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»Dienst am Wort«
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Leseprobe 2
Zehnter Sonntag im Jahreskreis
Lesejahr C
Du bist berufen

Predigt
Zum Text: Gal 1,11–19 (2. Lesung)

Paulus erzählt einen Teil seiner Lebensgeschichte

Paulus erzählt uns einen Teil seiner Lebensgeschichte. Ehemals lebte er als gesetzestreuer Jude und verfolgte die neu entstehende christliche Kirche. Dann aber hat sich sein Leben vollkommen gewandelt. Er wurde zu einem Prediger des Evangeliums Jesu Christi unter den Heiden. Zunächst war er in Arabien tätig, später zog es ihn wieder nach Damaskus zurück. Drei Jahre nach dem Bruch mit seiner Herkunftsreligion ging er für 15 Tage nach Jerusalem. Dann ..., aber hier hört unser Lesungstext auf, in der Bibel setzt sich die Lebenserzählung des Paulus noch eine kleine Weile fort.
Paulus erzählt uns einen Teil seiner Lebensgeschichte. Er hält Rückschau und sagt damit, so war es bei mir. Das habe ich erlebt und das waren wichtige Ereignisse meines bisherigen Lebens. Paulus bleibt aber nicht dabei stehen. Gerade das entscheidende Ereignis seines Lebens bringt er in enge Verbindung mit Gott. »Als aber Gott, der mich schon im Mutterleib auserwählt und durch seine Gnade berufen hat ...« (Gal 1,15). Paulus versteht die Wende in seinem Leben als Berufung und obwohl oder gerade weil sie ein völlig unvorhersehbares Ereignis war, obwohl oder weil niemand und er selbst nicht gedacht hätten, dass es so kommen würde, glaubt er, dass Gott es so gewollt hatte, dass Gott es von Anfang an so geplant hatte.

Wir könnten unsere Lebensgeschichten erzählen

Wir könnten einander auch unsere Lebensgeschichten oder einen Teil davon mitteilen. Wir könnten von unserem Eifer erzählen, den wir für eine Sache oder eine Person eingesetzt haben. Wir haben vielleicht auch einen oder mehrere Brüche in unserer Lebensgeschichte vorzuweisen, an denen es völlig anders weiterging als geplant, Lebensbrüche, die uns aus der Bahn geworfen haben wie den Apostel Paulus vom Pferd, und die sich zu einem neuen Anfang gewendet haben. Das habe ich erlebt und so war es bei mir. Das sind meine herausragenden Ereignisse, meine Lebensbrüche und so ging es danach weiter.

Unser Lebensweg, der Lebensweg des Paulus und Gottes Mitgehen

Ich glaube, auch Sie und ich wollen dabei nicht stehen bleiben. Mit der Aufzählung der Ereignisse ist es noch nicht getan. Sie brauchen eine Symbolisierung, eine Deutung, um sie in unseren gesamten Lebenszusammenhang zu integrieren. Die biographischen Daten brauchen eine Überschrift. Paulus gibt ihnen die Überschrift: Berufen und erwählt. Gott war für ihn am Werk, Gott war der eigentlich Handelnde.
Ist das vermessen? Einen Lebensbruch als Gottes Handeln umzudeuten, fast könnte man sagen, Gott in die Schuhe zu schieben? Machen wir Gott nicht klein, wenn wir einzelne Ereignisse unseres Lebens als Berufung und Erwählung Gottes deuten?
Wenn wir unsere Lebensgeschichte erzählen, wenn wir unseren Lebensweg gehen, dann glauben wir, dass wir ihn nicht alleine gehen. Gott geht mit uns, ob es der christliche Gott für uns ist oder ob es für Paulus damals der jüdische Gott war. Gottes Mitgehen geschieht als Berufung.

Berufung zu und auf unserem je eigenen Lebensweg

Berufung heißt zunächst, dass Gott uns ruft, unseren eigenen Lebensweg zu finden und zu gehen, uns unserem Leben und seinen Wirrungen und Anforderungen zu stellen.
Berufung heißt dann auch, zu unserem eigenen Lebensweg zu stehen und die eigene Lebensgeschichte ganz zu erzählen. Paulus lässt sein vorheriges Leben auch nicht aus. Er verschweigt nicht, dass er als jüdischer Eiferer die junge Kirche Jesu Christi maßlos verfolgt hat. Er glaubte an diese Aufgabe und hat sie mit ganzem Einsatz ausgeführt. Jetzt muss er dazu stehen.
Berufung heißt aber auch, wach zu sein, wenn ein Handeln nicht mehr stimmt, wenn ein Stück Lebensweg zu Ende geht und etwas anderes ansteht. Bei Paulus war es Christus, der ihm plötzlich im Weg stand und der zu seinem neuen Weggefährten wurde.
Berufung heißt dann aber auch, den Ruf Gottes bis in die Haarwurzel dringen zu lassen und nicht nur ein »bisschen Kosmetik an der Oberfläche« zu betreiben. Paulus hat nicht einfach die Religion gewechselt und ist der Alte geblieben. Er hat sich zuallererst selbst verändert, er hat selbst den Sprung vom Zwanghaften zur Freiheit riskiert.

Du bist berufen

Wenn wir unsere Lebensgeschichte erzählen, dann können wir dieser Geschichte ein Symbol geben, das uns hilft, die einzelnen Ereignisse und gerade die größeren Lebensbrüche zu integrieren: Berufung.
Berufung heißt dann, ich bin bereit, meinen Lebensweg zu gehen und zu gestalten, beinahe unabhängig davon, welche Herausforderung mir mein Leben stellt: Du bist berufen, dieses dein Leben zu leben und kein anderes.
Berufung heißt dann auch, die Brüche und Ungereimtheiten nicht wegzureden und schönzureden, sondern dazu zu stehen und dafür Verantwortung zu übernehmen: Du bist berufen, für dein Leben die Verantwortung zu übernehmen.
Berufung heißt dann auch, wach zu sein für die Stimmigkeit des Lebensweges und zu korrigieren, wo Korrektur ansteht – aber nicht oberflächlich oder womöglich am anderen. Berufung ist immer radikal im Blick auf sich selbst. Berufung verändert uns selbst und nicht die anderen: Du bist berufen, dich selbst zu korrigieren, wenn dein Leben nicht mehr stimmig ist.
Berufung heißt auch, Gott zuzutrauen, dass er uns verändern kann. Saulus, so hieß der Eiferer für das jüdische Gesetz, konnte Paulus werden. Was steckt in jedem und jeder Einzelnen von uns, was schlummert in mir und dir, was Gott hervorlocken kann?

Fürbitten
Lebendiger Gott, dir tragen wir unsere Bitten vor:

– Du rufst alle Menschen, ihren eigenen Lebensweg zu gehen. Lass alle Menschen deinen Anruf hören.
(Wir bitten dich, erhöre uns.)
– Du bietest dich als Weggefährte an. Lass alle Menschen deine Begleitung erfahren.
– Du sagst ja zu jedem und jeder von uns. Hilf allen Menschen, ja zu sich selbst zu sagen.
– Du schenkst jedem und jeder eine eigene Berufung. Hilf allen Menschen, ihre eigene Berufung wahrzunehmen und ihr treu zu bleiben.
– Du rufst die Verstorbenen zu dir. Lass alle Sterbenden in diesem Vertrauen entschlafen.

Lebendiger Gott, höre unsere Bitten und erhöre sie. Darum bitten wir dich durch Christus, unseren Bruder und Herrn. Amen.

Christiane Bundschuh-Schramm

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