Dienst am Wort – Startseite
Startseite » Archiv » Ausgabe 8/2007 » Leseprobe 1
Titelcover der archivierte Ausgabe 8/2007 – klicken Sie für eine größere Ansicht
Die Inhalte
der Zeitschrift
»Dienst am Wort«
Herausgeber
Leseprobe 1
Zweiter Adventssonntag
Lesejahr A
Geduld und Trost als Säulen der Einmütigkeit

Predigt
Zum Text: Röm 15,4–9 (2. Lesung)

Es wäre zu schön, wenn …

ja wenn endlich in unserer Gemeinde – von der ganzen Kirche will ich noch gar nicht reden – Einmütigkeit und Eintracht herrschten. Diskussionen würden freundlich, mit Wohlwollen und konstruktiv geführt werden. Die Meinung der anderen würde mit offenem Ohr und bereitem Herzen angehört werden, ohne schon vorher Gegenargumente innerlich bereitgelegt zu haben. Jeder Beschluss wäre so gefasst, dass ihn alle mittragen und sich darin wiederfinden können. Schwächen und Fehler würden einander nicht vorgehalten, Stärken nicht als persönlicher Vorteil angesehen und benutzt werden.
… es eine konfliktfreie Gemeinde gäbe
Es wäre zu schön, in solch einer Gemeinde zu leben. Fast paradiesische Zustände, ganz vorbildlich christlich, womöglich gut katholisch? Ist das unser Traum von einer Gemeinde? Ist es das, worauf wir hinarbeiten, worum wir mitunter auch streiten, wofür wir uns einsetzen? Ist eine solche Vorstellung gar die, auf deren Erfüllung wir warten und hoffen, gerade jetzt im Advent?

Paulus wäre nicht Paulus, wenn …

er es uns mit seinem Text so leicht machen würde. Eines lässt sich jedenfalls von vornherein festhalten: Ganz einträchtig und harmonisch ging es in der römischen Gemeinde nicht zu, sonst müsste er diese Worte nicht schreiben. Offensichtlich hatten auch in den ersten Gemeinden die Menschen Schwierigkeiten, einander so anzunehmen, wie sie sind. In den Kapiteln, die diesem Lesungstext vorausgehen, schreibt Paulus von den unterschiedlichen Gaben, die jeder und jede von uns empfangen hat; von unterschiedlichen Lebensweisen, von Stärken und Schwächen, die uns alle kennzeichnen und mit denen wir persönlich, aber eben auch als Gemeinde zurechtkommen müssen (vgl. Röm 15,1–2: »Wir müssen als die Starken die Schwäche derer tragen, die schwach sind, und dürfen nicht für uns selbst leben. Jeder von uns soll Rücksicht auf den Nächsten nehmen, um Gutes zu tun und (die Gemeinde) aufzubauen.«)
Doch wenn Paulus Einmütigkeit und Eintracht nennt, geht es ihm auch nicht nur um eine beseligende Harmonie, die von oben über uns ausgeschüttet wird und unter deren Mantel wir allesamt glücklich leben können.

