richten sich auf beim Aufblicken. Die Menschen gewinnen einen Orientierungspunkt, eine neue Perspektive. Im Aufblicken auf die Kupferschlange bleiben sie am Leben, mehr noch, sie kommen neu zum Leben, denn sie erhalten neuen Mut und Kraft zum Weitergehen. Gott schenkt diese Kraft.

Tod oder Leben

Für uns heute, die wir davon lesen oder hören, ist dieses Wunder seltsam und befremdlich; diese Schlangenfigur und ihre Wirkkraft muten archaisch und heidnisch an. Tatsächlich passt diese Begebenheit gut in die Gegend, in der die Israeliten unterwegs waren: In der Araba, der Senke zwischen dem heutigen Israel und Jordanien, gab es damals sowohl viele Schlangen als auch Kupferminen (Thomas Staubli, Die Bücher Levitikus, Numeri, Neuer Stuttgarter Kommentar 3, 286). Und Schlangen hatten im Alten Orient eine hohe Symbolkraft. Sie galten als gefährliche, giftige, todbringende Tiere, aber auch als heilige Tiere und als Symbol für viele Götter. Man danke nur an den Schlangenstab des griechischen Heilgottes Asklepios, der uns heute noch täglich bei Apotheken und Ärzten begegnet. Schlangen waren also gleichermaßen Symbol für Tod und für Leben.
In unserem Text findet sich die Erinnerung an ein Kultbild, das auch später noch im Jerusalemer Tempel verehrt wurde. Es findet sich auch die Erinnerung an eine im Alten Orient weit verbreitete Praxis, sich vor Bösem zu schützen mit etwas, das diesem Bösen ähnlich ist (Thomas Staubli, ebd.). Die Schlangenplage wird mit einer Schlange bekämpft. Genau das, was den Tod bringt, kann auch Leben bringen. Hier symbolisiert es aber keinen Götterkult, sondern Mose handelt in Gottes Auftrag. Gott selbst ist es, der dieses Zeichen setzt. Jeder, der zu diesem Zeichen aufblickt, wird leben. Das Aufblicken bedeutet eine Umkehr vom bisherigen Leben, eine Neuorientierung auf Gott hin, eine Ausrichtung nach seinem Willen. Und Gott schenkt die Kraft zum Weitergehen.

Das Kreuz

Die kirchliche Liturgie verknüpft diese alte Geschichte am Fest Kreuzerhöhung mit dem Kreuz Jesu Christi. Genau das, was den Tod bringt, kann auch Leben bringen. Das Kreuz brachte den Tod; durch das Kreuz hindurch wurde Leben. Ein Todessymbol wird zum Lebenszeichen. Bleibt die Aufforderung, aufzublicken zu diesem Zeichen; und die Hoffnung, dass die Ausrichtung auf den Gott Jesu Christi uns weiterhilft, wenn Erschöpfung uns die Kraft zum Weitergehen nimmt.

Fürbitten
An Gott können wir uns wenden mit unseren Sorgen. Wir blicken auf zu ihm und bitten:

– Wir beten für alle, die das Kreuz als Lebenszeichen verkünden.
(Richte uns auf, o Gott.)
– Wir beten für alle Erschöpften und Ausgebrannten, die keine Kraft mehr haben.
– Wir beten für alle, die auf ihrem Lebensweg eine Durststrecke durchmachen müssen.
– Wir beten für alle, die ein schweres Kreuz zu tragen haben.
– Wir beten für alle, deren Beziehungen vergiftet sind.
– Wir beten für alle, die ihren Mut verloren haben.

Herr, unser Gott, du bist die Kraft unseres Lebens. Wir danken dir und preisen dich, heute und in Ewigkeit. Amen.

Beate Jammer

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