… es ihm nicht um den Aufbau der Gemeinde ginge

Es ist zunächst ein Wunsch, den Paulus für die römische Gemeinde erbittet: »Der Gott der Geduld und des Trostes schenke euch die Einmütigkeit, die Jesus Christus entspricht …«
Geduld und Trost, der aus der Schrift kommt, sind Grundlage der Hoffnung, die uns Menschen einerseits erfüllt und an der wir festhalten können. Geduld und Trost zusammen lenken den Blick in eine andere Richtung und verhindern verurteilende Worte. Sie versuchen, die Möglichkeiten des anderen zu sehen und ihm oder ihr Zeit zu geben, sie zu entfalten.
Es ist Gott, der selbst Trost und Geduld ist und beides an uns weitergibt, weil wir dessen bedürfen. Geduld ist in unserer schnellen Zeit ein Gut, das selten geworden ist. Schnell soll alles gehen und wir merken oft gar nicht, wie ungeduldig wir geworden sind. Dabei wissen wir genau, dass manche Dinge Zeit brauchen, damit sie gut werden können und länger anhalten. Gemeindeleben verlangt Geduld, weil manches zarte Pflänzchen sorgsam gepflegt und beschützt werden muss, bis es soweit herangewachsen ist, dass es selbstständig steht und vielleicht sogar irgendwann Samen streut. Gemeindeleben verlangt auch Geduld miteinander, weil Menschen nun einmal keine Maschinen sind, die funktionieren, wenn der entsprechende Schalter betätigt wird. Gemeindeleben verlangt auch Geduld mit mir selbst, weil manche Gedanken und Ideen lange in mir ruhen, bevor sie sozusagen »dran« sind, um mit anderen besprochen und umgesetzt zu werden.
Wenn das nicht gelingt, wenn die Geduld fehlt, dann kann Trost heilsam sein. Trost, der aus Gott kommt, Trost, den uns die Schrift gibt. Wie oft erzählt sie von den Schwächen der Menschen, ihrem Versagen, ihrer Schuld, und wie sie von Gott darin liebevoll angenommen werden. Wie oft erzählt sie von unzähligen Malen und Jahren, in denen Menschen immer wieder aufbrechen, sich neu auf die Suche nach ihrem Weg machen. Wie oft erzählt sie von der tiefen Hoffnung der Menschen, ihrem Glauben an Gottes Verheißung.
Geduld und Trost können uns helfen, einander anzunehmen, wie wir sind: in unserer Verschiedenheit, mit unserer Stärke, mit unserer Schwäche. Geduld und Trost lassen uns einander von unserer Hoffnung erzählen, die in Gott ruht. Geduld und Trost können zu einer Einmütigkeit führen, die Verschiedenheit zulässt, weil sie ihren Grund und ihr Ziel in Gott findet. Gott zu ehren, zu preisen, sich zu ihm zu bekennen gehört dann zu unserem Miteinander.
Darum geht es Paulus, damit begründet er die Aufgabe, einander anzunehmen, wie auch Christus uns angenommen hat. Mit allem, was wir tun, wovon wir reden und wie wir miteinander umgehen, geben wir Zeugnis von unserem Glauben, bekennen wir uns zu unserem Gott. Vielfalt und Unterschiedlichkeit werden durch Gott und zu Gott hin zusammengeführt.
Paulus’ Worte zeigen uns, wie wichtig es für eine Gemeinde ist, sich immer wieder auf Gott zu besinnen, auf das, was er uns gibt. Er ist Anfang und Ziel jedes einzelnen, aber auch unseres gemeinsamen Lebens. In einer solchen Gemeinde zu leben und in ihr mitzuarbeiten, ist wirklich schön.

Fürbitten
Gott der Geduld und des Trostes, im Vertrauen darauf, dass du unsere Schwächen und Stärken kennst, tragen wir unsere Hoffnung vor dich:

– Sei gegenwärtig in den Gedanken und im Handeln der Verantwortlichen in Kirche und Politik, damit sie nicht glauben, alles aus eigener Kraft bewerkstelligen zu können.
(Wir bitten dich, erhöre uns.)
– Schenke den Gemeinden Geduld, dass die Menschen einander mit ihren Stärken und Schwächen annehmen können.
– Führe die Suchenden und Fragenden auf ihrem Weg, dass ihre Zweifel sich zum Bekenntnis wandeln und sie voll Freude dich preisen können.
– Tröste diejenigen, die keine Hoffnung mehr haben, und lass sie auf dein Erbarmen vertrauen.

Du, Gott, bist Ursprung und Ziel unseres Lebens. Dich wollen wir gemeinsam preisen und deinem Namen lobsingen durch Christus, unseren Herrn. Amen.

Barbara Janz-Spaeth

Zurück zur Startseite

pastoral.de


Das bewährte
BasisProgramm
auf CD-ROM


pastoral.de - BasisProgramm

oder

Die
Web-Plattform
im Browser


pastoral.de - Web-Plattform

Vergleichen Sie hier


Dienst am Wort
Telefon: +49 (0) 711 44 06-134 · Fax: +49 (0) 711 44 06-138
Senefelderstraße 12 · D-73760 Ostfildern
Kontakt | AGB | Datenschutz | Impressum